"Return to Monkey Island" ist für Windows, macOS und die Nintendo Switch erschienen.

Screenshot: Return to Monkey Island
Screenshot: Return to Monkey Island
Screenshot: Return to Monkey Island
Screenshot: Return to Monkey Island
Screenshot: Return to Monkey Island

Für viele Menschen, die in den 1980ern und 1990ern aufgewachsen sind und Zugriff auf einen Computer hatten, gibt es kaum bessere Nachrichten: Guybrush Threepwood ist wieder da! Mit "Return to Monkey Island" erhält die Kult-Adventurereihe nicht nur ihre erste Fortsetzung seit 13 Jahren, sie wurde obendrein auch noch von ihrem Schöpfer, Ron Gilbert, umgesetzt.

Der Ersteindruck, wie beschrieben in einem "Angespielt"-Artikel pünktlich zum Launch, war ein guter. Der neue Grafikstil mag nicht allen gefallen, steht aber durchaus in der Tradition der Serie, deren visuelle Umsetzung sich im Laufe der Jahre immer wieder geändert hat. Akustisch kann das Game sein wohlig-karibisches Piratenflair entfalten, und es mangelt auch nicht an der Skurrilität, die "Monkey Island" schon immer ausgezeichnet hat.

Foto: Monkey Island (Bearbeitung: STANDARD)

Hinweis: Dieser Text bildet die Eindrücke nach dem Durchspielen des Games im Casual Mode ab. Er enthält einzelne Spoiler zu Story und Rätseln. Auch die beigefügten Screenshots können unter Umständen etwas über die Handlung verraten. Wer diesen Artikel im Forum kommentiert, erklärt damit, diesen Hinweis zur Kenntnis genommen zu haben. Wer Spoiler bemängelt, verpflichtet sich zum Putzdienst in der Küche der Scumm-Bar. Es ist ein eigener Mopp mitzubringen.

Papa Guybrushs Abenteuer

Die Geschichte ist eigentlich eine Rückblende, die ein gealterter Guybrush im "Big Whoop"-Vergnügungspark seinem Sohnemann erzählt. Sie führt ihn zurück nach Melee Island, wo dereinst auch schon der erste "Monkey Island"-Teil anno 1991 seinen Anfang nahm. Er will das "wahre" Geheimnis von Monkey Island finden. Eine Mission, der sich auch schon sein Erzfeind, der größenwahnsinnige Zombiepirat LeChuck, verschrieben hat.

Also macht sich der Held auf die Suche nach einer Reisemöglichkeit nach Monkey Island, bei der er schnell auch alte Bekannte trifft ("Ask me about Loom!"). Weil das Vermarktungsmultitalent Stan seines Gebrauchtschiffgeschäfts beraubt wurde, bleibt dem Helden also nichts anderes übrig, als sich unerkannt seinen Weg unter die Crew von "LeShip" zu bahnen. Von dort aus führt die Reise nicht nur auf die sagenumwobene "Affeninsel", sondern auch auf allerlei andere Eilande der näheren Karibikgewässer, die es zu erforschen gilt.

Nintendo

Viel zu lachen für Veteranen

Die Herausforderungen, die sich dem Spieler dabei stellen, sind abwechslungsreich. Man unterstützt Gesundheitsinitiativen, sorgt für royale Unterhaltung, erforscht gruselige Höhlen und hinterlässt dabei allerdings nicht immer den besten Eindruck. Neben Anekdoten mit Bezug auf ältere "Monkey Island"-Teile liefert das Game dabei auch immer wieder Anspielungen, die sich durchaus in aktuellen Kontext stellen lassen. Nach einem rätsellastigen Finale entlässt "Return to Monkey Island" einen schließlich in ein, wie üblich, überraschendes Ende.

Das Fazit aus dem "Angespielt"-Text lässt sich großteils wiederholen: Das Game sieht – wenn man kein prinzipieller Gegner des neuen Grafikstils ist – gut aus, das Sounddesign ist sehr gelungen. Die Steuerung ist angenehm unkompliziert, die Rätsel oft skurril, ihre Lösung aber stets logisch nachvollziehbar. Es gibt nur wenige erzählerische Hänger oder Probleme, wie Inkonsistenz, wenn eine Aktion bei Klick automatisch aufgeführt wird, wenn das dazu benötigte Item im Inventar ist und wann man es explizit selbst benutzten muss.

Gerade als "Monkey Island"-Kenner hat man immer wieder viel zu lachen. Wer die älteren Teile nicht mehr so gut in Erinnerung hat, dem hilft ein "Scrapbook" voller Anekdoten zu Guybrushs früheren Abenteuern. Es ist ein nostalgisch-heimeliges Erlebnis, das wohl fast jeden Fan abholen sollte.

"Monkey Island", ein Indiegame

Doch was ist mit den anderen Spielern? Jenen, die aufgrund ihres Alters oder anderen Gründen bislang keine Berührungspunkte zu "Monkey Island" hatten? Nimmt man die Fanbrille ab, so offenbaren sich doch ein paar Defizite, die auch mein Kollege Alexander Amon in seinem Beitrag zu einem "Pro und Kontra"-Text angesprochen hat.

Da wäre etwa das Genre selber. Ende der 1980er bis Mitte der 1990er war die hohe Zeit der Point-'n'-Click-Adventures als damals auch technisch ausgereifteste Form, Geschichten zu erzählen. Der Anbruch des Zeitalters wesentlich leistungsfähigerer Computer und dezidierter Grafikkarten rückten andere Spiele zunehmend in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Überschwemmten Echtzeitstrategiespiele, getragen vom Hype um "Warcraft" und "Command & Conquer", zuerst den Markt, waren es danach Shooter- und Action-Adventures, die schließlich den Weg in eine auf polygonale 3D-Darstellung ausgelegte Welt der Videospiele wiesen.

Generell entschied sich das wachsende Publikum für Videospiele häufig für schnelle, actionlastige Unterhaltung. Das traditionell eher gemächliche Spielerlebnis klassischer Abenteuerspiele wurde zur Nische. Auch wenn viel Geschichte an dem Namen dranhängt und die Marke durch die gegebenen Eigentümerverhältnisse de facto Disney gehört, ist "Return to Monkey Island" eigentlich ein Indiegame. Umgesetzt wurde es von Gilberts Studio Terrible Toybox, das gemäß der Credits am Spielende eine Personalstärke im niedrigen zweistelligen Bereich vorweisen kann.

Daher findet man an manchen Stellen eben Limitationen, über die man als Fan großzügig hinweg sieht. Hier eine etwas hölzerne Animation, da ein etwas billig aussehender Übergang. Schließlich kommt es ja vor allem auf die Handlung an. Für eine Spielefirma dieser Größe wäre es aber nicht nur erzählerisch schwierig geworden, mit ihrem Game einerseits die "alte Garde" anzusprechen und andererseits auch Neulinge zu begeistern.

Vor allem Fanservice

Die harte Wahrheit ist: "Return to Monkey Island" ist primär ein Fanservice. Ja, mit dem Scrapbook bemüht man sich, die Hürde des Vorwissens abzusenken, dennoch werden serienunkundige Spielerinnen und Spieler immer wieder mal auf Anspielungen stoßen, die ihnen dennoch nichts sagen. Außerdem, wer blättert vor dem Einstieg in ein neues Spiel schon eine halbe Stunde lang Erläuterungen zu den älteren Teilen durch? Hier hätte vielleicht eine animierte Introsequenz über das "Was bisher geschah" mehr gebracht.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auch für Menschen, die Adventures mögen, ist "Return to Monkey Island" beileibe kein schlechtes Spiel. Aber das volle Erlebnis bleibt jenen vorbehalten, die sich schon früher in der virtuellen Karibik mit LeChuck gematcht haben. Letztlich, so sagen die Entwickler, sind die "Monkey Island"-Games für sie auch immer eine Parabel über die Lebensphase, in der sie sich grad selbst befinden – und das merkt man.

Wer bereit ist, zumindest die ersten zwei Teile der Serie zu spielen, wird nicht nur mit diesen, sondern auch mit der neusten Guybrush-Threepwood-Geschichte viel Freude haben. Für Veteranen ist es ohnehin ein Pflichtkauf. Alle anderen finden hier immer noch ein "nettes", skurriles Piratenabenteuer, mit dem man sich gut den einen oder anderen Herbstabend vertreiben kann. (Georg Pichler, mächtiger Pirat (tm), 24.9.2022)