Für den Durchblick bei den ausländischen Aktionären der Flughafen Wien AG könnten Lotsen hilfreich sein.

Foto: HO / Flughafen Wien

Wien – Die Hoffnungen der in einem Syndikat verbundenen staatlichen Flughafen-Aktionäre der Flughafen Wien AG (VIE) ruhen auf Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Er muss laut Investitionskontrollgesetz prüfen, ob die im August angekündigte Aufstockung des 40-Prozent-Anteils der landläufig als "Australier" bekannten Bieterin Airports Group Europe S.à.r.l. (AGE) zulässig ist.

Gemäß Investitionskontrollgesetz kann der Staat den Verkauf von Mehrheitsanteilen an kritischer Infrastruktur an Drittstaatsangehörige untersagen. Als solche gelten insbesondere außerhalb des EU-Binnenmarkts domizilierte Investoren. Wiewohl AGE nach eigenen Angaben davon ausgeht, dass diese Prüfung positiv ausfallen wird, weil die Durchführung des Angebots weder eine Gefährdung der Sicherheit noch der öffentlichen Ordnung bedeuten könnte: "A g’mahde Wies’n", wie es auf gut Österreichisch heißt, dürfte die angestrebte Aufstockung des Aktienpakets nicht sein.

Eigentümer im Nebel

Denn die unter dem Dach der AGE versammelten Aktionäre nehmen es mit der Transparenz nicht so genau, wie sich das die Stammaktionäre, allen voran die Syndikatspartner Stadt Wien und Land Niederösterreich (je 20 Prozent), wünschen.

Noch im Juni hatte einer der Gesellschafter der Bieterin, die IFM Investors Pty Ltd, betont, geplante Zukäufe seien als Vertrauensbeweis für den Flughafen zu sehen und nicht als Übernahmeversuch. "Es geht nicht darum, eine Mehrheit zu erzielen", sagte damals Werner Kerschl, IFM-Executive-Director. Selbst bezeichnet sich IFM "als Manager oder Berater an Investitionen in 17 verschiedenen Flughäfen beteiligt".

Aktionäre aushungern?

Im August galt diese Zusage offenbar nicht mehr, da kam das "Freiwillige Öffentliche Teilangebot" der eingangs erwähnten AGE, zu deren Investoren wiederum IFM Investors gehört. AGE plant, wie berichtet, eine Aufstockung ihrer Aktien am VIE, sie sammelt bis 6. Oktober Anteilsscheine von VIE-Aktionären, die bis dato den Streubesitz (zehn Prozent) der börsennotierten Flughafen Wien AG bildeten. Nehmen zahlreiche Aktionäre das Angebot an, blieben dem Rest kaum rosige Aussichten.

Liquidität im Aktienhandel sinkt

Denn unter zwei Prozent Streubesitz würden VIE-Aktien an der Wiener Börse gar nicht mehr gehandelt, darüber wäre die Liquidität perdu. Die treuen Aktionäre würden also ausgehungert, das sonst übliche Squeeze-out-Verfahren, bei dem den Aktionären ein Abfindungsangebot unterbreitet wird, müsste nicht mehr durchgeführt werden. Das gilt im Prinzip auch für die Aktien der VIE-Mitarbeiterstiftung (zehn Prozent), die ebensowenig zum Verkauf stehen wie die Pakete der Bundesländer Niederösterreich und Wien.

Besonders attraktiv ist das Angebot von AGE nicht, denn von den angebotenen 33 Euro je Aktie zieht die Bieterin noch die Dividende ab, es sind also nur 32 Euro und ein paar Zerquetschte zu erwarten. Die positive Entwicklung, die zu erwarten ist, weil der VIE die Talsohle seiner Corona-bedingten Minderauslastung nach langer Durststrecke hinter sich gelassen hat, ist im Angebot ebenso wenig abgebildet wie die zwischenzeitlich erfolgte Entschuldung, wie der VIE-Vorstand in seiner Äußerung zum Teilangebot am 17. August mitteilte. Am Donnerstag notierten VIE-Aktien auf 32,65 Euro.

Von Luxemburg bis Cayman

Was im Börsenprospekt zum Angebot noch auffällt: Einer der direkten und indirekten Gesellschafter der Bieterin, die Conyers Trust Company (Cayman), handelt als Treuhänder für IFM GIF, den Global Infrastructure Fund. "Als multi-series unit trust besitzt IFM GIF keine Rechtspersönlichkeit und ist daher nicht in der Lage, Vereinbarungen abzuschließen oder Verpflichtungen einzugehen bzw. Beteiligungen oder Vermögenswerte zu halten", heißt es im Prospekt wörtlich. Deshalb würden alle Beteilungen und Vermögenswerte von IFM GIF treuhändig von Conyers Trust zugunsten der Investoren von IFM GIF gehalten.

Wie die gesamte Conyers-Trust-Gruppe wurde auch Conyers Trust von der internationalen Anwaltskanzlei Conyers Dill & Pearman errichtet, die eine Vielzahl von Treuhanddienstleistungen erbringt. Über ihre indirekten Gesellschafter, von denen "wirtschaftlich keiner mehr als fünf Prozent der Anteile oder eine kontrollierende Beteiligung hält", weiß Conyers Trust laut Börsenprospekt: nichts. Auch der Flughafen Wien weiß nicht, welche der Gesellschaften wem gehört oder von wem kontrolliert wird, berichteten Profil und ORF. Sie folgten der Spur des Geflechts an Offshore- und Briefkasten-Gesellschaften. Die als stabile Aktionäre gepriesenen australischen Pensionsfonds findet man in einer verschachtelten Konstruktion, die zur Industry Super Holdings Pty Ltd führt, die wiederum "von 19 australischen Not-for-Profit-Pensionsfonds gehalten" wird.

EU prüft den Deal

Mit einer schnellen Entscheidung gemäß Investitionskontrollgesetz ist übrigens nicht zu rechnen. So ein Prüfverfahren kann bis zu vier Monate dauern, 35 Tage hat dafür allein die EU-Kommission Zeit (zuzüglich Verlängerung um fünf Tage), die seit 7. September am Zug ist. Danach kann eine vertiefte Prüfung durch die Behörde in Österreich bis zu zwei Monate dauern. (Luise Ungerboeck, 23.9.2022)