Zahlreiche Frauen kleideten sich für Bewerbungsgespräche und Jobs neu ein.
Foto: Regine Hendrich

Susanne, die eigentlich anders heißt aber ihren Namen nicht öffentlich machen will, sucht nach einer neuen Hose. Vor ihr ein langer Holztisch, Jeans über Stoffhosen und Leggings stapeln sich. Sie fängt in einigen Tagen ein neues Praktikum nach ihrer Arbeitslosigkeit an, doch was ihr fehlt sind passende Jeans. In der Hand hält sie nun drei Stück, sie muss sie nur noch anprobieren gehen. Susanne ist eine von hunderten Frauen, die sich bei der Aktion Business-Kleidermarkt im Volkskundemuseum in Wien ein neues Job-Outfit suchen.

In einem Saal des Museums hängen Taschen auf den Wänden, Schmuck auf einer Tafel, Schuhe stehen nebeneinander, wartend auf neue Besitzerinnen. Pullover, Jacken, aber vor allem zahlreiche Blazer, Blusen, Hemden und Anzüge reihen sich auf rollbaren Garderobenständern. Viele suchen konzentriert nach den richtigen Teilen, andere, wie Susanne, lassen sich ein bisschen von dem Angebot berieseln, schlendern langsam durch den Raum. Es ist quasi ein Pop-up-Kleidermarkt für den guten Zweck. Frauen, die neue Kleidung für die Arbeit brauchen, können sich an diesem 30. September und 1. Oktober ein paar Teile mitnehmen.

Arbeitskleidermarkt für den guten Zweck

Der Verein Arbeit Bildung Zukunft (ABZ) realisierte den Markt an zwei Tagen, um an Frauen, die wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen wollen, ein Bewerbungsgespräch vor sich haben oder bald ihren ersten Arbeitstag bei einer neuen Stelle antreten, neue Kleidung zu vergeben – für sie kostenlos.

Schuhe, Schmuck und Kleidung konnten Frauen sich nehmen.
Foto: Regine Hendrich

Ursprünglich kam die Idee von der Journalistin, Publizistin und sozialen Aktivistin Hannah Poppenwimmer, die bereits 2019 den ersten Business Kleidermarkt organisierte. Zusammen mit ABZ fand sie Privatspenderinnen, die Sakkos, Kleider und andere Bekleidungsstücke spendeten. Dieses Jahr nahmen Sponsoren wie das Bekleidungsgeschäft Jones, die ehemalige Opernballorganisatorin Desirée Treichl-Stürgkh, die Industriellenvereinigung oder die Wirtschaftskammer teil, die den Markt mit Kleiderspenden oder finanziellen Mitteln unterstützten. ABZ selbst beschäftigt 200 Mitarbeiterinnen und bietet Frauen Schulungen und Begleitungen auf ihrem zurück oder in den Arbeitsmarkt.

2019 fand bereits der erste Business-Kleidermarkt statt.
Foto: Regine Hendrich

Viele Teilnehmerinnen des ABZ kamen zu dem Kleidermarkt, wie etwa Vesna. Sie hat sich eine Jacke und ein Kleid gefunden, welche sie für zukünftige Jobgespräche mitnehmen will. Es sei mit drei Kindern und einer Mutter, die sie pflegen müsse, schon schwierig, überhaupt Zeit zu finden um Kleidung für ein Job-Interview zu besorgen. Sie entscheidet sich für eine gelbe Jacke, macht aber noch eine Runde zwischen den Regalen.

Vom Kleidermarkt zum Gleichstellungsball

Jenny, die mit einem Pullover und einem Hemd in der Hand durch den Kleidermarkt schlendert, will sich für ihre Umorientierung neu einkleiden. "Ich habe eigentlich Pädagogik studiert", sagt sie. "Jetzt will ich aber Lackiererin lernen." Eine andere Dame durchforstet die Garderobenständer nach einer passenden Bluse zu ihrem Rock. Eine Stilberaterin, die für den Kleidermarkt bereitsteht, hilft ihr bei der Auswahl.

Vesna fand sich an diesem Tag eine neue Jacke.
Foto: Regine Hendrich

Auch nächstes Jahr soll es den Markt wieder geben. Beim Eingang zum diesjährigen Kleidermarkt hängen auch pompöse Kleidungsstücke wie Ballkleider und Kostüme. Die Kundinnen sollen die Möglichkeit haben, sich auch für den kommenden Gleichstellungsball im April 2023 einzukleiden. Bevor sie aber wieder aus dem Saal gehen, schaut eine Organisatorin noch einmal in die Taschen. Denn nur maximal fünf Stück darf sich jede Frau mitnehmen – damit sich so viele wie möglich ein neues Outfit holen können. (Melanie Raidl, 1.10.2022)