Der Iran unterliegt den strengsten Internetbeschränkungen seit 2019.

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Über soziale Netzwerke mehren sich derzeit die Aufrufe, dass man die Browsererweiterung Snowflake auf seinen Geräten installieren soll, um Iranerinnen und Iranern zu helfen, die staatlichen Zensurmaßnahmen zu umgehen. Aufgrund der Proteste im Land behindern staatliche Behörden den freien Internetzugang, ein Zugriff auf unzensierte Informationen wird zunehmend schwieriger.

Snowflake erleichtert der iranischen Bevölkerung den Zugriff auf das Tor-Netzwerk. Für dieses Netzwerk ist es vereinfacht formuliert von Vorteil, wenn möglichst viele Zwischenstationen, sogenannte Proxys, vorhanden sind, um Identität und Standort der Nutzer zu verschleiern. Durch die Einrichtung so eines Proxys über die Browsererweiterung kann also jede und jeder einzelne theoretisch dazu beitragen, dieses Netzwerk auszubauen.

Die "helle Seite" des Darknets

Die Grundlage für Snowflake ist das Tor-Netzwerk. Es wird immer wieder als prominentestes Beispiel für das Darknet genannt, das im Wesentlichen durch technische Verfahren sicherstellt, dass die kommunizierenden Personen nicht erkannt werden können. Was oftmals mit kriminellen Aktivitäten und verbotenen Marktplätzen in Verbindung gebracht wird, ist für Nutzerinnen und Nutzer in Staaten wie China, Syrien und eben im Iran oft die einzige Möglichkeit, unzensiert zu kommunizieren oder Informationen zu beziehen.

Je mehr Kommunikationsschnittstellen bzw. Schnittstellen im Tor-Netzwerk vorhanden sind, desto einfacher und leichter ist es für Nutzer, ihren Zugriff zu verschleiern. Das Snowflake-System besteht aus drei Komponenten: Freiwilligen, die Snowflake-Proxys betreiben, Tor-Benutzern, die sich mit dem Internet verbinden wollen, und einem Broker, der Snowflake-Proxys an die Benutzer liefert. Mit der Aktivierung der Snowflake-Erweiterung erstellt man also als Freiwilliger einen Proxy mit dem eigenen Internetzugang, und stellt ihn anderen zur Verfügung. Die Erweiterung ist für Chrome und Firefox zum Download verfügbar.

Datenschutz und Einschränkungen

In Österreich ist die Nutzung des Tor-Netzwerks per se nicht illegal. Wenn Tor-Nutzer durch den eigenen Proxy geleitet werden, entspricht die am Ende des Prozesses sichtbare IP-Adresse auch nicht der des Proxys, sondern einem Ausstiegsknoten des Tor-Netzwerks.

Beim Errichten eines Proxys sollte man jedenfalls bedenken, dass er nur so lange verfügbar ist, wie der Browser geöffnet ist bzw. das Endgerät eingeschaltet ist. Das Errichten dieser Zwischenstation hilft auch nur dann, wenn das Internet im jeweiligen Land "nur" eingeschränkt ist. Im Fall einer totalen Sperre ist ein Zugang generell nicht mehr möglich, und Snowflake keine Unterstützung.

Strenge Internetbeschränkungen im Iran

Der Iran hat seit Mittwoch als Konsequenz zu landesweiten Protesten den Zugang zu Instagram und Whatsapp massiv eingeschränkt und zeitweise einige Mobilfunknetze deaktiviert. "Der Iran unterliegt den strengsten Internetbeschränkungen seit dem Massaker im November 2019", erklärt die Beobachtungsstelle NetBlocks.

US-amerikanischen IT-Firmen ermöglicht seit kurzem eine aktualisierte Genehmigung, im Iran wieder mehr Online-Dienste anzubieten – darunter zum Beispiel Soziale Medien, Videokonferenzsoftware und Cloud-Dienste. Mit der Maßnahme solle der "freie Informationsfluss und der Zugang zu faktenbasierten Informationen für die Menschen im Iran" erweitert werden, teilte US-Außenminister Antony Blinken mit. "Diese Schritte werden dazu beitragen, den Bemühungen der iranischen Regierung, ihre Bürger zu überwachen und zu zensieren, entgegenzuwirken."

US-Sanktionen, die bereits 2014 gegen den Iran verhängt worden waren, hatten bisher verhindert, dass IT-Firmen ihre Dienste in dem Land vollumfänglich anbieten konnten. Hintergrund des US-Kurswechsels ist die aktuell massive Einschränkung des Zugangs zum Internet durch die iranische Regierung infolge anhaltender Proteste. Insbesondere mobile Netzwerke sind weitgehend abgeschaltet. (red, 24.09.2022)