Der Plan war, im Palmachim-Nationalpark, einem 221 Hektar großen Schutzgebiet an der südlichen Mittelmeerküste Israels, einen Park anzulegen. Doch ein spektakulärer Fund am vergangenen Mittwoch machte der Nationalparkbehörde einen Strich durch die Rechnung: Als ein Baufahrzeug einen Felsen verschob, brach an einer Stelle der Boden ein und gab den Zugang zu einer Höhle frei. Wie sich später herausstellen sollte, blickten die Bauarbeiter und der herbeigerufene Experte der israelischen Altertumsbehörde (IAA), Dror Czitron, in eine unterirdische Grabanlage, die über 3.000 Jahren verschlossen gewesen war.

Der Boden der Grabhöhle war von zahllosen Grabbeigaben bedeckt.
Foto: Emil Aladjem / Israel Antiquities Authority

Indiana-Jones-Moment

Eli Yannai, ein Fachmann für die Bronzezeit bei der IAA, bestätigte nun den Indiana-Jones-Moment: Nach ersten Untersuchungen sei das Grab seit der Zeit von Ramses II. vor 3.300 Jahren tatsächlich unberührt geblieben. Man habe keinerlei Anzeichen für Grabräuberei gefunden – das galt zumindest bis zum Moment seiner Entdeckung. Danach jedoch dürfte sich jemand in der Grabkammer zu schaffen gemacht haben, wie Yannai erklärte.

Man vermute, dass auch etwas gestohlen wurde, Ermittlungen seien im Gange. Insgesamt scheint der Inhalt der Kammer jedoch weitgehend komplett und in einem fantastischen Zustand zu sein, erklärte die IAA und fasste zusammen, was die Archäologinnen und Archäologen in den vergangenen Tagen herausgefunden haben.

"Es war, als wäre man auf den Set eines Indiana-Jones-Films geraten", meinte IAA-Experte Eli Yannai. Um die Ecke lauern freilich auch Gedanken an Filme wie "Fluch der Mumie".
Foto: Emil Aladjem / Israel Antiquities Authority

Würfelförmige Höhle

In der Form entspricht die grob in den Fels gehauene Grabhöhle der eines Würfels, eine Säule in der Mitte trägt das Gewicht der Decke. Neben den menschlichen Gebeinen standen auf dem Boden zahlreiche Ton- und Bronzebehälter, Kochgefäße und Öllampen sowie Amphoren und Schalen verschiedener Arten und Formen. Viele dieser Gegenstände erwiesen sich als Importware aus Tyrus, Sidon und anderen Hafenstädten im Libanon.

Außerdem entdeckten die Archäologinnen und Archäologen winzige Behälter, die kleine Mengen kostbarer importierter Räuchersubstanzen enthielten. Waffen dienten ebenfalls als Grabbeigaben: Die Fachleute fanden mehrere Pfeilspitzen und Speerspitzen aus Bronze. "Das ist ein einzigartiger Fund", sagt Yannai. "Eine Höhle mit Gefäßen, die seit 3.300 Jahren nicht mehr berührt worden waren. Die Höhle bietet ein hervorragendes und komplettes Beispiel für die Bestattungstraditionen in der Spätbronzezeit."

Die über 3.000 Jahre alten Amphoren und Tonbehälter waren in einem hervorragenden Zustand.
Foto: Emil Aladjem / Israel Antiquities Authority

Unter ägyptischer Herrschaft

Anhand unterschiedlicher Methoden konnten die Forschenden die Funde dem 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zurechnen. Damals regierte in Ägypten Pharao Ramses II., auch bekannt als Ramses der Große, und Teile der Levante waren unter ägyptischer Herrschaft. Im Unterschied zu älteren Einzelbestattungen aus der Region um die Südküste Israels dürfte diese Grabhöhle einer Familie oder einem ganzen Clan als Beisetzungsort gedient haben, meinte Yannai.

Viel mehr lasse sich vorerst aber über die menschlichen Überreste nicht sagen. Ihr Erhaltungszustand sei äußerst schlecht, an eine DNA-Extraktion oder gar -Analyse sei jedenfalls nicht zu denken. Einige der Toten waren auf den Rücken gelegt worden, manche hatten den Platz von älteren Toten eingenommen, die man umgelagert hatte.

Nun machen sich die Forschenden an die spannende Arbeit herauszufinden, was sich einst in den Gefäßen befand.
Foto: Emil Aladjem / Israel Antiquities Authority

Küstenhändler?

Alles in allem dürfte die Höhle über Generationen genutzt worden sein. Aber von wem? Es sei nicht abwegig anzunehmen, dass hier an der Küste lebende Einheimische bestattet worden sind, die – wie einige Grabbeigaben vermuten lassen – regen Handel mit Zypern, dem Libanon und Syrien unterhielten, sagte Yannai. Die Forschenden hoffen nun darauf, in den organischen Rückständen in den Gefäßen weitere Antworten zu finden. (tberg, 19.9.2022)