Der helle Körper im Vordergrund ist der Asteroid Didymos. Im Hintergrund ist sein kleinerer Begleiter zu sehen, von dem nach dem Einschlag Impaktmaterial in den Raum austritt.
Foto: ASI / NASA

"Das sieht für mich so aus, als würden wir gerade darauf zusteuern", hieß es im Kontrollzentrum der US-Weltraumagentur Nasa, als sich abzeichnete, dass die Richtung der Dart-Sonde stimmte. Das war keine Selbstverständlichkeit, musste die Sonde doch aufgrund der großen Entfernung von elf Millionen Kilometern eigenständig ihren Kurs anpassen. Kurz darauf tauchten detaillierte Aufnahmen der Asteroidenoberfläche auf den Schirmen auf und die Sensation war perfekt: Die erste Weltraummission zur Beeinflussung der Bahn eines Himmelskörpers hat ihre wichtigste Hürde gemeistert.

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DER STANDARD

Für die etwa 700 Kilogramm schwere Dart-Sonde ist damit die Mission erfüllt. Sie wurde bei dem Einschlag auf dem Asteroiden Dimorphos zerstört. Zuvor setzte sie aber einen kleinen Satelliten ab, der das Geschehen aus sicherem Abstand verfolgen sollte. Der kleine Beobachter ist nur etwa so groß wie ein Fußball, hört auf den Namen LICIACube und ist die erste rein italienische Raumsonde im offenen Weltraum.

Die Bilder, die vom LICIACube-Satelliten aufgenommen wurden. Dart hat ihn vor der Kollision abgekoppelt, um das Geschehen von außen zu dokumentieren und Bilder davon zur Erde zu schicken.

Die Miniatursonde, die eine Farb- und eine Schwarz-Weiß-Kamera enthält, besteht aus sechs miteinander verbundenen sogenannten CubeSats. Dabei handelt es sich um ein Konzept, das ursprünglich 1999 als Standard für niederschwellige Forschungsprojekte im erdnahen Weltraum entwickelt wurde. LICIACube flog Schätzungen zufolge etwa zwei Minuten nach dem Impakt an dem Asteroiden Dimorphos und seinem größeren Begleiter Didymos vorbei. Die von ihr gesammelten Daten sollen im Lauf von Wochen nach und nach direkt zur Erde übermittelt werden, die ersten Bilder sind nun eingetroffen.

Sie zeigen eindrücklich die Folgen des Einschlags mit etwa 22.500 Kilometern pro Stunde auf dem 165 Meter durchmessenden Brocken: Riesige Fontänen mit Asteroidenmaterial reichen weit ins All hinaus. Ihre Analyse wird in den kommenden Wochen mehr über die Zusammensetzung des Himmelskörpers verraten.

Aufnahmen mit Teleskopen

Auch mit erdgebundenen Systemen wie dem Makes-Observatorium auf La Reunion, einer Insel im indischen Ozean, gelangen Aufnahmen des Einschlags, der nur auf einem kleinen Teil der Erde zwischen dem Süden und Osten Afrikas einerseits und der Arabischen Halbinsel und dem Indischen Ozean andererseits zu sehen war. Sie zeigen, wie sich die Helligkeit bereits in den ersten Sekunden nach dem Einschlag merkbar erhöht, bevor nach etwa einer Minute eine Wolke von ausgestoßenem Material sichtbar wird.

"Es war ein emotionaler Moment für uns, als diese Bilder hereinkamen", sagt Marco Micheli, Astronom beim Zentrum zur Berechnung von Asteroiden- und Kometenorbits NEOCC der ESA, von wo aus die Erdbeobachtungen koordiniert wurden. So etwas sei nie zuvor gemacht worden, und man habe nicht gewusst, was man erwarten solle.

Die Aufnahmen des Makes-Observatoriums auf La Reunion zeigen deutlich die Staubwolke des Impakts. Das Video ist eine Zeitrafferaufnahme einer Zeitspanne von etwa einer halben Stunde.

Ob und wie stark sich die Bahn des getroffenen Asteroiden verändern ließ, werden Beobachtungen mit erdgebundenen Teleskopen in den nächsten Tagen oder Wochen zeigen. Genauere Informationen über die Folgen des Impakts wird dann die Esa-Mission Hera liefern, die Dimorphos 2026 besuchen soll. Der Start ist für 2024 geplant.

Vorbild Popkultur

Dart ist das erste Beispiel einer Mission, die eine technische Lösung für eine mögliche globale Bedrohung der Erde durch einen Meteoriteneinschlag erforscht. Solche Missionen sind ein beliebtes Thema der Science-Fiction, etwa im Blockbuster "Armageddon", aber auch in der realistischer gehaltenen Wissenschaftssatire "Don't look up".

Auch Stephen Spielberg plante in den 80er-Jahren eine derartige Geschichte, die dann aber schließlich von Lucas Arts als Point and Click Adventure umgesetzt wurde. Bei dem Spiel, das "The Dig" heißt, führt die erfolgreiche Mission übrigens zu einem Erstkontakt mit einer außerirdischen Lebensform.

Eine solche wäre wohl eher bei interstellaren Asteroiden wie dem aus den Weiten des All stammenden Oumuamua zu erwarten, dessen ungewöhnliche Eigenschaften nach wie vor Gegenstand von Forschungen sind, auch wenn sich Hinweise auf außerirdisches Tun nicht zu verdichten scheinen. Dank Darts hat die Menschheit nun wertvolle Erfahrungen für künftige Reisen zu Asteroiden gesammelt – sei es zu deren Studium oder zu deren Abwehr. (Reinhard Kleindl, 28.9.2022)