Die WKStA will wissen, was im Kanzleramt in der Ära Sebastian Kurz (links) rund um Umfragen passierte. Nachfolger Karl Nehammer (rechts) will – vorerst – nicht liefern.

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Wien – Vier gegen vier hieß es am 7. September im Bundeskanzleramt: Vier Mitarbeiter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) saßen da vier Vertretern des Bundeskanzleramts gegenüber, um die heikle Frage der Datenlieferungen an Ermittler zu klären. Wie berichtet wollte die WKStA schon im August die E-Mail-Postfächer und andere Daten von dutzenden Mitarbeitern sicherstellen, um sie im Zuge der Causa Umfragen/Beinschab-Tool auszuwerten. Das sei nötig, weil die beschuldigten Ex-Mitarbeiter des Kanzleramts ihre eigenen Mails großteils gelöscht hätten, hieß es vonseiten der Ermittler.

Das Kanzleramt empfand die Sicherstellungsanordnung hingegen als überschießend. Bernd Brünner, Generalsekretär im Kanzleramt, tat dies gleich zu Beginn der Besprechung kund. "Die Anordnung sei zu unkonkret, eine Sicherstellung daher nicht zulässig", heißt es in einem Aktenvermerk der Ermittler, der dem STANDARD vorliegt.

Unterstützt wurde Brünner von Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur und somit Anwalt der Republik. "Wäre er noch Innenminister, hätte er das BAK (Bundesamt für Korruptionsbekämpfung, Anm.) angewiesen, den Vollzug zu verweigern", notiert die WKStA in ihrem Aktenvermerk.

Die Frage der Amtshilfe

Vor allem Peschorn und die beiden WKStA-Oberstaatsanwälte tauschten dann rechtliche Argumente aus, kamen jedoch auf keinen grünen Zweig. Peschorn hielt etwa Amtshilfe statt Sicherstellung für angebracht, die WKStA hielt Amtshilfe hingegen "mit Blick auf die Rechtslage für unzulässig". Da geht es auch darum, dass private Daten von Mitarbeitern möglicherweise zu den Ermittlern wandern, weil etwa E-Mail-Postfächer auch privat genutzt werden dürfen. Die WKStA vermutet jedenfalls ein Spiel auf Zeit. So habe man schon am 16. August vereinbart, dass das Kanzleramt jene Mitarbeiter identifiziert, deren Daten für die Ermittler von Interesse sein könnten: also jene, die zum Beispiel mit Umfragen zu tun hatten.

Diese Liste hätte die WKStA eigentlich am 7. September erwartet, erhielt sie aber nicht. "Im Endergebnis ist somit drei Wochen nach der Übergabe der Sicherstellungsanordnung nicht bekannt, ob die ersuchten Maßnahmen zur Identifikation vorgenommen wurden oder nicht", schreibt ein WKStA-Staatsanwalt. Geliefert wurde bis heute nichts. (Renate Graber, Fabian Schmid, 23.9.2022)