Was wird der dritte Tag der diesjährigen Nobelpreiswoche bringen? Ab 11:45 Uhr wird das Nobelkomitee der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm wieder vor die Kameras treten, um die Entscheidung in der dritten wissenschaftlichen Kategorie zu verkünden: Chemie. An aussichtsreichen Namen potenzieller Laureatinnen und Laureaten mangelt es nicht.

Seit 1901 werden die von Alfred Nobel gestifteten Preise vergeben.
Foto: Apa/AFP/JONATHAN NACKSTRAND

Als besonders heiße Kandidaten gelten die aus Ungarn stammende Biochemikerin Katalin Karikó und ihr US-amerikanischer Kollege Drew Weissman, die grundlegende Vorarbeiten für die Entwicklung von mRNA-Impfungen geleistet haben. Ihrer Forschung sind damit auch die Vakzine von Biontech und Moderna zu verdanken, die auf mRNA-Technologien beruhen und im Zuge der Corona-Pandemie Millionen Menschenleben retteten. Karikó und Weissman wurden schon am Montag als mögliche Medizinnobelpreisträger gehandelt, der Preis ging jedoch an den schwedischen Genetik-Pionier Svante Pääbo. Eine Auszeichnung in der Kategorie Chemie wäre für den mRNA-Durchbruch aber ebenfalls möglich.

Der Livestream startet um 11.45 Uhr.
Nobel Prize

Gefaltete Proteine und elektronische Haut

Zu den Favoriten für den Chemienobelpreis zählen aber etwa auch die Zellbiologen Arthur Horwich (USA) und Franz-Ulrich Hartl (Deutschland), die maßgebliche Arbeiten über die Proteinfaltung in Zellen vorgelegt haben – jenen Prozess, durch den Proteine ihre dreidimensionale Struktur erhalten. Fehler bei diesem Vorgang können nicht nur der Zelle gefährlich werden, sondern sind auch an der Entstehung schwerer Erkrankungen beteiligt.

Zhenan Bao von der Stanford University gilt wiederum durch ihre Entwicklung neuartiger biomimetischer Anwendungen organischer polymerer elektronischer Materialien als Nobelpreisanwärterin. Ihre Arbeiten umfassen unter anderem dehnbare Solarzellen bis zu einer selbstheilenden "elektronischen Haut".

Es bleibt spannend

Wie Bakterien ihre Gene mittels eines "Quorum Sensing" genannten chemischen Kommunikationssystems exprimieren, haben Bonnie L. Bassler von der Princeton University und Peter Greenberg von der University of Washington (beide USA) erforscht, für ihre Arbeiten gelten auch sie als nobelpreisverdächtig. Das gilt auch für Daniel G. Nocera von der Harvard University, der Beiträge zum protonengekoppelten Elektronentransfer und dessen Anwendung in der Energieforschung und in der Biologie vorlegte.

Ob sich eine oder einer der Genannten oder doch jemand ganz anderer über den diesjährigen Chemiepreis freuen darf, wird sich Mittwochmittag zeigen. Nicht selten sorgt das Nobelkomitee für Überraschungen – auch bei den Laureaten selbst, wie der österreichische Quantenphysiker und frischgebackene Physiknobelpreisträger Anton Zeilinger am Dienstag bezeugte: Als ihn am Vormittag der Anruf aus Stockholm erreichte, wollte er eigentlich in Ruhe an einer Publikation arbeiten – nach dem "positiven Schock" war damit dann aber vorerst Schluss. (dare, 5.10.2022)