Auch wenn die Temperaturen jetzt langsam sinken: Die Heizkörper sind in vielen Wohnungen immer noch kalt. Viele Menschen wollen das Drehen am Temperaturregler angesichts der hohen Energiepreise heuer so lange wie möglich hinauszögern – oder ganz die Finger davon lassen und sich stattdessen warm anziehen.

Bei größerem Schimmelbefall braucht es Hilfe durch einen Profi. Die Ursache behebt das freilich nicht.
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Doch diese Sparsamkeit könnte heuer für unliebsame Überraschungen in Form von Schimmel sorgen, warnen Bauprofis. Kritisch wird es ab einer Raumtemperatur unter 19 Grad, weil dann die Oberflächentemperatur insbesondere bei schlecht gedämmten Bauteilen rasch auf unter 15 Grad fällt. An diesen Stellen kühlt auch die Umgebungsluft ab, die durch das alltägliche Wohnverhalten – Atmen, Duschen, Kochen – feucht ist.

Ab einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent im oberflächennahen Bereich wird das zum Problem: Weil kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann als warme Luft, schlägt sich diese an den kalten Mauerstellen nieder und bildet den Nährboden für Schimmel.

Blick aufs Fenster

Wohlgemerkt: Viele Menschen haben die Wahl zwischen wohlig warmer oder ungemütlich kalter Wohnung gar nicht, weil sie sich die Heizkosten schon vor der Energiekrise nicht leisten konnten. "Aber Schimmel kann durchaus auch in Wohnungen auftreten, wo es das Problem noch nie gab", warnt der Bausachverständige Andreas Perissutti. Besonders gefährdet seien schlecht gedämmte Nachkriegsbauten mit kalten Wänden und neuen, dichten Kunststofffenstern.

Erste Hinweise darauf, dass etwas mit dem Raumklima nicht stimmt, liefert ein Blick auf die Fensterscheiben: Wenn sich Kondenswasser bildet, sei das ein guter Indikator, sagt Perissutti; nur wird den nassen Fenstern oft nicht viel Beachtung geschenkt. Besonders häufig schimmelt es im Schlafzimmer, wo es viele gern ein bisschen kühler haben, die Feuchtigkeit aber hoch ist.

Machen sich hier an kalten Ecken oder hinter Möbeln Flecken bemerkbar, besteht Handlungsbedarf: Bei kleineren Flecken kann man noch selbst mit hochprozentigem Alkohol oder Schimmelsprays anrücken. Den Schimmeltyp zu googeln bringt laut dem Bausachverständigen Remeco Rainer Reichel nichts; es gibt mindestens 120.000 Arten, "und ob der rot, schwarz oder gelb ist, ist völlig egal".

Gut durchlüften

Ist der Schimmel größer, braucht es einen Profi. Wer in einer Mietwohnung lebt, sollte sich an die Hausverwaltung wenden. Mit der Entfernung der Schimmelflecken ist es aber nicht getan: Damit wird nur das Problem, nicht aber die Ursache bekämpft.Und die liegt eben oft im Nutzerverhalten, sind sich Bauprofis einig. Der allerhäufigste Fehler: Es wird zu wenig gelüftet – oft aus der falschen Annahme heraus, dass es in der Wohnung eh schon so kalt ist.

Besonders häufig kommt der Schimmel im Schlafzimmer.
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Dabei sollte – am besten durch Stoßlüften– viermal pro Tag die gesamte Luft ausgetauscht und damit die Luftfeuchtigkeit, abhängig von der Raumtemperatur, auf etwa 35 bis 40 Prozent gesenkt werden. Unterstützen können Oberflächen-Temperatur-Messgeräte oder Hygrometer, mit denen sich die Luftfeuchtigkeit bestimmen lässt. Beides ist im Baumarkt erhältlich.

Doch nicht nur richtiges Lüften, sondern auch Heizen ist wichtig, darauf weist der EU-Bausachverständige Günther Nussbaum, bekannt aus der ATV-Serie "Pfusch am Bau", hin. Man heize schließlich nicht nur für die Innentemperatur, sondern auch, um die Außenwände nicht zu sehr abkühlen zu lassen. Nussbaum hält auch Stoßlüften für nicht ganz ideal, weil es nur der Raumluft die Feuchtigkeit nehme, nicht aber den Oberflächen. "Man sollte vielmehr ständig für einen hygienischen Grundluftwechsel sorgen." Eine Wohnraumlüftung mache das ganz automatisch.

Keine Luftentfeuchter

Hat man keine, empfiehlt Nussbaum die sogenannte Spaltlüftung: Bei modernen Fenstern gibt es auch eine "kleine" Kippvariante, wo nur ein minimaler Spalt offenbleibt. Dabei muss man den Hebel auf eine Position zwischen "Öffnen" und "Kippen" stellen. Viele Menschen wüssten von dieser Variante gar nichts. Überhaupt seien oft die Informationen, die Bewohnerinnen und Bewohner von Wohnungen bekommen, falsch oder mangelhaft, kritisiert Nussbaum. Über den Zusammenhang von Innentemperatur und Luftfeuchtigkeit Bescheid zu wissen sei essenziell.

Was neben dem richtigen Lüften gut zu wissen ist: Auch Aquarien und Topfpflanzen treiben die Luftfeuchtigkeit in die Höhe. Wer Schimmel vermeiden möchte, sollte außerdem öfter putzen: Hausstaub bildet laut Perissutti den idealen Nährboden für Schimmel. Remeco Rainer Reichel rät außerdem dazu, jetzt beim Badezimmerlüfter den Filter auszutauschen oder zumindest zu reinigen, damit dieser wieder effizienter arbeitet.

Nicht empfehlenswert ist wiederum die Anschaffung von Luftentfeuchtern, die sehr energieintensiv arbeiten: "Bitte lieber die Heizung aufdrehen", sagt Perissutti. "Das kommt billiger." (Franziska Zoidl, Martin Putschögl, 4.10.2022)