Der Sozialdemokrat Denis Bećirović darf sich über Zugewinne freuen.

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Nach den Superwahlen in Bosnien-Herzegowina, wo am Sonntag die Parlamente auf den verschiedenen Ebenen und das Staatspräsidium gewählt wurden, lag ersten Auszählungen zufolge bei der Wahl des bosniakischen Mitglieds des dreiköpfigen Staatspräsidiums der Sozialdemokrat Denis Bećirović klar vor dem Kandidaten der nationalistisch-bosniakischen SDA, Bakir Izetbegović.

Weil Izetbegović auch Parteichef ist, ist diese Niederlage besonders einschneidend. Izetbegović ist der Sohn des ersten Präsidenten Bosnien-Herzegowinas nach der Unabhängigkeit, Alija Izetbegović. Mit der Wahl vom Sonntag könnte damit auch das Ende einer Ära beginnen. Bećirović lag am Abend mit 55 Prozent vor Izetbegović mit 39 Prozent.

Wahl auf mehreren Ebenen

Das Staatspräsidium hat drei Mitglieder: einen oder eine Serbin, einen oder eine Kroatien und einen oder eine Bosniakin. Der kroatische nichtnationalistische Mitte-links-Kandidat Željko Komšić, der bereits dreimal ins Staatspräsidium gewählt wurde, lag mit 72 Prozent ebenfalls klar vor der kroatisch-nationalistischen Kandidatin der HDZ, Borjana Krišto, mit 28 Prozent. Beide – das bosniakische Mitglied und das kroatische Mitglied des Staatspräsidiums – werden im Landesteil Föderation gewählt.

Das serbische Mitglied des Staatspräsidiums wird im Landesteil Republika Srpska gewählt. Die nationalistisch-separatistische Partei SNSD machte am Sonntagabend publik, dass sie den Sieg ihrer Kandidatin Željka Cvijanović bekanntgeben werde. Cvijanović wurde von dem Oppositionskandidaten der SDS, Mirko Šarović, herausgefordert. Der Unterschied zwischen Cvijanović und Šarović lag am Abend bei etwa 80.000 Stimmen.

Verluste für Dodik

Besonders spannend war auch die Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin der Republika Srpska. SNSD-Chef Milorad Dodik, der Wladimir Putin und dessen Krieg gegen die Ukraine unterstützt, lag am Abend vor seiner Herausforderin, der jungen Juristin Jelena Trivić von der moderaten PDP – allerdings scheint das Ergebnis für Dodik weit weniger gut auszufallen, als man in der Partei dachte.

Serbische Medien schrieben vor einigen Tagen, dass Dodik aus Angst vor einer Wahlniederlage angeblich eine riesige Geldsumme, rund 30 Millionen Euro, nach Serbien überwiesen habe, um im Fall einer Wahlniederlage von Banja Luka nach Belgrad zu ziehen. Insgesamt zeigen die bisher bekannten Ergebnisse der Wahlen in Bosnien-Herzegowina, dass die Nationalisten massiv verloren und gemäßigte oder linke Kandidaten gewonnen haben. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 2.10.2022)