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Große Unterstützer der Corona-Maßnahmen waren die Freiheitlichen noch nie. Doch einige hochrangige Parteimitglieder sollen die Covid-Regeln nicht nur politisch bekämpft, sondern auf mutmaßlich kriminelle Art gebrochen haben. Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien hat jedenfalls Ermittlungen rund um gefälschte Testzertifikate eingeleitet, wie Recherchen von STANDARD und "Die Presse" zeigen. Betroffen ist unter anderen Christian Hafenecker, Fraktionsführer der FPÖ im U-Ausschuss, wie die StA Wien bestätigte.

Er soll sich gefälschte Testzertifikate besorgt haben, hieß es. Offenbar wurden die Ermittlungen durch einen Zufallsfund auf dem Smartphone des einstigen FPÖ-Abgeordneten und Referenten Hans-Jörg Jenewein ausgelöst. Vorgeworfen wird Hafenecker das Delikt der Datenfälschung, das einen Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe hat. Es gilt die Unschuldsvermutung. Am Dienstagvormittag fand deshalb auch eine Hausdurchsuchung bei einem Mitarbeiter von Hafenecker statt.

Auf Anfrage sagt Hafenecker, er habe für den Tag, um den es geht, einen PCR-Test von Lead Horizon, den er auch jederzeit vorlegen könne. Für ihn handle es sich bei der Aktion um "politische Ermittlungen", die sich gegen blaue Politik und deren Tätigkeit im U-Ausschuss richten. Er habe keine Akteneinsicht und wisse nichts davon, Beschuldigter zu sein. "Es ist mittlerweile die zweite Hausdurchsuchung bei einem Mitarbeiter unseres U-Ausschuss-Teams", sagt Hafenecker; die Soko Fama wolle "nachsehen, was wir wissen".

Covid-Cluster im Parlament

Hafenecker war rund um einen Corona-Cluster im Ibiza-U-Ausschuss aufgefallen. Am Tag nach der letzten Sitzung des Ausschusses im Juli 2021 hatte er einen positiven Gurgeltest erhalten, in weiterer Folge erkrankten mehrere Abgeordnete und Referenten anderer Parteien. Hafenecker stritt stets ab, den Cluster ausgelöst zu haben; die ÖVP nannte sein Vorgehen damals "skandalös", weil er aus ihrer Sicht zu spät andere Parteien informiert hatte.

Sowohl das Fälschen von Covid-Zertifikaten als auch die bewusste Verwendung derartiger Dokumente ist strafbar. Die Polizei hatte im Herbst 2021, als die sogenannte 3G-Regelung galt, zu einer "Aktion scharf" gegen Zertifikatsfälscher aufgerufen. Damals durfte beispielsweise nur im Gasthaus speisen oder verreisen, wer geimpft, genesen oder getestet war.

Vorhabensbericht

Die Staatsanwaltschaft Wien soll dem Vernehmen nach bereits einen Vorhabensbericht an Oberstaatsanwaltschaft Wien und Justizministerium übermittelt haben, in dem sie argumentiert, dass die Ermittlungen Hafeneckers politische Immunität nicht berühren. Die vorgeworfene Datenfälschung habe nichts mit seiner Tätigkeit als Nationalratsabgeordneter zu tun, daher sei keine Aufhebung der Immunität nötig – und es kann ermittelt werden. Diese Rechtsansicht soll das Ministerium teilen. (Fabian Schmid, 27.9.2022)