Als Tesla im vergangenen Jahr seine Pläne zur Entwicklung eines humanoiden Roboter vorstellte, musste sich das Unternehmen in weiterer Folge viel Gespött gefallen lassen. Denn anstelle einer Maschine bekam das Publikum eine Darbietung eines verkleideten Tänzers zu sehen. Die Einlage im Stretch-Anzug bot Futter für viele Memes, insbesondere bezogen auf Elon Musks Neigung zu überzogenen Versprechen.

Das sollte heuer anders werden. Die Erwartungen waren durch die Spandex-Show des Vorjahres womöglich gedämpft, aber das Feedback fiel um einiges besser aus. Am Freitagabend Ortszeit im kalifornischen Palo Alto hatte Tesla tatsächlich einen echten Prototypen am Start. Der stapfte ohne Stütze über die Bühne und winkte. Getauft hatte man ihn auf den Namen "Optimus", eine Anspielung an "Optimus Prime" von den "Transformers", Roboter, die sich blitzschnell in Fahrzeuge verwandeln können.

Kostüm statt Tech: 2021 gab es statt eines Roboters eine Spandex-Tanzdarbietung zu sehen.
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"Ihr könnt mich feuern, wenn ich durchdrehe"

Musk freilich nutzte die Gelegenheit, um über Fortschritte bei der Entwicklung für Künstliche Intelligenz für autonome Autos zu sprechen, die auch bei der Umsetzung für humanoide Roboter eine Rolle spielten. Tesla könne außerdem einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung grundlegender KI leisten, die man dann für verschiedene Bereiche spezialisieren könne. Als börsennotiertes Unternehmen würde er als Chef dabei auch von der Öffentlichkeit in die Verantwortung gezogen. "Ihr könnt mich feuern, wenn ich durchdrehe", so Musk. "Vielleicht bin ich gar nicht verrückt."

Vom Versprechen eines fixen Datum für die Umsetzung vollständig autonom fahrender Autos sah er an diesem Abend ab. In der Vergangenheit hatte er mehrmals einen solchen Durchbruch für das nächste Jahr versprochen. Die eigentlich für 2017 angekündigte vollautonome Fahrt eines Teslas zwischen West- und Ostküste der USA hat bis heute nicht stattgefunden.

Heuer zeigte man einen echten Prototypen, der sich auf zwei Beinen ohne Stütze über die Bühne bewegte (ab Minute 17).
Tesla

Auto-Labeling beschleunigt Lernprozess

Milan Kovac, Leiter der Entwicklungsabteilung von Teslas "Autopilot"-Programm, betonte, dass es speziell die Fortschritte im Bereich des für Selbstfahrfunktionen so wichtigen "Computersehens". Hier habe man einen wichtigen Fortschritt erzielen können: Lernte man die Systeme bisher dadurch an, in dem man in Videos Dinge wie Passanten, Verkehrszeichen oder Straßengrenzen manuell einordnete und sie dann damit fütterte, sei die KI nun in der Lage, diese Kategorisierungen automatisch vorzunehmen. Somit könne man nun pro Tag eine halbe Million Clips verarbeiten, wobei am Ende immer noch menschliche Kontrolle erfolge.

Zum Training solcher Systeme nutzt Tesla einen eigenen Supercomputer namens "Dojo". Verkaufspläne gibt es hier nicht, man denkt allerdings darüber nach, Rechenkapazitäten als Dienstleistung anzubieten, beantwortete Musk eine Frage aus dem Publikum.

"Fundamentale Transformation der Zivilisation"

Andere Angestellten referierten über spezielle Aktuatoren und Akkus, die man nun entwickle, um den Energieverbrauch des Roboters zu senken. Musk selbst erklärte, das Ziel des "AI Day" sei es auch, Talente zum Unternehmen zu locken. Er gab sich überzeugt, dass der Roboter zukünftig "Millionen von Menschen" helfen könne, in "einer Zukunft des Überflusses, einer Zukunft in der es keine Armut gibt, wo Menschen alles bekommen können, was sie an Produkten und Services haben wollen."

Es stehe eine "fundamentale Transformation der Zivilisation wie wir sie kennen" bevor. Im letzten Jahr hatte Musk den Roboter auch als wichtiges Hilfsmittel für die künftige Herstellung von Fahrzeugen ins Spiel gebracht.

Und dann ließ er sich doch wieder zu sehr ambitionierten Voraussagen hinreißen. Er gehe davon aus, dass Kunden in drei bis fünf Jahren einen "Optimus"-Roboter kaufen können werden. Seinen Twitter-Followern versprach er nach dem Abgang von der Bühne augenzwinkernd, dass es auch eine "Catgirl"-Version des Roboters geben werde. (gpi, 1.10.2022)