Foto: screenshot, tvthek.orf.at
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"Ich bin kein Wunderwuzzi": Mit dieser recht vernünftigen Selbsteinschätzung erklärt Hofburg-Kandidat Walter Rosenkranz Montagabend in der "ZiB 2", wie er mit der Regierung umgehen will, sollte er zum Bundespräsidenten gewählt werden. Der Van-der-Bellen-Herausforderer hat laut Umfragen die größten Chancen, in eine Stichwahl gegen den amtierenden Präsidenten zu kommen.

Im Wahlkampf wirbt er ja immer wieder damit, die Regierung zu entlassen. Bei Martin Thür in der "ZiB 2" sagt er, wie er das anstellen würde. Nicht nach Bauchgefühl ("um Gottes willen"), sondern gemeinsam mit Experten und Expertinnen.

Und er traut sich hier auch hellseherische Fähigkeiten zu, er will nämlich Entscheidungen treffen auf der Basis, "wie die Zukunft gemanagt wird". Zu Recht fordert Thür da Konkreteres ein. Als Beispiel muss hier Bildungsminister Martin Polaschek und dessen Problem mit dem Lehrermangel dran glauben. "Ich brauche keine Regierungsmitglieder, die Utopisten sind oder Träumer."

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Später geht es noch um den Willen des Volkes, Rosenkranz hat da "so meine Zweifel", ob der beachtet wird. Nämlich dann, wenn er "mit Menschen auf der Straße" und mit den Menschen bei seinen Veranstaltungen spricht. "Hier hat sich die Regierung von den Menschen zu sehr entfernt."

Die Sanktionen gegen Russland sieht er als einen Verstoß gegen die Neutralität. Rosenkranz ist nicht nur ein Fan des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán, er nennt auch den Antisemiten und Burschenschafter Julius Sylvester als sein Vorbild. Und hier schafft Rosenkranz das Kunststück, den Menschen nicht in seiner Gesamtheit zu sehen, sondern dessen antisemitisches Weltbild auszuklammern. Es gebe so viele Parallelen und Eigenschaften, die ihm sehr nahegehen würden, "bis auf den Antisemitismus".

Van der Bellens Cameo-Auftritt

Dass Menschen bei Corona-Demos die Ausgrenzung von Ungeimpften mit der Verfolgung von Juden im Nationalsozialismus vergleichen, nennt Rosenkranz einen "eindeutig überzogenen Vergleich, es würde sogar die Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlosen".

Auf die Fragen, auf wie viele Prozent er bei der Wahl kommen will, gibt er keine Antwort, nur so viel: "Es gibt mehrere Bewerber, die in unterschiedlichen Intensitäten dieselbe Wählerklientel betreuen." Am Ende schießt er noch gegen Van der Bellen und dessen Nichtteilnahme an der Diskussion aller Kandidaten: "Mir kommt es vor wie eine Flucht, wenn er sagt, es würde die Würde des Amtes beschädigen." Der Bundespräsident solle "kein Würdenträger sein wie in einer katholischen Kirche".

Für einen lustigen Cameo-Auftritt sorgte Van der Bellen übrigens im "ZiB 2"-Beitrag vor dem Interview. Just in dem Moment, in dem Rosenkranz von einer Frau gelobt wird ("gutes Sprachrohr für die Menschen"), marschiert Van der Bellen mit seinem Hund an der Kamera vorbei. Das ist mal gutes Timing, wenn auch zufällig. (Astrid Ebenführer, 27.9.2022)