Die Kommission wagte auch einen Impfausblick auf das kommende Jahr.

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Wien – Die Gecko-Kommission setzte sich in ihrer dieswöchigen Sitzung zur aktuellen Corona-Lage mit einer neuen Omikron-Subvariante auseinander, die Anfang September erstmals in Österreich nachgewiesen worden war. Bei BJ.1 handelt es sich um eine Spielart von BA.2.10.1, die eine große Zahl zusätzlicher Mutationen am Spike-Protein aufweist. Die Anzahl und der Ort der Mutationen von BJ.1 deuten auf starke Immunfluchteigenschaften hin.

"Wie sehr BJ.1 aufgrund besonders zahlreicher neuer Mutationen den Immunschutz besser umgehen kann, ist aktuell noch unklar", stellte der Virologe Andreas Bergthaler fest, der auch der Gecko angehört. Der Experte betonte: "Die Prognose zur weiteren Ausbreitung von BJ.1 ist nach aktuellem Stand schwierig."

Bisher sind international nur wenige Fälle von BJ.1 aufgetreten. In Österreich ist weiterhin die Omikron-Subvariante BA.5 dominant. Dem bisher letzten Varianten-Report der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) zufolge ließen sich in der Kalenderwoche 36 (5. bis 11. September) von 28.942 behördlich bestätigten Corona-Infektionen beim Sequenzieren 6.202 BA.4/BA.5 zuordnen.

Leichter Anstieg der Fallzahlen

Gegenwärtig ist in Österreich ein leichter Anstieg der Fallzahlen in allen Altersgruppen zu bemerken, wobei das insbesondere die Altersgruppe der Fünf- bis 14-Jährigen betrifft. "Inwiefern der Anstieg der Fallzahlen auf ein verändertes Testverhalten, das Ferienende oder epidemiologische Gründe zurückgeführt werden kann, ist noch unklar", teilte die Gecko-Kommission mit.

Was die Impfstoffe zum Schutz vor Covid-19 betrifft, wird die mRNA-Technologie weiter als die ausgereifteste Technologie betrachtet. Dies und die enorm rasche Skalierbarkeit großer Impfstoffmengen spricht nach Einschätzung der Gecko-Expertinnen und -Experten dafür, dass sie beim Immunisieren die führende Technologie bleiben wird, zumal sich die Impfstoffe rasch an neue Varianten anpassen lassen.

Nasalen Impfstoffen, die mittlerweile in China und Indien zur Bekämpfung des Coronavirus zugelassen wurden, begegnet die Gecko-Kommission vorerst mit Skepsis. Diese Impfstoffe zielen auf die Schleimhaut der Atemwege ab, sind bisher aber "noch zu weit von der klinischen Reife entfernt, um ihre Bedeutung einschätzen zu können", wie der Impf-Experte Herwig Kollaritsch erläuterte. Sollten sich nasale Impfstoffe jedoch in klinischer Entwicklung bewähren, "könnten auch diese Technologien durchaus als wesentlich eingestuft werden", meinte Kollaritsch.

Winter "Gradmesser" für künftige Impfszenarien

Die Kommission wagte auch einen Impfausblick auf das kommende Jahr. Der kommende Winter könnte demnach als "Gradmesser" für künftige Impfszenarien in Österreich dienen. "Ob die Covid-19-Schutzimpfung in Zukunft lediglich vor der kalten Jahreszeit für die breite Bevölkerung erforderlich sein wird oder ob mehrere Impfungen pro Person weiterhin nötig sein werden, lässt sich aus heutiger Sicht nicht eindeutig sagen, da sich das Auftreten neuer Virusvarianten und sich daraus ergebende Veränderungen der Impfwirksamkeit nicht abschätzen lassen", erläuterte Kollaritsch.

Das wahrscheinlichste Szenario sei, dass ältere Personen und Risikopatientinnen und -patienten vermutlich mehr als eine Impfung pro Saison benötigen werden. Studien zeigen jedenfalls, dass eine vollständige Immunisierung das Risiko für Long-Covid deutlich senkt.

Die Gecko-Kommission warnte abschließend vor derzeit kursierenden Falschinformationen rund um die Auffrischungsimpfung und angebliche Impffolgen bei Kindern. "Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass eine starke positive Korrelation zwischen der Impfbereitschaft von Eltern und Kindern besteht", bekräftigte das Gremium. Die Informationsgrundlage zum Thema Kinderimpfungen sei daher insbesondere bei Eltern zu stärken.

Alle Krebspatienten sollten vierte Impfung bekommen

Die vierte Impfung gegen Covid-19 erhöht bei Krebspatienten die Immunantwort gegen Virusvarianten. Das gilt sowohl für Personen mit Tumorerkrankungen als auch für Menschen, die bösartige Blutkrankheiten haben. Der Effekt von monoklonalen Antikörpern als "passive Impfung" ist hingegen sehr begrenzt. Das zeigt eine Untersuchung an Patienten aus Wien und Meran in Südtirol, die jetzt in "Jama Oncology" erschienen ist.

An der Studie nahmen 72 Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Krebserkrankungen teil. 54 von ihnen erhielten eine vierte Impfung mit den derzeit zugelassenen Impfstoffen, bei 18 wurde eine passive Immunisierung mit der Antikörperkombination Tixagevimab/Cilgavimab durchgeführt. Zur Analyse der Immunität verglichen die Forscherinnen und Forscher die Antikörperspiegel und deren Hemmstärke gegen die Sars-CoV-2-Subvarianten Omikron BA.1 und BA.4 nach drei und vier Impfungen sowie nach Verabreichung der Antikörper. (APA, 23.9.2022)