Foto: Samsung Österreich

Superscharfe Bilder, nie dagewesene Details und ein immersives Filmerlebnis wie nie zuvor: Alle paar Jahre verspricht die Industrie die Revolution des Patschenkinos. Anfang der 2000er war es Full-HD, von Mitte bis Ende der 2010er-Jahre 4K, und nun befinden wir uns in einem neuen Zyklus. 8K ist also die Auflösung der noch frühen 2020er-Jahre. Die Frage ist aber: Wozu braucht man das? DER STANDARD sucht nach Anwendungsfällen, warum 8K vielleicht gar nicht so unnötig ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Kurz zur Begriffserklärung: Während 4K-Fernseher mit 3.840 x 2.160 Pixel auflösen, stellen 8K-TVs 7.680 x 4.320 Pixel bereit – also das Vierfache.

Zuerst zum Offensichtlichen: Natürlich ist das Bild am 8K-Heim-TV schärfer als auf einem 4K-Bildschirm, der Unterschied wird den meisten Nutzerinnen und Nutzern im Alltag aber aufgrund der in Wohnzimmern üblichen größeren Distanz vom Augenpaar zum Fernseher oft gar nicht auffallen. Interessanterweise werden viele Filme und Serien bereits in 8K aufgenommen, aber höchst selten in dieser Auflösung ausgeliefert – was die angebliche Flaute an Inhalten doch einigermaßen paradox erscheinen lässt.

Vorteile für die Medizin

Endoskope in höherer Auflösung machen es möglich, auf größeren Bildschirmen genauer zu arbeiten, das macht Eingriffe auch weniger invasiv. Durch die höhere Pixelanzahl lassen sich Verfärbungen genauer abgrenzen und so etwa krankes von gesundem Gewebe besser unterscheiden. Einer der Pioniere in diesem Bereich ist der japanische Chirurg Toshio Chiba. Chiba ist vor allem auf pränatale Chirurgie spezialisiert – das heißt, er operiert Föten, während diese sich noch im Uterus der Mutter befinden, etwa im Fall von Fehlbildungen. Mitte der 2000er bemerkte er, dass herkömmliche 2K-Endoskope nicht mehr ausreichen, und entwickelte daher das weltweit erste 8K-Endoskop, das 2017 auf den Markt kam. Dank der 8K-Auflösung sei es möglich, kleinste Blutgefäße zu sehen, die mit freiem Auge nicht erkennbar wären. "Im Vergleich zu herkömmlichen Endoskopen bildet 8K die Realität viel besser ab. Hat man das einmal erlebt, kann man nicht zur alten Bildqualität zurückkehren", sagt Chiba gegenüber "Kizuna", einer Newsplattform der japanischen Regierung. Durch die Kombination mit hochauflösenden 8K-Bildschirmen können mehrere Mediziner und Assistenten gleichzeitig schwierige Operationen verfolgen – was manche Eingriffe überhaupt erst möglich macht, ist Chiba überzeugt.

Von Operationen einmal abgesehen, wird 8K auch bei der immer wichtiger werdenden Telemedizin eine Rolle spielen. "Hochauflösende Kameras und Displays können einen gewaltigen Unterschied machen, besonders wenn sie farbgenau sind", erklärt Chris Chinook von der 8K-Association, einem Branchenverein, in einem online verfügbaren Vortrag. Das Problem bislang: Noch fehlt das Bewusstsein für die Möglichkeiten von 8K.

8K-Demovideo von Samsung.
Samsung

Sportevents waren immer Vorreiter

Große Sportevents wie die Fußball-WM oder -EM sowie die Olympischen Spiele waren immer schon Early Adopter, was höhere Auflösungen betrifft, das war bei Full-HD und 4K schon so. Mit 8K wird es laut Chinook erstmals möglich sein, ein Fußballfeld in seiner Gänze mit nur einer Kamera einzufangen, ohne dass die Details in einem Pixelbrei verschwinden. Das macht es möglich, direkt in die spannenden Spielszenen hineinzuzoomen oder per Software Spielszenen im Detail auszuschneiden, die dann immer noch eine Auflösung von 4K oder 2K aufweisen. Damit könne man unterschiedliche Kamerapositionen einsparen oder deren Zahl deutlich reduzieren.

Sicherheitsbranche bekommt endlich ihr CSI-Tool

Auch wenn es natürlich ein umstrittenes Thema ist, aber die Sicherheitsbranche könnte ebenfalls massiv von 8K profitieren. Die höhere Auflösung macht auch die Identifizierung von Bedrohungen leichter. Außerdem wird es möglich, sinnvoll in die Bilder hineinzuzoomen, um etwa Gesichter zu erkennen – etwas, was Serien wie "CSI" schon seit Jahrzehnten, freilich ohne technische Grundlage, vorgaukeln.

"Cyberpunk 2077" in 8K mit Raytracing.
DubStepZz

Vorteile für die Industrie

Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf Fernwartung ihrer Anlagen – vor allem, wenn sie schwer erreichbar, weit verstreut oder in unwegsamem Gelände liegen, wie etwa Pipelines oder Windräder. Viele dieser Anlagen werden in Zukunft wohl neben fix montierten Kameras auch mit Drohnen überwacht werden. Die 8K-Auflösung ermöglicht es hier, Schäden an Anlagen oder Störungen bereits frühzeitig zu erkennen, so Chinook. Herausfordernd bleibt hier aber die Übertragung des hoch aufgelösten Bildes von abgelegenen Landstrichen zum Empfänger.

Realistische Umgebung

Simulationen von Flieger bis Frachtschiff oder Virtual-Reality-Umgebungen haben eines gemeinsam: Damit sie wirklich immersiv sind, muss das Bild hochauflösend sein. Selbst Mid-Range-Smartphones machen mittlerweile Aufnahmen in 8K möglich. Auch im Gaming ist 8K wohl schon bald keine Zukunftsmusik mehr. Dank Technologien wie "Deep Learning Super Sampling" können Inhalte mit ansehnlichen Ergebnissen auf höhere Auflösungen hochgerechnet werden – der KI sei Dank.

8K-Video-Demo von LG.
Dendy Surjat

Inhalte, Kosten, Verteilung: Die Probleme

Die schlechte Nachricht: Mit klassischen Technologien wie TV-Satellitenübertragung und deren Datentransferleistung von 80 Mbps sind 8K-Inhalte wohl kaum möglich, erklärt der Branchenvertreter. Satellitenservices wie Starlink könnten diese Gleichung aber sehr wohl ändern, so der Executive Director der 8K Association. Auch terrestrische DVB-Signale seien noch kaum für die Übertragung von 8K-Inhalten geeignet. Mit dem schnellen Vormarsch von Streaming-Angeboten spiele das Problem in Zukunft aber wahrscheinlich ohnehin eine geringere Rolle. 5G mit seinen schwankenden Bandbreiten sei ebenfalls nur bedingt geeignet, mit dem Ausbau von Gigabit-fähigen Anschlüssen sei die Verbreitung von 8K-Inhalten aber deutlich wahrscheinlicher, so Chinook. Natürlich brauchen 8K-Inhalte auch passende Codecs. Vertreter wie VVC, EVC, AV2 und AVS4 seien aber aus Sicht des Vertreter der 8K-Industrie zukunftsfähig.

"Ich komme aus einer Zeit, da waren Bildschirme noch schwarz und grün. Die Diskussion um Inhalte hat bei 4K gestimmt, sie gab es aber schon beim Wechsel von VGA auf SVGA (also 800 x 600 Pixel Auflösung, Anm.) Mitte der 90er-Jahre", sagt Bob Raikes von der 8K Association bei einem Gespräch mit Medienvertretern, darunter auch DER STANDARD. Auch der Punkt der Kosten für 8K sei, zumindest, was LCD-Panels betrifft, nicht gravierend: Denn laut Rakes kostet ein LCD-Display in 4K in der Produktion beinahe genauso viel wie ein 8K-Bildschirm.

Die Brancheninsider sehen die Zeit also reif für 8K, ebenso wie die Hersteller. Erst im Lauf der Woche erschienen die ersten sehr positiven Testberichte zum größten OLED-8K-Fernseher der Welt, dem LG OLED 88Z9. Die Frage bei einem derartigen Gerät um knapp 30.000 Dollar und der Technologie in ihrer Gesamtheit bleibt: Will das auch der Konsument? Bei Amazon ist man ebenfalls davon überzeugt: Prime Video ist mit Jahresbeginn ebenfalls der 8K Association beigetreten. (Peter Zellinger, 2.10.2022)