Matlacha im Osten Floridas.

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Miami – Nach dem verheerenden Hurrikan Ian steigt vor allem im US-Bundesstaat Florida die Opferzahl. Nach Angaben örtlicher Behörden wurden bisher rund 80 Todesfälle gemeldet, wie die "New York Times" und der Sender CBS berichteten. Allein im Bezirk Lee County, in dem Ian mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h auf Land traf, kamen mindestens 42 Menschen ums Leben, sagte Sheriff Carmine Marceno am Sonntag.

Auch nachdem der Wirbelsturm längst weitergezogen war, waren einige Orte in Florida von Überschwemmungen betroffen, weil der Boden kein Wasser mehr aufnahm. Hunderttausende Haushalte blieben weiter ohne Strom.

Flutungen, Stromausfälle

Der Wirbelsturm verlor am Wochenende weitgehend die Kraft. Ausläufer sorgten an der US-Ostküste bis nach New York für Regenfälle. Bevor er sich abgeschwächt hatte, war Ian am Freitag noch als Hurrikan der Stufe eins von fünf auf die Küste von South Carolina getroffen und hatte Sturmfluten mit sich gebracht. Auf TV-Bildern waren komplett überflutete Straßen und ein teilweise zerstörter Pier zu sehen. Der Bundesstaat sei aber von Todesfällen verschont geblieben, sagte Gouverneur Henry McMaster.

Für mehr als 500.000 Haushalte in South und North Carolina sowie Virginia fiel der Strom aus, unter anderem weil umstürzende Bäume die Leitungen durchtrennten. In North Carolina kostete Ian auch mit abgeschwächten Winden noch vier Menschen das Leben, wie Gouverneur Roy Cooper sagte.

Wiederaufbau wird Jahre dauern

US-Präsident Joe Biden wird in den nächsten Tagen nach Florida und Puerto Rico fliegen, um sich ein Bild von den Hurrikan-Schäden zu machen. Zunächst werde Biden am Montag in das vom Hurrikan Fiona heimgesuchte Puerto Rico reisen, kündigte das Weiße Haus an. Dort sind auch zwei Wochen nach dem Unwetter immer noch einige Haushalte ohne Strom. Rund 90 Prozent der Ausfälle seien aber behoben worden, sagte Criswell. Nach Florida will Biden am Mittwoch folgen. Das Weiße Haus hatte angekündigt, Betroffene ohne Hochwasserversicherung mit bis zu 40.000 Dollar zu unterstützen.

Ian war am Mittwoch als Hurrikan der Stufe vier von fünf in Florida auf Land getroffen. Bei seinem Zug quer über den südlichen Bundesstaat hinterließ er Zerstörungen und Überschwemmungen. Der Wiederaufbau werde Monate und zum Teil auch Jahre dauern, betonten Behörden. Noch am Sonntag stiegen in einigen Ortschaften in der Mitte von Florida die Wasserpegel weiter an, wie die Chefin der Katastrophenschutz-Behörde Fema, Deanne Criswell, im US-Fernsehen sagte.

In den betroffenen Gebieten in Florida gingen Rettungsbemühungen und Räumungsarbeiten weiter. Die Küstenwache rettete unter anderem mit Hubschraubern mehr als 300 Menschen, einige von Dächern und Bäumen, sowie gut 80 Haustiere. Insgesamt wurden mehr als 1.100 Menschen lebend geborgen, sagte Gouverneur Ron DeSantis. Präsident Biden hatte am Donnerstag düstere Befürchtungen geäußert und gesagt: "Dies könnte der tödlichste Hurrikan in der Geschichte Floridas sein."

Athesia

Evakuierung zu spät?

Nach Florida war Ian zunächst aufs Meer hinausgezogen, hatte dort wieder etwas an Kraft gewonnen und am Freitag die Küste von South Carolina mit Windgeschwindigkeiten von rund 140 km/h erreicht. Wenige Stunden später schwächten sich die Winde auf rund 95 km/h ab, nach der gängigen Einstufung galt der Wirbelsturm damit nicht mehr als Hurrikan.

Angesichts der hohen Opferzahlen im Lee County wurde die Frage aufgeworfen, ob die Evakuierungsanordnung zu spät ausgegeben worden sei. Sheriff Carmine verteidigte am Sonntag die Vorgehensweise: Der Hurrikan habe seine Route verändert, und erst einen Tag vorher sei klar geworden, dass er eher den Ort Fort Myers als Tampa treffen werde.

Auch eine Debatte darüber, ob ein teurer Wiederaufbau in Gebieten mit heftigen Unwettern auf Dauer sinnvoll sei, kam in Gang. Fema-Chef Criswell sagte, dass strikte Bauregeln nötig seien, damit Gebäude Naturgewalten widerstehen könnten. Der Bürgermeister von Fort Myers, Kevin Anderson, sagte im TV-Sender CBS, dass neue Gebäude bereits größtenteils den Hurrikan überstanden hätten. (APA, 3.10.2022)