Von der Linzer Landstraße dürfen Radfahrende ab 1. Oktober bei Rot rechts in die Bürgerstraße einbiegen.

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Beschlossen wurde die 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung, unter gehörigem öffentlichen Interesse und begleitet von der einen oder anderen politischen Streiterei, bereits im Juli. Am Samstag tritt sie in Kraft. Und damit auch eine der wichtigsten Neuerungen: das Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrende.

Dies ist nicht generell möglich, sondern nur, wenn eine Zusatztafel mit grünem Pfeil an der Kreuzung angebracht ist. Eine solche wurde am Freitagvormittag in Linz an der Kreuzung Landstraße/Bürgerstraße montiert. Um die 20 Linzer Kreuzungen sollen demnächst folgen, kündigte Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP) an.

Konkret ins Auge gefasst wurden die Kreuzungen Mozartstraße/Fadingerstraße und Goethestraße/Schubertstraße. Die zuständige Abteilung beim Magistrat erarbeite derzeit eine Prioritätenliste. Festlegungen sollen dann im Einvernehmen mit der Polizei erfolgen. "Und zu den derzeit im Fokus befindlichen 20 Kreuzungen könnten noch weitere hinzukommen, sobald das aktuelle Monitoring durch die Expertinnen und Experten der städtischen Mobilitätsplanung abgeschlossen ist", skizzierte Hajart den weiteren Fahrplan.

Es werde zudem analysiert, ob die betreffenden Kreuzungen auch für das Geradeausfahren bei Rot, das laut StVO künftig ebenfalls zulässig sein kann, infrage kommen. Auch dafür muss eine spezielle Tafel mit grünem Pfeil angebracht werden, die Radfahrern anzeigt, dass Geradeausfahren bei Rot hier möglich ist.

Freigabe von Wiener Kreuzungen im Oktober

Die Stadt Wien gab am Freitag bekannt, bei der Behörde für zehn Kreuzungen das Verfahren zum Rechtsabbiegen bei Rot gestartet zu haben. Noch im Oktober sollen die entsprechenden Verordnungen verabschiedet und die Taferln aufgestellt werden, teilte Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) in einer Aussendung mit.

Ausgewählt worden seien Kreuzungen, wo vor und nach dem Abbiegen Radwege vorhanden seien, hieß es. Darunter sind unter anderem die Kreuzung Franz-Josefs-Kai/Salztorbrücke, Nordbahnstraße/Am Tabor und Hollandstraße/Obere Donaustraße. (Die komplette Liste finden Sie am Ende des Artikels.) "Wir wollen diese neue Möglichkeit an möglichst vielen Stellen in Wien schaffen", wird Sima zitiert.

Welche Stellen dies sein können, steht zum Teil schon fest. In einer mit dem Verkehrsministerium vereinbarten Vorher-Nachher-Studie wird das Abbiegen bei Rot künftig an acht weiteren Wiener Kreuzungen ermöglicht. Dies könne allerdings erst geschehen, sobald die Vorher-Untersuchung des Bundes dazu stattgefunden habe, sagt Markus Raab, Leiter der Wiener Straßenverkehrsbehörde.

Bezirke dürfen Vorschläge machen

Warum die behördlichen Verfahren für die zehn von der Stadt ausgewählten Standorte nicht vorab abgewickelt wurden, erklärt eine Sprecherin von Stadträtin Sima im Gespräch mit dem STANDARD so: "Nur weil eine Novelle mit 1. Oktober in Kraft tritt, heißt das nicht, dass dann schon überall Schilder stehen müssen." Die Stadt sei bemüht, rasch die ersten Kreuzungen freizugeben, und prüfe laufend weitere.

Vorschläge können übrigens auch die Bezirke bei der Behörde einmelden. Die ersten haben das laut Simas Büro auch schon gemacht.

In den anderen Landeshauptstädten bzw. Bundesländern sind die Pläne für das Abbiegen bei Rot für Radfahrende noch wenig konkret. Burgenland und Vorarlberg prüfen mehrere Standorte, in der Stadt Salzburg sind zwei potenziell geeignete Kreuzungen im Gespräch. Tirol will sich erst nach Inkrafttreten der Novelle mit dem Thema befassen, in der Steiermark und in Niederösterreich wird noch auf eine konkrete Richtlinie zur Umsetzung gewartet. Skeptisch ist Kärnten: Dort will man die Erfahrungen aus anderen Bundesländern abwarten, bevor man das Abbiegen bei Rot ermögliche.

Hineinrag-Verbot, Schulstraßen, Mindestabstand

Abgesehen vom Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrende tritt mit 1. Oktober eine ganze Reihe weiterer Regeln in Kraft – sie sollen allen voran Radfahrerinnen und Fußgängern mehr Rechte bringen. Radfahrende dürfen in Tempo-30-Zonen künftig nebeneinander fahren, neben einem Kind unter zwölf ist es überall möglich. Die Novelle definiert darüber hinaus erstmals den Mindestsicherheitsabstand beim Überholen von Radfahrern: Außerhalb des Ortsgebiets muss er ab 1. Oktober mindestens zwei Meter betragen, innerorts 1,5 Meter.

Weiters im Gesetz enthalten ist ein Verbot des Hineinragens von parkenden Fahrzeugen in Rad- oder Fußgängerwege. Vor Schulen können temporär Fahrverbote verhängt werden. Dazu sieht die Verordnung ein weitgehendes Verbot des Vorbeifahrens an in der Haltestelle stehenden Straßenbahnen vor. Rechts darf man nur noch vorbei, wenn die Türen bereits geschlossen sind, und auch das bloß im Schritttempo. Bei Ampeln wurden längere Grünphasen verankert.

Grüner fordert Kontrollen

Abgeordneter Lukas Hammer, der die StVO-Novelle für die Grünen im Parlament verhandelt hat, sieht diese als wichtigen Schritt: "Wir haben damit mehr Möglichkeiten geschaffen, Radfahren und Gehen sicherer und bequemer zu machen." Kritik an den neuen Vorschriften, wonach manche davon zu kompliziert seien, hält er entgegen, dass ein autozentriertes Gesetzeswerk der Ausgangspunkt gewesen sei. "Ich habe das Gefühl, es wird nicht gesehen, von wo wir gestartet sind."

Manche Regeln, etwa jene zum Nebeneinanderfahren, hätte auch er gerne einfacher gehabt, räumt Hammer ein. Dies ist auf Fahrbahnen nun erlaubt – allerdings nur, wenn die Höchstgeschwindigkeit maximal 30 km/h beträgt, es sich um keine eine Vorrang- oder Schienenstraße handelt und nicht gegen eine Einbahn geradelt wird. Fährt man neben einem Kind, ist die Lage wieder anders. "Das ist das Ergebnis von politischen Verhandlungen", sagt der grüne Mobilitätssprecher.

Wichtig sei, die neuen Regeln zu kommunizieren und die Einhaltung zu überprüfen. Hammer sieht, insbesondere was den neuen Überholabstand und das Verbot des Hineinragens von geparkten Fahrzeugen auf Geh- oder Radwege angeht, die Polizei gefordert. "Ich erwarte mir von den Behörden, dass sie in der Anfangszeit kontrollieren." (Stefanie Rachbauer, 30.9.2022)