Ausverkauf, Rabatte, Sonderangebote – viele Verbraucher achten bereits auf diese Aktionen. Anders können sie die Kosten des täglichen Lebens derzeit oft nicht mehr stemmen.

Foto: IMAGO/Bildgehege

Wien – Die gute Nachricht: Die Wirtschaft konnte im ersten Halbjahr gut wachsen. Laut Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria, sind statt wie bisher angenommen 4,4 heuer sogar 5,3 Prozent Wirtschaftswachstum drin, 2023 aber nur noch 0,4 Prozent. Es droht also eine deutliche Abkühlung. Das ist die schlechte Nachricht. Die Belastungen durch die hohen Energiepreise dürften eine milde Rezession während der Wintermonate auslösen.

"Der Unicredit Bank Austria Konjunkturindikator ist im September auf minus 2,5 Punkte gesunken und liegt damit den zweiten Monat in Folge im negativen Bereich", sagt Bruckbauer. Der erneute Rückgang senkt den Indikator auf den niedrigsten Wert seit dem Frühjahr 2020, als infolge des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie die österreichische Wirtschaft in eine Rezession schlitterte.

Jeder Sektor leidet

Mittlerweile sei die Abkühlung der Konjunktur in allen Wirtschaftsbereichen spürbar. Die Eintrübung der Konjunktur sei stark durch die Stimmungsverschlechterung im Dienstleistungssektor bedingt. Während die meisten Dienstleister in den vergangenen Monaten von der vollständigen Aufhebung der Pandemiemaßnahmen und von konsumfreudigen Kunden profitiert haben, bremsen nun die Sorgen über die steigende Inflation und die erhöhten Lebenshaltungskosten die Konsumnachfrage.

"Nach der milden Rezession über den Winter erwarten wir mit einer beginnenden Entspannung der Inflation im weiteren Jahresverlauf 2023 eine langsame Erholung der Nachfrage und die Rückkehr der österreichischen Wirtschaft auf einen moderaten Wachstumspfad", sagt Bruckbauer. Dennoch revidierten die Ökonomen ihre BIP-Prognose für 2023 von 1,5 Prozent auf nunmehr 0,4 Prozent. Der Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass es bei den Unternehmen zu keinen Produktionsausfällen aufgrund mangelnder Energieversorgung kommt, aber die steigenden (Energie-)Preise vereinzelt zu einer geringeren Produktion führen.

Der Arbeitsmarkt dürfte den Ökonomen zufolge weiterhin stabil bleiben – im Jahresdurchschnitt soll die Arbeitslosenquote auf 6,3 Prozent sinken, dem niedrigsten Wert seit 2007. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 8 Prozent, 2020 bei 9,9 Prozent und im Jahr vor der Coronakrise bei 7,4 Prozent.

Schwere Krise für Industrie

Auch in Deutschland mehren sich laut Bundesbank die Anzeichen für eine Rezession im kommenden Jahr. Der Industrieverband BDI sieht die Industrie gar auf dem Weg in eine schwere Rezession in den kommenden Monaten, "mit Ausstrahleffekten auf die gesamte Wirtschaft". Hinzu kommt, dass die Kostenexplosion bei Öl, Gas und Strom die Erzeugerpreise enorm steigen lässt. In Deutschland erhöhten sich die Erzeugerpreise im August um durchschnittlich 45,8 Prozent. Das ist laut Statistischem Bundesamt der höchste Anstieg gegenüber dem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949.

Angesichts der Energiekrise und anhaltend hoher Inflation schnallen zwei von drei Verbrauchern in Deutschland den Gürtel bereits enger. 67 Prozent der Befragten gaben in einer Studie der Datenplattform Dynata an, dass sie seit Jahresbeginn damit begonnen haben, ihre Ausgaben zu senken. Wie die Umfrage zeigt, stehen sie damit international nicht alleine da. Auf Basis der Antworten von über 11.000 Verbrauchern in elf Ländern zeigt sich, dass fast jeder dritte Verbraucher weltweit sogar Schwierigkeiten hat, über die Runden zu kommen. Auch 29 Prozent der Deutschen haben laut der Reuters am Dienstag vorab vorliegenden Studie Probleme, ihre täglichen Ausgaben zu decken.

Sparen, Gutscheine, Rabatte

Am höchsten ist der Anteil in den Vereinigten Staaten (34 Prozent) und in Frankreich (33 Prozent). Um die steigenden Kosten in den Griff zu bekommen, hoffen die Verbraucher, die Auswirkungen mit einer Vielzahl von Strategien abzufedern. Insgesamt 71 Prozent der deutschen Verbraucher (gegenüber 58 Prozent weltweit) suchen beim Einkaufen nach Angeboten – etwa Gutscheinen oder Rabatten. Dies ist der höchste Anteil unter allen untersuchten Ländern.

Sorge um das Weihnachtsgeschäft

Getrübt wird das für den Handel anstehende wichtige Weihnachtsgeschäft auch heuer von Lieferproblemen im Handel. Die deutschen Einzelhändler machen sich vor Beginn des umsatzträchtigen Weihnachtsgeschäfts Sorgen um den Nachschub an Waren. Im August klagten 77,5 Prozent der Einzelhändler über Lieferprobleme, nach 77,3 Prozent im Juli. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Münchner Ifo-Instituts hervor. "Im Moment sieht es überhaupt nicht danach aus, dass sich die Probleme in der Vorweihnachtszeit entspannen werden", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe.

Die Situation in den Lieferketten ist dem Handelsverband Deutschland zufolge vielerorts sehr angespannt. "Ursache dafür sind vor allem die wiederholten Lockdowns in China, die Fabriken und Häfen lahmlegen und für große Verzögerungen sorgen", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth der Nachrichtenagentur Reuters. "Gerade die Containerschifffahrt braucht Wochen bis Monate, bis alles wieder im richtigen Takt ist." Einer Untersuchung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zufolge stecken aktuell rund elf Prozent aller verschifften Waren fest. (Reuters, bpf, 21.9.2022)