Von der Studenten-WG bis zum Zweitwohnsitz: Bei der Übersiedlung in eine neue Immobilie stellt sich meist auch die Frage, wie diese eingerichtet werden soll. Zwar nutzen viele Menschen für diese Planung nach wie vor eine Mischung aus kariertem Papier, Bleistift und Radiergummi – aber wir leben ja im 21. Jahrhundert, daher sollte es auch passende digitale Tools geben.

Sucht man die diversen Stores ab und plagt sich durch eine Google-Suche, so finden sich auch diverse Programme, die das Planen der eigenen Wohnung auf dem PC, Tablet und Smartphone ermöglichen und die jeweiligen Daten teils auch über die Cloud synchronisieren, sodass immer auf jenem Gerät gearbeitet werden kann, das gerade zur Verfügung steht. Das Problem dabei: Die meisten dieser Programme sind kostenpflichtig, oft in Form von Abo-Modellen, und bei einer Suche im Web hat der STANDARD kein Tool dieser Art gefunden, das ohne Account-Zwang auskommt.

Sweet Home 3D: Offen, klein und gratis

Eine Ausnahme ist hier Sweet Home 3D – eine inzwischen 15 Jahre alte Software, die weitgehend kostenlos ist und als Ein-Mann-Projekt von dem Franzosen Emmanuel Puybaret entwickelt wurde. Sweet Home 3D ist für Mac, Linux, Solaris und Windows verfügbar und nimmt je nach Betriebssystem nur 70 bis 80 MB Speicherplatz ein.

Die Open-Source-Software kann in ihrer Grundversion kostenlos auf der Website heruntergeladen werden. Eine kostenpflichtige, 252 MB große Version ist für 14,99 Euro im Windows Store erhältlich. Für das Geld bekommt man weitere Inhalte: So kommt die Gratisversion mit 100 Möbelstücken und 26 Texturen daher, während es bei der kostenpflichtigen Version 1.500 Möbelstücke und 418 Texturen gibt. Vorab sei hier gesagt, dass man sich das Investment sparen kann – aber mehr dazu später.

Vom weißen Blatt zur neuen Wohnung

Öffnet man Sweet Home 3D zum ersten Mal, so wird man von vier Fenstern begrüßt. Das wichtigste davon ist jenes rechts oben, welches den Wohnungsplan zeigt – hier findet sich am Anfang bloß leeres Millimeterpapier. Links oben findet sich eine Bibliothek aus Möbelstücken. Werden diese der Wohnung hinzugefügt, so werden ihre Attribute – Breite, Tiefe, Höhe – im Fenster links unten aufgelistet. Im vierten Fenster, rechts unten, wird schließlich ein Blick aus der Ich-Perspektive für einen virtuellen Rundgang angezeigt: ein Feature, das man bei der eingangs erwähnten Karopapier-und-Bleistift-Methode vergeblich sucht.

Die Startansicht von Sweet Home 3D: Noch ist hier nicht viel zu sehen.
Foto: Screenshot

Verwirrt? Keine Sorge: Wer das Programm in der Praxis selbst verwendet, findet sich recht rasch zurecht. In unserem Beispiel zeichnen wir daher auf dem virtuellen Millimeterpapier eine Beispielwohnung ein. Dazu verwenden wir diverse Tools auf der Leiste über den Fenstern, um Räume zu definieren und diese mit Wänden zu umranden. In eigenen Tutorial-Boxen erklärt die Software, wie man im Detail vorgehen muss.

In der Praxis schadet es freilich nicht, einen Plan der Wohnung zu haben – ansonsten muss zumindest einmal vor Ort mit Zollstock ausgerückt werden, um die Maße der Räume zu notieren und in der Software zu digitalisieren.

Der Plan der Wohnung wird sofort in ein 3D-Modell umgewandelt.
Foto: Screenshot

Möbel platzieren ...

Nun haben wir also schon einen Grundriss unserer Wohnung digitalisiert und sehen somit eine Vorschau im Fenster rechts unten – es fehlt aber freilich an Türen, Fenstern und diversen Möbelstücken.

Nun kommen also die Ordner zum Einsatz, die sich im Fenster links oben finden. Denn hier finden wir in der Gratisversion die besagten 100 Möbelstücke, Fenster und Türen, die wir in der Wohnung platzieren können.

Dabei können durch einen Doppelklick auf die Objekte deren Attribute verändert werden. Weiß man also, dass der Esstisch eine bestimmte Breite, Tiefe und Höhe hat, so kann dies hier festgehalten werden, damit das Möbelstück in der virtuellen Wohnung auch so groß ist wie später in der realen Situation vor Ort.

Die Möbel lassen sich mit wenigen Klicks platzieren und verschieben.
Foto: Screenshot

Das Ganze fühlt sich ein wenig so an, als würde man eine recht rudimentäre Version von "Die Sims" spielen – mit dem Unterschied, dass diese Wohnung später nicht von virtuellen, sondern realen Menschen bewohnt wird.

... und herunterladen

Was aber, wenn die hundert kostenlosen Möbelstücke nicht ausreichen? Wenn man etwa ein besonderes Design-Möbelstück hat, das sich nicht in der bestehenden Datenbank findet? Dann kann man sich darüber freuen, dass es diese Software schon länger gibt und sich eine entsprechende Community darum gebildet hat. Und diese hat in 3D-Programmen Möbelstücke entworfen, die man aus dem Web herunterladen und anschließend in das Programm importieren kann. Einen Überblick dazu gibt es unter diesem Link.

Auch hier können beim Importieren die Attribute für die diversen Möbelstücke eingegeben werden. Was Sinn macht – denn immerhin ist es unwahrscheinlich, dass der Schrank aus dem Internet die gleichen Maße hat wie das eigene Tischlerei-Unikat.

Virtuelle Rundgänge

Wozu aber überhaupt das Ganze? Nun, erstens lässt sich mit der Software bestens planen, ob sich gerade in kleinen Räumen die verschiedenen Möbelstücke nebeneinander ausgehen – das weiß man besser vorher, bevor man schwere Gegenstände zwischen den Zimmern hin und her verschiebt.

Außerdem ist es aber auch möglich, die Wohnung virtuell zu begehen. Dazu wird eine virtuelle Figur auf dem Wohnungsplan platziert, anschließend kann die Kamera mit Maus und Cursortasten durch die Wohnung bewegt werden. So kann man sich schon in etwa vorstellen, wie sich ein Rundgang durch das neue Zuhause später in der Realität anfühlen wird. Auf Wunsch lassen sich diese Eindrücke auch als Bilder oder Videos exportieren, um sie Freunden und Verwandten zu schicken.

Home sweet home.
Foto: Screenshot

Fazit: Gratis, gut – aber nicht das echte Leben

Kann für Sweet Home 3D also eine Empfehlung ausgesprochen werden? Ja, definitiv. In erster Linie natürlich, weil man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaut. Und auch weil man sich mit dieser Software viel Planerei vor Ort beziehungsweise viel Radiererei auf kariertem Papier erspart. Einen realen Rundgang kann das Programm natürlich nicht ersetzen, man will ja auch den Boden spüren, die Sonneneinstrahlung sehen, die Geräusche hören – aber das versteht sich ohnehin von selbst. (Stefan Mey, 28.9.2022)