Die Hinweistafel für das Fahrverbot auf den Gipfel steht an der Abzweigung von der Wolfgangsee-Bundesstraße.

Foto: Thomas Neuhold

Verkehrsberuhigung und Salzburger Volkspartei – das ist eine Paarung, die nur sehr schwer unter den sprichwörtlichen Hut zu bringen ist. Aktuelles Beispiel für den mehr als hinhaltenden Widerstand der ÖVP gegen eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs ist der Salzburger Gaisberg.

Der knapp 1300 Meter hohe Voralpenberg ist nicht nur eines der wichtigsten Naherholungsgebiete der Landeshauptstadt, er ist bei Schönwetter auch täglich Ziel hunderter Auto- und Motorradtouristen. Fallweise wird der Berg von den motorisierten "Bergsteigern und Bergsteigerinnen" derart überfahren, dass die Polizei einschreiten muss. Die Exekutive sperrt dann die Zufahrt für die letzten Kilometer bis zur Gaisbergspitze ab dem auf 1000 Meter Seehöhe gelegenen Gasthof Zistelalm. Aus Sicherheitsgründen.

Die Lage am Stadtberg ist in den vergangenen Jahren derart eskaliert, dass der Ruf nach einer Teil- oder Totalsperre der neun Kilometer langen Straße immer lauter wurde. Vergangenes Wochenende war der Berg dann im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche sogar wirklich einen Tag relativ autofrei. Die Stadt hatte das Land ersucht, von 9 bis 16 Uhr ein Fahrverbot für alle Fahrzeuge – ausgenommen Anrainer – auf der L108 zu erlassen. Das überaus schlechte Wetter trug das Übrige bei. Die Aktion war quasi der Ausgleich für das jedes Frühjahr stattfindende Oldtimer-Rennen.

"Globuli gegen den Infarkt"

Vorschläge zu einer generellen Entlastung gibt es seit Jahren auch in Hülle und Fülle: Die Naturfreunde beispielsweise, die eine kleine Berghütte auf halber Höhe des Bergs bewirtschaften, brachten eine Maut ins Spiel, selbst der Bau eines Sessellifts wurde diskutiert. Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) sprach zuletzt von einem Wochenendfahrverbot für den Berggipfel.

Herausgekommen ist eine Miniverkehrsberuhigung, die das Verkehrs- und Straßenrechtsamt der Stadt sogar in eine eigene Verordnung gegossen hat. "Mit Globuli gegen den Infarkt", sagte ein Anrainer beim STANDARD-Lokalaugenschein bei der Abzweigung der Gaisberg-Landesstraße von der Wolfgangsee-Bundesstraße dazu.

Viele Ausnahmen

Von einer Sperre ist man jedenfalls auf Druck der ÖVP wieder weit weg. Nun soll bei drohender Verkehrsüberlastung beim Gasthof Zistelalm ein temporäres Fahrverbot verhängt werden. Dort werden vorbereitete Verkehrsschilder mit Fahrverbot und Wendegebot aufgeklappt. Umkehren müssen alle Kraftfahrzeuge, also auch Motorräder. Das Verbot soll mit Hinweisschildern in Talnähe angekündigt und personell überwacht werden. Es gibt aber jede Menge Ausnahmen: Neben dem Linienbus und neben den Anrainern dürfen auch Gäste der Wirtshäuser im Gipfelbereich mit Reservierungsbestätigung weiterhin auf den Berg. Freie Fahrt heißt es auch für Mitglieder des Drachenflieger- und Paragleiterklubs.

Und auch dem zeitlichen Umfang der Maßnahmen im Gipfelbereich dürften enge Grenzen gesetzt werden: "Hauptsächlich in Kraft treten soll die Sperre von Oktober bis März insbesondere an Wochenenden", teilt die Stadt via Aussendung bereits vorsorglich mit. Gemeint sind damit jene Wochenenden im Herbst und Winter, an denen die Nebeldecke im Tal liegt und oben am Berg die Sonne scheint. Bei diesen Inversionswetterlagen ist der Zustrom erfahrungsgemäß besonders stark.

Der Gaisberg-Koordinator, ÖVP-Mandatar und Mitinhaber eines Hotelbetriebs an der Gaisberg-Landesstraße Florian Kreibich ist voll des Lobes: "Das ist eine gute Lösung, weil sie ohne mechanische Schranken auskommt und die Erreichbarkeit des Gaisbergspitze für Berechtigte sicherstellt." Wenn sich die Lösung grundsätzlich bewähre, will er "auf Sicht" elektronische Anzeigetafeln einsetzen.

Lückenhaftes Busangebot

Deutliche Kritik am vorliegenden Modell kommt vom Verkehrssprecher der Grünen-Bürgerliste, Lukas Bernitz. Es seien noch zu viele Fragen offen. So sei unklar, zu welchem Zeitpunkt die Sperren in Kraft treten sollen und wer dafür zuständig sei. "Es wurde ja bisher auch schon bedarfsorientiert von der Polizei abgesperrt. Das hat aber in der Regel nicht funktioniert, weil die Sperre zu spät erfolgt ist. Eine Sperre muss vor der Blechlawine erfolgen, nicht erst danach, so wie es bisher meist der Fall war."

Und noch etwas fehlt für den Grünen-Politiker: Es gebe nach wie vor keine Taktverdichtung für die Buslinie, die von der Stadt Salzburg auf den Berggipfel führt.

Elektrobus

Tatsächlich fährt der Dieselbus aktuell nur alle eineinhalb Stunden; bei Schönwetter an Wochenenden geht der Bus fallweise alle 45 Minuten. Ein dichterer Fahrplan würde sicher auch häufiger genutzt werden, sagt Bernitz. "Mit einem deutlich besseren Bustakt und entsprechenden Parkmöglichkeiten im Tal ist ein autofreier Gaisberg keine Illusion."

Ändern könnte sich aber die Bauart der Busse. Gaisberg-Koordinator Kreibich kündigt an, dass Mitte Oktober statt der Dieselfahrzeuge erstmals ein Elektrobus für die Fahrt auf den Hausberg der Stadt eingesetzt wird. Vorerst einmal zu Testzwecken. (Thomas Neuhold, 20.9.2022)