Die Idee lag in der Luft. "Ich habe mich anfangs gewundert, dass da noch niemand daran gearbeitet hatte", sagt Alexander Zwirzitz. Jetzt weiß der Projektleiter für die Bioscience-Forschung am FH-OÖ-Campus Wels zwar, dass es Konkurrenz gibt, aber auch, dass man dennoch ganz vorn mit dabei ist.
Bäckerhefe, also Germ, ist nicht nur wichtig, damit Brotteig aufgeht oder die alkoholische Gärung beim Bierbrauen einsetzt. Bäckerhefe wird auch als beliebter Modellorganismus in der mikrobiologischen Forschung eingesetzt. Biotechnologisch könnte Hefe folglich so verändert werden, dass an der Oberfläche von Hefezellen bestimmte Antikörper entstehen.
Wenn diese mit einem bestimmten Virus oder Bakterium in Kontakt treten, sollten sie in der Lage sein, ein Signal zu erzeugen. Dieses wird in das Innere der Zelle weitergeleitet und lässt die Zelle etwa grün aufleuchten. Damit könnte man mit Bäckerhefe ein universell einsetzbares Diagnose-Tool bauen.
Mit Hefe gegen Covid-19 und MRSA
Zwirzitz hatte dieses Prinzip während seiner Forschungstätigkeit an der Medizinischen Universität Wien kennengelernt: "In der modernen Krebstherapie werden T-Zellen angeregt, bestimmte Antikörper auszubilden, mit denen sie Tumorzellen besser erkennen und unschädlich machen können." Das Therapiekonzept hat Zwirzitz dann auf die Diagnose umgelegt. Statt T-Zellen aufzumunitionieren, setzte er für sein Diagnoseverfahren auf die Veränderung von Hefezellen zu Biosensoren.
Für die Überprüfung dieser Annahme im Labor fand Zwirzitz in Kevin Trenzinger einen kongenialen Partner. Trenzinger untersucht in seiner Masterarbeit am Studiengang Bio- und Umwelttechnik am FH-OÖ-Campus Wels Zwirzitz’ Annahme und kann bestätigen: "Die Idee funktioniert." Wird Bäckerhefe zu Biosensoren umgebaut, könnten künftig vielfältige Erreger erkannt werden.
Einsetzbar wäre das sowohl für Virentests, inklusive Sars-CoV-2, als auch bei Bakterien, wie etwa dem Krankenhauskeim MRSA und vielen anderen Erregern mehr. Schon ein paar Krümel genetisch veränderter Hefe, vermengt mit einem Abstrich von Speichel oder anderen Körperflüssigkeiten, könnten so innerhalb von Minuten Ergebnisse bringen. Die Erfindung wurde beim oberösterreichischen Edison-Ideenwettbewerb mit dem zweiten Platz in der Kategorie Technologie ausgezeichnet.
Oberösterreich vor Japan
Mittlerweile haben die Forscher herausgefunden, dass sie auch internationale Konkurrenz haben. Von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) haben sie eine Patentrecherche finanziert bekommen. "In Japan wurde ein ähnliches System entwickelt", sagt Zwirzitz. "Aber es ist bei weitem nicht so schnell wie unseres."
Das ist Ansporn und Herausforderung zugleich. Jetzt wollen Zwirzitz und Trenzinger ihre Innovation zu einem marktreifen Produkt weiterentwickeln. "Das Potenzial ist jedenfalls vorhanden." Der nächste Schritt: Einwerbung von Drittmitteln, um eine Ausgründung in ein Spin-off vorzubereiten. (Norbert Regitnig-Tillian, 8.10.2022)