Julian Hessenthaler vor dem Prozess im März.

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Wien – Der nicht rechtskräftig zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilte mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos, Julian Hessenthaler, ist am Landesgericht St. Pölten mit einem Enthaftungsantrag abgeblitzt. Sein Anwalt, Oliver Scherbaum, kündigte eine Beschwerde gegen den Beschluss an, wie er in einer schriftlichen Stellungnahme wissen ließ. Über die Beschwerde muss das Oberlandesgericht Wien entscheiden.

Hessenthaler war im März wegen Kokainhandels sowie wegen Annahme, Weitergabe oder Besitzes falscher oder gefälschter besonders geschützter Urkunden und Urkundenfälschung verurteilt worden. Das Urteil ist bis dato nicht rechtskräftig, weil Hessenthaler dagegen vorgeht.

Unverständnis

Laut Scherbaum wurde der Antrag am Mittwoch in einer Haftverhandlung abgewiesen, weil weiterhin Flucht- und Tatbegehungsgefahr vorliege. "Worin diese Fluchtgefahr, in Anbetracht der ohnehin bereits bestehenden Überhaft, liegen soll, kann bei lebensnaher Betrachtung ebenso wenig nachvollzogen werden, wie die Behauptung einer Wiederholungsgefahr, zumal dem Gericht entsprechende Zusagen auf Anstellung des Julian Hessenthaler durch Unternehmen vorgelegt wurden", kritisierte Scherbaum.

Hessenthaler sei seit 21 Monaten in U-Haft – und hätte er seine Strafe angenommen, wäre er aufgrund bedingter Haftentlassungen enthaftet, sagt Scherbaum.

Daran könne man sehen, welchen Sanktionen Hessenthaler weiterhin ausgesetzt sei, "die wohl nicht auf einen ihm fälschlich zur Last gelegten Suchtgifthandel, sondern die Erstellung des Ibiza-Videos zurückzuführen sind", so Scherbaum.

Hessenthaler soll das Video produziert haben, das den damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache und FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in einer Villa auf Ibiza im Gespräch mit einer vermeintlichen Oligarchennichte zeigt. Nach Veröffentlichung der Aufnahmen im Mai 2019 kam es zum Bruch der türkis-blauen Koalition und Strache und Gudenus verloren ihre Ämter. (APA, 21.9.2022)