Lola Créton in "Die schwarzen Schmetterlinge".

Foto: Nicolas Roucou

Der Anruf kommt gerade zur rechten Zeit. Just als sich Adrien, ein ins Schleudern geratener Schriftsteller, mit einer Schreibblockade herumplagt, ereilt ihn ein verlockendes Angebot: Ein Leser, der alte Albert, will ihn engagieren, um seine Lebensgeschichte aufzuschreiben. Das begonnene Gespräch entwickelt sich rasch zu einer Beichte. Albert gesteht, dass er und Solange, die Liebe seines Lebens, einst aus Notwehr ein Verbrechen begangen haben. Was beim ersten Mal allerdings als Unfall durchgehen mochte, wurde bald zur Berechnung. Eine luststeigernde Blutspur zieht sich fortan durch ihr Leben.

Die französische Krimiserie Die schwarzen Schmetterlinge, zur Gänze in der Arte-Mediathek abrufbar, spinnt einen beim Zusehen genauso ein wie der alte Albert seinen Zuhörer, der sich wie wir nicht sicher sein kann, wo die Realität aufhört und die Fiktion beginnt. Als wäre die bluttriefende Geschichte von Albert und Solange für die sechs einstündigen Episoden nicht genug, kommt auch noch ein ermittelnder Kriminalist ins Spiel, und natürlich hat auch Schriftsteller Adrien mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen.

Das ist mehr als genug Stoff, um in visueller Hinsicht alle Register zu ziehen. Während das Heute im Dunkel eines Neo-Noir erscheint, huldigt der Rückblick auf die mörderische Vergangenheit ganz dem unwiderstehlichen Retro-Chic der 1970er-Jahre. Die Vorliebe der Macher für italienische Giallo-Thriller ist hier offensichtlich. Ein formidables Ensemble, darunter der große Niels Arestrup als alter Albert und Axel Granberger als seine ungestüme jüngere Ausgabe, tut ein Übriges, dass man sich dem Sog der blutigen Ereignisse nur ungern entzieht. (Karl Gedlicka, 26.9.2022)