Der ehemalige Milliardär Braun hat sich selbst ruiniert, da er fast sein gesamtes Vermögen in Wirecard-Aktien investiert hatte.

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München – Im größten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte soll der Strafprozess gegen den früheren Wirecard-Vorstandschef Markus Braun in Kürze beginnen. Das teilte das Oberlandesgericht München am Mittwoch mit. Das Landgericht München I hat demnach die Anklage der Münchner Staatsanwaltschaft gegen den gebürtigen Österreicher und weitere zwei frühere Wirecard-Manager unverändert zugelassen. Der Hauptvorwurf gegen die Geschäftsleute lautet gewerbsmäßiger Bandenbetrug.

Braun sitzt seit über zwei Jahren in Untersuchungshaft. Laut Anklage sollen er und Komplizen seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um insgesamt 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben – davon 1,7 Milliarden Euro an Krediten und weitere 1,4 Milliarden an Schuldverschreibungen. Im Juni 2020 brach der Wirecard-Konzern zusammen. Der österreichische Ex-Vorstandschef hat in der Vergangenheit seine Unschuld beteuert und die Vorwürfe zurückgewiesen.

Drei Milliarden Euro Betrugsschaden

Einzelheiten nannte das Oberlandesgericht nicht. So war zunächst offen, an welchem Tag der Prozess beginnen soll, wie viele Zeugen geladen werden und wie viele Verhandlungstage die vierte Strafkammer des Landgerichts ansetzen will. Die mögliche Höchststrafe für besonders schwere Fälle von Betrug sind zehn Jahre Haft. Eine Verurteilung setzt voraus, dass der Angeklagte mit voller Absicht handelte – einen Straftatbestand des fahrlässigen Betrugs gibt es nicht.

Der einstige Milliardär Braun hat sich durch den Kollaps seines Unternehmens selbst ruiniert, da er nahezu sein gesamtes Vermögen in Wirecard-Aktien angelegt hatte. Geschädigt wurden nicht nur Banken und Investoren, sondern auch zehntausende Aktionäre. Wirecard war nach dem Aufstieg in den Dax an der Börse 2018 zeitweilig über 20 Milliarden Euro wert, dieses Geld ist zerronnen.

Der mutmaßliche Betrugsschaden von mehr als drei Milliarden Euro übersteigt in absoluten Zahlen und nicht inflationsbereinigt alle seit 1945 in Deutschland bekannt gewordenen Fälle. Bisheriger "Rekordhalter" war das badische Unternehmen Flowtex, das mit dem Verkauf nichtexistenter Bohrmaschinen in den 1990er-Jahren einen Betrugsschaden von zwei Milliarden Euro anrichtete. Im VW-Skandal waren die Folgekosten für den Wolfsburger Konzern mit an die 30 Milliarden Euro zwar noch ungleich höher, aber dabei ging es nicht um Finanzschwindel. (APA, 21.9.2022)