Vereinzelte Proteste in der NV Arena von St. Pölten.

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Das Team Iran stellt sich zur Hymne auf. Es wurde ein 1:0-Erfolg.

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Mitten in Niederösterreich: Fußball-Ikone Luis Suarez.

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Mitten in Wien-Favoriten: Alphonso Davies. Kanada bezwang Katar 2:0.

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"Aus welchem konkreten Grund wurde das Freundschaftsspiel zwischen den Nationalmannschaften des Iran und Uruguays zu einem Hochrisikospiel erklärt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Verbot von Zuseher:innen bei besagtem Fußballspiel und den aktuell im Iran stattfindenden Protesten? Wurde mit dem Verbot versucht, mögliche Proteste gegen die erzkonservative iranische Regierung zu unterbinden? Falls ja: Gab es dahingehend Einflussnahme durch den iranischen Staat oder von der Republik Iran entsandtem diplomatischem Personal? Wer hat die Entscheidung getroffen, das Freundschaftsspiel in Abwesenheit der Zuseher:innen stattfinden zu lassen?"

Diese und einige Fragen mehr hatte die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Nurten Yilmaz in zwei Anfragen an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Sportminister Werner Kogler (Grüne) gerichtet. Sie lagen tatsächlich nahe, schließlich trat der Iran am Freitag tatsächlich im Sportzentrum Niederösterreich in St. Pölten gegen Uruguay an. Und er siegte sogar mit 1:0, Mehdi Taremi traf entscheidend (79.), wohingegen Uruguays Superstar Luis Suarez leer ausging. Beide Teams absolvieren in Österreich derzeit Trainingslager und Tests im Hinblick auf die WM-Endrunde in Katar (20. November bis 18. Dezember).

Auch die Vermutung, dass sich das iranische Team in Ruhe – geflügeltes Wort! – "auf den Sport konzentrieren" sollte oder wollte, ließ sich nachvollziehen. Schließlich wird im Iran seit Tagen für Frauenrechte demonstriert, nachdem die 22-jährige Mahsa Zhina Amini nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei ins Koma gefallen und verstorben war. Die Polizei geht brutal gegen die Demonstrierenden vor, mehrere Menschen wurden getötet, es gab hunderte Festnahmen.

Auch vor vielen iranischen Botschaften und Konsulaten kam es zu Kundgebungen. In St. Pölten sollte Protesten von vornherein ein Riegel vorgeschoben werden – doch wer steckte dahinter? Eine STANDARD-Nachfrage im Innenministerium führte am Freitag zu einer Innenministeriumsanfrage bei der Landespolizeidirektion Niederösterreich. "Wir wissen von dieser Partie", hieß es da. "Aber von einem Hochsicherheitsspiel ist aus unserer Sicht keine Rede." Im Stadion sollte sich freilich zeigen, dass das Riegelvorschieben nicht ganz gelungen war. Es kam auf den Rängen zu vereinzelten Protesten gegen das iranische Regime, Plakate mit einem Bild von Mahsa Zhina Amini wurden hergezeigt.

Der erfüllte Wunsch

Dass ein Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinde, kann nicht nur die Behörde, sondern auch der Veranstalter bestimmen. Entweder er legt Karten zum Verkauf auf oder nicht. Die SPÖ-Abgeordnete Yilmaz verweist auf eine Info des Landessportzentrums, in der es hieß, dass "Ausschreitungen zwischen den Fans" verhindert werden sollten. Wickel zwischen Iranern und Uruguayern hätten aber doch stark verwundert.

Franz Stocher, Bahnradweltmeister 2003 (Punktefahren) und fünfmal Olympiateilnehmer, ist seit 2013 Geschäftsführer des Sportzentrums in St. Pölten. Er sagt dem STANDARD: "Der Veranstalter hat an uns den Wunsch herangetragen, keine Karten aufzulegen. Der Bitte sind wir nachgekommen." Wobei einige, quasi ausgesuchte Fans eben sehr wohl im Stadion saßen. Ähnlich wird es am Dienstag sein, wenn der Iran in Maria Enzersdorf den Senegal trifft. "Closed door" ist auch da angesagt. Dennoch wäre es keine Überraschung, sollte es zu einer größeren Kundgebung als am Freitag kommen, sei es vor dem Stadion, sei es auf den Rängen. Das Sicherheitsaufgebot wird garantiert auch ein größeres sein.

Mit Veranstalter meint Stocher die SLFC Soccer GmbH aus Leogang. Sie organisiert seit Jahren, wie etwa auch die steirische IFCS, Trainingslager und Tests für Nationalteams und Vereine. So kommt es nicht von ungefähr, dass sich etliche Nationalteams hierzulande auf die WM vorbereiten: der Iran, Uruguay, der Senegal, Kanada und auch WM-Gastgeber Katar. Österreich hat sich einen guten Ruf erworben, wegen guter Trainingsbedingungen, wegen der Ruhe, vielleicht auch deshalb, weil sich Proteste weitgehend ausschließen lassen. Im besten Wortsinn. (Fritz Neumann, 23.9.2022)