Xi Jinping Mitte September beim Treffen der "Shanghai Cooperation" im usbekischen Samarkand.

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Die Kommunistische Partei Chinas wird oft als Blackbox bezeichnet. Der Koloss hat zwar 80 Millionen Mitglieder, das Wirken im Inneren aber folgt hermetischen Mechanismen, die selbst Experten mit jahrzehntelanger Erfahrung immer wieder in Staunen versetzen. Das muss man wissen, um das Gerücht einzuordnen, das seit vergangenem Freitag durch das Netz wabert: Präsident Xi Jinping soll entmachtet worden sein und im Regierungsviertel Zhongnanhai in Peking unter Hausarrest stehen.

Als Beleg dafür wird die Tatsache angeführt, dass alle Flüge von und nach Peking gestrichen worden sind, aber auch Zug- und Busverbindungen abgesagt wurden. Verbreitet hatte das Gerücht ein indischer Ex-Minister mit über zehn Millionen Followern.

Xi war vergangene Woche im usbekischen Samarkand auf andere Staatschefs der Shanghai Cooperation getroffen. Neben zentralasiatischen Staaten sind auch Russland und Indien Mitglied der Organisation. In seiner Abwesenheit soll ein General der Volksbefreiungsarmee die Macht übernommen haben. Xi soll demnach überstürzt nach Peking zurückgereist und dort festgenommen worden sein.

Urteile gegen Ex-Politiker

Mitte Oktober will Xi auf dem 20. Parteikongress seine dritte Amtszeit ausrufen. Er wäre damit nach Mao Zedong der mächtigste und am längsten regierende Führer der Volksrepublik. Dass dies innerhalb der Partei nicht nur Befürworter hat, liegt nahe. Auch die strikte Zero-Covid-Politik seit bald zwei Jahren dürfte Widersacher gegen ihn aufbringen. Vergangene Woche wurden auch einige ehemalige hochrangige Politiker verurteilt. Gegen den ehemaligen Justizminister Fu Zhenghua wurde sogar die Todesstrafe verhängt.

Während das chinesische Internet wie immer zensiert ist, trenden auf Twitter die Hashtags #whereisxi und #chinacoup. Daneben aber gibt es auch jede Menge Spott und Satiremeldungen, die sich über das Gerücht lustig machen. Entkräften lässt sich zumindest die Behauptung, die Hauptstadt sei abgeriegelt. Belastbare Informationen für die Theorie gibt es derzeit keine, ebenso wenig wie Dementierungen irgendwelcher Art. Flüge von und nach Peking gibt es, wenn auch in verminderter Zahl.

Bisher belegen die Meldungen vor allem zweierlei: die Macht und Hartnäckigkeit von Gerüchten auf Social Media und die opake Struktur der Kommunistischen Partei Chinas. (Philipp Mattheis, 25.9.2022)