In der 9. Folge der 24. Staffel schließt sich der an der Menschheit verzweifelnde Homer einer Prepper-Gemeinde an.

Foto: CBS/The Simpsons

Wenn es in verschwörungsaffinen Communitys eine Gemeinsamkeit gibt, dann die, dass man dort ständig auf der Suche nach einem wichtigen Datum ist, das man sich im Kalender anstreichen kann. Diese Tradition setzt man auch dann unbeirrt fort, wenn man immer wieder aufs Neue enttäuscht wurde. Gründe dafür, warum Donald Trump weder die große Weltverschwörung von Hillary Clinton und Co aufgedeckt hat noch ins Weiße Haus zurückgekehrt ist, sind schnell gefunden.

Nun zeichnet sich eine baldige Wiederholung dieses ewigen Kreises ab, berichtet der Desinformationsforscher Josef Holnburger, der Geschäftsführer des Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas) ist, auf Twitter. Ausgangspunkt ist eine Rede des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz im Deutschen Bundestag.

Der uminterpretierte Versprecher

"Der 24. September 2022 wird uns allen als ein Tag im Gedächtnis bleiben, von dem wir später einmal sagen werden: Ich weiß noch genau, wo ich war, als ich die erste Nachricht vom Krieg in der Ukraine gehört und die ersten Bilder davon gesehen habe", so der Politiker. Kalenderkundigen Leserinnen und Lesern wird an dieser Stelle freilich auffallen, dass die Zeitangabe von Merz natürlich nicht stimmte, da der 24. September noch in der Zukunft liegt und Russland seinen Angriff am 24. Februar gestartet hatte.

Obwohl der Lapsus später auch protokollarisch korrigiert wurde, machten sich in QAnon-Kreisen schnell Vermutungen breit, dass Merz über den genannten Septembertag etwas Geheimes wissen könnte und der Versprecher eigentlich als Andeutung gemeint gewesen sei. Mitunter wurde das Zitat bei der Überlieferung in einschlägigen Gruppen auch nur teilweise wiedergegeben und der Hinweis auf den Ukraine-Krieg "ausgespart".

Als Indiz nahm man zuvor auch schon den Tod der Queen, dessen Verkündung ebenfalls als eine Art Einleitung zu größeren Entwicklungen gesehen wird. Dabei spielt auch eine Rolle, dass einige annehmen, dass die Monarchin eigentlich schon seit einem oder mehreren Jahren tot sei, dies aber bisher geheimgehalten wurde.

Blackout bei den "Simpsons"

Fündig wurde man auch auf der Suche nach einem passenden Ereignis per Zahlenabgleich. Und zwar bei der populären Zeichentrickserie "Die Simpsons". Dort kommt es in Folge 9 der 24. Staffel ("Homer goes to Prep School") aufgrund von Homer Simpsons Nachlässigkeit zu einem starken Stromimpuls (EMP) im Kernkraftwerk von Springfield, der für einen Blackout in der gesamten Umgebung sorgt.

Letztlich warten QAnon-Jünger auf die Erfüllung des "Plans" der ominösen Person Q, bei der es sich um eine Person mit Zugang zu höchsten Regierungskreisen und Geheimdokumenten in den USA handeln soll. Ihre vagen Andeutungen drehen sich um einen "Deep State" und eine weltweite Verschwörung, getragen vorwiegend von progressiven Politikern und Persönlichkeiten, deren Aufdeckung durch Donald Trump und politisch ähnlich Gesinnte bevorstehe, wobei diese dann mithilfe des Militärs, Massenverhaftungen und Erschießungen dem Spuk ein Ende setzen würden.

Szene immer noch groß und gefährlich

Die angenommene Bösartigkeit der hinter der Weltverschwörung vermuteten Personen ist auch ein wichtiger Grund dafür, warum die Szene ständig nach geheimen Andeutungen, Zahlen und Symbolen sucht. Dabei kommen immer wieder auch antisemitische Stereotype und Verschwörungsmythen vor. Bewegungen wie QAnon stuft Holnburger daher als "strukturell antisemitisch" ein.

Er warnt auch davor, die Szene zu unterschätzen. Sie sei nach der Abwahl von Trump und seines "deplatforming" infolge des Sturms auf das Kapitol zwar in den Medien weniger präsent, aber immer noch sehr groß. Der ehemalige US-Präsident spricht sie nun auch direkter an und nutzt ihre Symbole und Slogans. Zwar werde am 24. September voraussehbar das erwartete Großereignis nicht eintreten, jedoch steige das Risiko, dass gewaltbereite Mitglieder solcher Bewegungen dann selbst zur Tat schreiten, um den "Plan" umzusetzen. (gpi, 20.9.22)