Kaum ein Thema wird in Österreich so unpräzise diskutiert wie die Rolle der Staatsanwaltschaften. Wörter wie "unabhängig" oder "politisch" werden nicht durchdekliniert, sondern einfach in den Raum geworfen. Das sieht man an der Debatte rund um den Generalstaatsanwalt. Der soll ja dafür sorgen, dass Staatsanwaltschaften "unabhängiger" agieren. Gemeint ist damit, dass parteipolitischer Einfluss vermieden werden soll. Deshalb soll künftig nicht mehr die Justizministerin Weisungen aussprechen, sondern eine Generalstaatsanwaltschaft. Das ist eine sehr gute Idee.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).
Foto: IMAGO/SEPA.Media/Martin Juen

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat aber einen Punkt, wenn sie vor "demokratiefreien Räumen" warnt. Die Justiz darf kein in sich abgekapseltes System sein. Es muss jemanden geben, der politisch für Fehler einsteht und sich für die Handlungen der Staatsanwälte vor dem Volk, repräsentiert durch das Parlament, verantworten muss. Die Staatsanwaltschaften ermitteln ja auch "für uns", die Gemeinschaft, wegen Verstößen gegen Gesetze, die Abgeordnete als Ausdruck unseres politischen Mehrheitswillens beschlossen haben.

Es ist paradox, dass die ÖVP hier für die Beteiligung des Parlaments kämpft, jedoch U-Ausschüssen die Befassung mit laufenden Ermittlungen untersagen will. Wie wichtig das aber ist, zeigten Fälle von Ibiza bis Eurofighter. Der Generalstaatsanwalt wird kein Wunderwuzzi sein und Fehler machen. Möge sich das Parlament mit diesen zeitnah befassen können. (Fabian Schmid, 23.9.2022)