Der Lehrer einer Wiener Mittelschule war auch jahrelang in führenden Funktionen in Wiener Sportvereinen sowie von 1990 bis 2010 in einem Sommer-Feriencamp im Salzkammergut tätig (Symbolbild).

Foto: Robert Newald

Rund um den Missbrauchsfall eines Wiener Lehrers dürfte es mehr Opfer als bisher bekannt geben. Wiens Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs sagte zum STANDARD, dass es "eine Vielzahl von Betroffenen und Zeugen" gebe, die sich in den vergangenen Tagen gemeldet hätten. Wie berichtet soll der Lehrer zahlreiche Schüler missbraucht sowie kinderpornografisches Material angefertigt haben. Es gibt zumindest 25 Opfer, die bei den polizeilichen Ermittlungen identifiziert werden konnten. Der mutmaßliche Täter beging kurz nach der erfolgten Hausdurchsuchung – bei der eine große Menge an belastenden Fotos und Videos sichergestellt wurden – im Mai 2019 Suizid.

Der Pädagoge war seit dem Jahr 1996 als pragmatisierter Lehrer in einer Wiener Mittelschule tätig. Daneben war er jahrelang in Wiener Sportvereinen sowie zwischen 1990 und 2010 in einem Feriencamp am Wolfgangsee engagiert.

Weiterer möglicher Übergriff im Feriencamp

Auch im Zuge des Ferienlagers dürfte es zu Übergriffen gekommen sein. So berichtete ein Vertreter des Camp-Veranstalters am Montag dem STANDARD, dass ein weiterer möglicher sexueller Übergriff durch den Pädagogen gemeldet wurde. Betroffen war ein Sommercamp-Teilnehmer. Der Vorfall soll sich "in den 2000er-Jahren" ereignet haben.

Es ist nicht die erste Meldung, die das Camp betrifft: Bereits im Jahr 2013 meldete ein Teilnehmer einen sexuellen Übergriff durch den Betreuer bei der Polizei. Dieser habe sich 2006 zugetragen. Die Landespolizeidirektion Niederösterreich bestätigte dem STANDARD, dass es 2013 auch eine Beschuldigteneinvernahme gegeben habe.

Kein Ermittlungsverfahren im Jahr 2013

Laut Justizministerium gab es in diesem Jahr aber österreichweit "kein diesbezügliches Ermittlungsverfahren". Erst sechs Jahre später löste eine weitere Anzeige die Ermittlungen gegen den Lehrer aus. Noch konnten die Behörden nicht aufklären, wie die erste Anzeige versanden konnte. Jedenfalls tauchte der Name des Betroffenen 2013 in keinen Ermittlungsakten auf.

Die Behörden müssen sich nun aber mit weiteren Meldungen beschäftigen. So bestätigte eine Sprecherin der Bildungsdirektion Wien, dass zwei Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft eingebracht wurden. Demnach soll es bei einer Skiwoche "zu einem inakzeptablen und eventuell auch rechtswidrigen Fehlverhalten gekommen" sein. "Ob und welche weiteren Personen dabei eventuell involviert waren, ist noch Gegenstand der Untersuchungen."

Angezeigt wurde zudem ein Vorfall bei einer Lesenacht samt Übernachtung im Schulturnsaal im Jahr 2009. Hier soll es durch den Lehrer zu einem Übergriff gekommen sein. Laut der Bildungsdirektion steht zudem "der Verdacht im Raum, dass es zu einer Verletzung der Aufsichtspflicht" gekommen sei.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, dass die Sachverhaltsdarstellungen geprüft würden. Das betreffe auch eine weitere Anzeige einer Opferanwältin, in der der Verdacht auf mögliche Mittäter geäußert wird. (David Krutzler, 3.10.2022)