Justizministerin Judit Varga in Brüssel.

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Die ungarische Regierung hat ein erstes Gesetz im Parlament eingereicht, um eine drohende Kürzung von EU-Mitteln abzuwenden. Es sieht eine Unvereinbarkeitsregelung für die Mitglieder von Kuratorien öffentlicher Stiftungen sowie eine verbesserte Amtshilfe für die EU-Korruptionsermittlungsbehörde Olaf vor. Der Gesetzesvorschlag erschien am Montagabend auf der Website des ungarischen Parlaments.

"Ungarn könnte ins Jahr 2023 gehen, ohne die Gelder zu verlieren", schrieb Justizministerin Judit Varga am Montag auf Facebook. Die Regierung werde sich demnach in den kommenden Wochen und Monaten auf die Umsetzung der Verpflichtungen gegenüber der EU konzentrieren.

Ein weiteres Gesetzespaket will die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán noch am Freitag einbringen.

7,5 Milliarden Euro wackeln

Nach jahrelangen Vorwürfen wegen mutmaßlichen Missbrauchs von EU-Geldern und Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit hatte die EU-Kommission am letzten Sonntag vorgeschlagen, Ungarn Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Budget zu kürzen. Zugleich hatte sie Budapest zwei Monate Zeit gegeben, um die Missstände abzustellen und damit ungeschoren aus dem Rechtsstaatsverfahren auszusteigen.

Ein besonders heikler Fall sind die öffentlichen Stiftungen, denen die Orbán-Regierung die meisten Universitäten des Landes zugespielt hat. In deren Kuratorien sitzen nahezu ausschließlich Orbán-loyale Persönlichkeiten, unter ihnen Minister und Staatssekretäre. Selbst nach einem Regierungswechsel könnten diese Personen nicht ausgetauscht werden.

Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, dass die Kuratoriumsmitglieder nicht an Stiftungsentscheidungen teilnehmen dürfen, bei denen sich für sie Interessenkonflikte auftun würden. Die Politiker müssten aber künftig nicht aus den Kuratorien ausscheiden, beeilte sich der ungarische EU-Chefverhandler Tibor Navracsics am Dienstag im TV-Sender ATV zu erklären. "Die EU-Kommission erwartet das nicht", sagte er. Navracsics steht selbst einer Stiftung vor, die die Pannon-Universität in der westungarischen Stadt Veszprém verwaltet.

Des Weiteren bestimmt der Gesetzesentwurf, dass die ungarische Steuerbehörde NAV den Ermittlern der EU-Agentur Olaf Amtshilfe leisten wird. Unter anderem soll NAV den Olaf-Kollegen bei Ermittlungen in Ungarn Amtsräumlichkeiten zur Verfügung stellen und ihnen den Zugang zu den Datenbanken und Dokumenten des Finanzamts ermöglichen. (APA, 20.9.2022)