Bei Männern, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, gibt es Hinweise auf eine teils verminderte Spermienproduktion, Erektionsstörungen oder Testosteronmangel.

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Bern/New York/Berlin – Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic hat den Zusammenhang zwischen tiefen Geburtenraten und der Schutzimpfung gegen Covid-19 untersucht. Ergebnis: es gibt keine wissenschaftlichen Hinweise, dass mRNA-Impfstoffe die menschliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen könnten. Weder aus der publizierten Fachliteratur noch aus der weltweiten Marktüberwachung ließen sich Belege finden, dass ein Zusammenhang zwischen Impfung und Unfruchtbarkeit besteht, hieß es am Wochenende.

Swissmedic führte die Studie zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Fruchtbarkeit und Covid-19-Impfung gemeinsam mit zehn Partnerbehörden in anderen Staaten durch. Damit sei eine Bevölkerung von rund 800 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern abgedeckt worden, wurde betont. In einigen Ländern wurden Änderungen der Geburtenrate sowohl im zeitlichen Zusammenhang mit der Pandemie als auch dem Beginn der Impfkampagne beobachtet. So stieg in Schweden und in den deutschsprachigen Ländern die Geburtenrate zu Beginn der Pandemie stark an, um Anfang 2022 stark zurückzugehen.

Kein kausaler Zusammenhang

Als Ursache für die Abnahme werde in diesen Ländern diskutiert, dass ein allfälliger Kinderwunsch verschoben wurde, da negative Auswirkungen der Impfung auf die Fruchtbarkeit befürchtet worden seien, teilte Swissmedic mit. Ein Arbeitspapier des deutschen Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung liste als Ursache für den Geburtenrückgang sowohl die Gesundheitskrise als auch damit verbundene wirtschaftliche Unsicherheiten auf.

In anderen Ländern wie etwa Spanien, Japan, dem Vereinigten Königreich oder den USA sei hingegen bereits neun Monate nach Beginn der Pandemie – also vor dem Start der Impfkampagnen – eine deutliche Abnahme der Fruchtbarkeitsraten beobachtet worden. Da die Entwicklungen dieser sogenannten Fertilitätsraten in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich sei, erscheine ein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und der Fruchtbarkeit kaum belegbar, schrieb Swissmedic.

Fruchtbarkeit nach Covid-Infektion vorübergehend reduziert

Einzelne Studien wiesen jedoch darauf hin, dass nicht die Impfung, sondern eine Covid-19-Infektion bei Männern die Fruchtbarkeit vorübergehend reduzieren könne. Es gebe Hinweise auf eine teils verminderte Spermienproduktion, Erektionsstörungen oder Testosteronmangel bei Männern, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Nach einer Infektion sei die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft teilweise rapide gesunken. Anschließend habe es mindestens 60 Tage gedauert, bis diese Männer wieder so fruchtbar waren wie Nichtinfizierte.

Impfstoff-mRNA in Muttermilch nachgewiesen, aber unbedenklich

In einer weiteren kürzlich veröffentlichten Studien haben Mediziner bei stillenden Müttern kurz nach der Corona-Impfung Spuren des mRNA-Präparats in der Muttermilch nachgewiesen. Aber sowohl die Forscher selbst als auch Expertinnen und Experten raten Stillenden weiterhin zu einer Immunisierung. Bedenken gebe es grundsätzlich keine, hieß es. Stillen sei auch nach einer mRNA-Impfung gegen Covid-19 sicher, versicherten die Mediziner im Fachblatt JAMA Pediatrics.

Ein Team um den Neonatologen Nazeeh Hanna vom NYU Langone Hospital in New York hatte in einer kleinen Studie Milchproben von elf Frauen analysiert, die zuvor die mRNA-Präparate der Impfstoff-Hersteller Moderna oder Biontech/Pfizer erhalten hatten. Das Team untersuchte mit einem sehr empfindlichen Verfahren insgesamt 131 Milchproben der Frauen, die aus einem Zeitraum von bis zu fünf Tagen nach der Impfung stammten. Spuren der Impfstoffe fanden die Forscher in insgesamt sieben Proben von fünf Teilnehmerinnen. Dabei war keine der positiv auf mRNA-Spuren getesteten Milchproben mehr als 45 Stunden nach der Impfung genommen worden.

mRNA wird im Magen zersetzt

Möglicherweise würden Nanopartikel, die die mRNA enthalten, über die Blutbahn oder das Lymphsystem zu den Brustdrüsen gelangen, spekulieren die Forscher. Ob die mRNA noch aktiv war, also theoretisch zur Bildung von Proteinen führen könnte, prüfte die Studie nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) betonte auf Anfrage, mRNA werde "nach oraler Aufnahme im Magen degradiert, also zersetzt" und erreiche damit nicht die Blutbahn des Neugeborenen.

Die Forscher raten allerdings dazu, bei Kindern im Alter bis zu sechs Monaten in den ersten 48 Stunden nach der Impfung vorsichtig zu sein, bis weitere Studiendaten zur Sicherheit vorlägen. Mögliche Auswirkungen von Impfstoff-mRNA auf Neugeborene sind bisher nicht ausreichend untersucht.

Die DGGG verweist darauf, dass die Impfung nicht nur die Mutter vor einem schweren Covid-19-Verlauf schützt, sondern auch beim Kind das Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion senkt. "Aus diesen Überlegungen heraus erscheint es nicht sinnvoll, die Empfehlung für die Vakzination von stillenden Müttern einzuschränken", betont die Fachgesellschaft. (APA, red, 1.10.2022)