Als sich vor ein paar Jahren bei Herstellern der Trend etablierte, neben einem Spitzensmartphone im Frühjahr auch ein neues Topmodell für das Weihnachtsgeschäft vorzustellen, ließ sich auch Xiaomi nicht zweimal bitten und schickte die T-Serie ins Rennen. Auch das heurige Jahr bildet keine Ausnahme. Vor kurzem stellte man in München das Xiaomi 12T und 12T Pro sowie eine Reihe anderer Produkte vor.

Das 12T Pro ist auch die Variante, die es auf den österreichischen Markt schaffen wird, wo sie in der Ausführung mit 8 GB RAM und 256 GB Onboardspeicher um 799 Euro Preisempfehlung ab 13. Oktober zu haben ist. DER STANDARD hat das Gerät auf Herz und Nieren getestet.

Basics

Das Gerät kommt in einem verglasten Gehäuse daher, wobei die Rückseite mattiert und beschichtet wurde. Das hat zweierlei Vorteile, nämlich dass Fingerabdrücke und andere Verschmutzungen nicht so leicht auftreten und dass die Oberfläche weniger rutschig ist. Gerade bei einem Gerät mit 6,7-Zoll-Display und Maßen von 163,1 x 75,9 x 8,6 Millimeter (205 Gramm) durchaus ein wesentlicher Faktor. Der Ein/Aus-Schalter ist beim Halten mit dem Daumen noch gut erreichbar, gerade für Menschen mit kleineren Händen wird für die Betätigung der Lautstärkewippe aber etwas Fingerakrobatik notwendig.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Das Kameragehäuse ragt in zwei Stufen etwa zwei bis drei Millimeter aus dem Gehäuse heraus. Da es nicht mittig platziert ist, wackelt das Gerät, wenn man es bedient, während es etwa auf dem Tisch liegt. Abhilfe schafft die beiliegende transparente Silikonhülle. Das Handy ist übrigens nach IP53 eingestuft, gilt also als staubdicht und spritzwasserfest.

Das Display selbst lässt eigentlich keine Wünsche offen. Das AMOLED-Panel liefert eine Auflösung von 2.712 x 1.220 Pixel, zeigt kräftige Farben und Kontraste und erreicht eine Spitzenhelligkeit von 1.200 nits. Auch im Sonnenlicht bleiben Inhalte damit meist gut leserlich. Es werden HDR10+, Dolby Vision und 120-Hertz-Wiedergabe unterstützt, wobei das System die Wiedergabefrequenz dynamisch regeln kann. Unter dem Bildschirm sitzt, wenn auch etwas ungünstig weit unten platziert, ein Fingerabdruckscanner, der flott und zuverlässig arbeitet.

Performance

Als Rechenknecht ist beim Xiaomi 12T Pro ein Qualcomm Snapdragon 8+ Gen1 verbaut, der ein leichtes Upgrade zur Frühjahrsvariante darstellt, die noch kein "Plus" im Namen trug. Der SoC greift, wie erwähnt, auf 8 GB RAM zu, während für System und eigene Inhalte 256 GB an nicht erweiterbarem Speicherplatz vorgesehen sind.

Benchmarks bescheinigen dem Handy Performancewerte für Prozessor und Grafikchip, die sich im Spitzenfeld mit anderen aktuellen High-End-Handys befinden. Schon beim Durchlauf mit dem Testtool 3DMark fällt dabei auf, dass das Gerät trotz Last nur relativ wenig spürbare Wärmeentwicklung zeigt.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Dieser Eindruck bestätigt sich in der Praxis. Belastet man das Telefon mit anspruchsvolleren Spielen – etwa "Diablo Immortal" mit HD-Grafikpaket und hochgeschraubten Einstellungen –, hält sich die Temperaturzunahme an der Außenseite im Vergleich zu vielen anderen Smartphones klar in Grenzen, während das Spiel konstant flüssig läuft. Xiaomi wirbt für das Gerät mit zusätzlichen Kühlungsmaßnahmen, unter anderem in Form einer deutlich vergrößerten Vapor Chamber, was hier wohl den Unterschied ausmacht.

Nachdem für grafiklastige Games genug Leistung da ist, stellt freilich auch Alltags-Multitasking zwischen Browser, Messenger, Videos und mehr das Gerät nicht vor Probleme. Auch durch die Menüs der Firmware navigiert man ohne Hänger.

Software und restliche Ausstattung

Vorinstalliert ist Xiaomis eigene Android-Adaption MIUI 13 auf Basis von Android 12. Käufern verspricht man drei Android-Versionsupdates sowie Sicherheitsaktualisierungen für vier Jahre. Außerdem bietet Xiaomi ab Kauf eine sechsmonatige Reparaturgarantie für Displayschäden.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Das System selbst kommt mit einigen vorinstallierten Apps von Drittanbietern – vulgo: Bloatware – daher. Diese lassen sich aber zumindest schnell deinstallieren. Über Themes und Iconsets kann man das Aussehen dem eigenen Geschmack anpassen. Apps können ausschließlich auf Homescreens verstreut oder aber auch mittels Appdrawer organisiert werden.

Beim Kommunikationsequipment ist der übliche State of the Art an Bord. Es gibt zwei Nano-SIM-Slots, 5G-Support, Bluetooth 5.2, NFC und eine Infrarot-Schnittstelle, um das Handy als Fernbedienung verwenden zu können. Für verkabelte Datenübertragung und das Aufladen des Akkus kommt, wenig überraschend, ein USB-C-Port (USB 2.0) zum Einsatz. Klassische Kopfhörer müssen hier mit einem Adapter angeschlossen werden, denn eine 3,5-mm-Audioklinke ist nicht verbaut.

Mega-200-MP-Sensor

"Make Moments mega" lautete das Motto des Vorstellungsevents. Und das bezieht sich natürlich hauptsächlich auf die Kamera des 12T Pro. Wo beim 12 Pro noch ein Trio mit Weitwinkel, Telefoto und Ultraweitwinkel mit jeweils 50 Megapixel Auflösung zum Einsatz kam, ist es nun ein neuer Samsung-Isocell-Sensor mit Weitwinkel und 200 MP Auflösung in Kombination mit einer 8-MP-Ultraweitkamera sowie einer 2-MP-Makrokamera.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Und diese Kombination wirft Fragen auf. Die Weitwinkel-Hauptkamera kann tatsächlich etwas mehr Detail aus Bildern herauskitzeln als jene des Vorgängers, insbesondere wenn es um Aufnahmen bei Kunstlicht, Nacht oder generell herausfordernden Lichtbedingungen geht. Neben der höheren Auflösung, die für 4x4-Pixel-Binning genutzt wird, macht sich hier vor allem die höhere Lichtempfindlichkeit bemerkbar.

Gerade bei nächtlichen Aufnahmen fällt die zackige Aufnahmegeschwindigkeit sehr positiv auf. Hinsichtlich der Farbwiedergabe gibt es sonst wenige Unterschiede zum Vorgänger, die Aufnahmen bilden die gesehene Realität gut ab und geraten nur bei reinem Kunstlicht vereinzelt etwas blass, was aber leicht nachträglich korrigierbar ist. Zu bemängeln ist nur, dass bei starkem Gegenlicht dunkle Bereiche von teils sichtbarem Bildrauschen heimgesucht werden können. Das lässt sich aber durch manuelles Fokussieren eines dunkleren Bildbereichs oder manuelle Kameraeinstellungen im "Pro"-Modus verhindern. Xiaomi könnte der Kamera hier auch per Softwareupdate auf die Sprünge helfen.

Kleinlauter Rest

So viel zu den Verbesserungen. Schon bei der Weitwinkelkamera beginnt die Verwunderung. Bei sehr guten Lichtbedingungen sind die Ergebnisse passabel, schon nach Anbruch der Dämmerung lässt die Bildqualität spürbar nach. Details verschwinden, Unschärfe bei weiter entfernten Motivteilen schleicht sich ein. Und die doch starken Verzerrungen an den Bildrändern, die offenbar bei gutem Licht noch softwareseitig recht gut kompensiert werden können, werden sehr offensichtlich. Immerhin: Die farbliche Abstimmung mit der Hauptkamera hat man gut hinbekommen, sofern man nicht mit starkem Gegenlicht fotografiert.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Ganz und gar nicht mehr "mega" ist der Makrosensor. Dessen Auflösung von 2 MP ist eine sehr karge Basis für softwarebasierte Bildverbesserung. Dementsprechend sehen die Ergebnisse aus. Sie entsprechen so ziemlich allen 2-MP-Makrosensoren, die in den letzten Jahren in Smartphones zu finden waren. Kein einziger, der dem STANDARD in Tests untergekommen ist, lieferte zufriedenstellende Ergebnisse. Als Bestandteil einer Kamera budgetorientierter Modelle mag das noch durchgehen, für ein 800-Euro-Handy mit "Pro" im Namen ist er schlicht enttäuschend. Hier hätte es bessere Alternativen gegeben. So sind Nutzer besser beraten, die Hauptkamera in Kombination mit Zoom heranzuziehen und dann einen Bildausschnitt zu erstellen, da so immer noch deutlich bessere Ergebnisse gelingen.

Die Frontkamera, ein 20-MP-Modul mit Weitwinkeloptik, performt etwas erratisch. In Sachen Auflösung ist sie ein Downgrade zum 32-MP-Sensor des Xiaomi 12 Pro. Bei Aufnahmen in gutem Licht liefert sie auch klar schlechtere Ergebnisse, gerade wenn es um Schärfe und Detailgrad geht. Bei Aufnahmen unter Kunstlicht ist sie aber ebenbürtig bzw. liefert fallweise sogar etwas bessere Bilder.

Akustik und Akku

In puncto Akustik schlägt sich das Xiaomi 12T Pro passabel. Die Stereowiedergabe klingt für ein Handy ordentlich, solange man die Lautstärke nicht zu hoch stellt. In Sachen Telefonie ist das Erlebnis mittelmäßig. Das Gegenüber ist laut genug zu hören, klingt aber auch bei gutem Empfang etwas verrauscht und verzerrt, dennoch meist gut verständlich. Zudem funktioniert die Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen auf der eigenen Seite zuverlässig. Auch in diese Richtung fällt die Sprachqualität durchschnittlich aus.

Womit noch zu klären bleibt, was der 5.000-mAh-Akku zu bieten hat. Und hier spielt das Handy definitiv seine Stärken aus. Egal ob man das Gerät intensiv selber nutzt oder es mit Apps quält, die durch das Ansprechen aller Sensoren, Tonerzeugung, 3D-Rendering, Kameralicht und maximale Bildschirmhelligkeit den Ladestand möglichst schnell drücken sollen – es zeigt erstaunliche Kondition.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Die App-basierte Akkufolterkammer, die nicht im Ansatz ein realistisches Nutzungsszenario simuliert, übersteht es rund 3,5 Stunden lang. Bei häufiger regulärer Verwendung sind bis zu zwei Tage Akkulaufzeit durchaus realistisch. Wer eher gelegentlich zum Smartphone greift, kann sich wohl drei Tage oder vielleicht mehr ausmalen.

Aber selbst wenn die Ladung zur Neige geht, kann man sich mittels Schnellaufladung flott behelfen, zumindest wenn man das beigelegte 120-Watt-Ladegerät nebst dafür ausgelegtem Kabel einsetzt – Wireless Charging wird übrigens nicht unterstützt. Xiaomi verspricht, dass man den Akku in unter 20 Minuten komplett aufladen kann. Im Test wurde in dieser Zeit ein Ladestand von 80 bis 90 Prozent erreicht. Vollen Ladestand zeigte das Handy erst nach 22 bis 25 Minuten an. Das Versprechen verfehlt man damit, dennoch ist das Telefon sehr schnell wieder für lange Einsätze bereit. Es ist zudem möglich, dass sich die bestmögliche Ladezeit erst nach einigen Ladezyklen erzielen lässt.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Fazit

Wer beim Xiaomi 12T Pro eine bessere Version des Xiaomi 12 Pro aus dem Frühjahr sucht, liegt hier definitiv falsch. Allerdings lag dessen Nennpreis auch 350 Euro höher, während das 12T Pro um 100 Euro weniger angeboten wird als vor einem halben Jahr die Non-Pro-Ausgabe des Xiaomi 12.

Trotzdem gibt es durchaus Verbesserungen, etwa in Form eines um fast zehn Prozent vergrößerten, konditionsstarken Akkus oder eines Upgrades der Hauptkamera auf Samsungs 200-MP-Sensor. Allerdings sind natürlich auch Abstriche zu erwarten. Diese sind teilweise nachvollziehbar, beispielsweise der Verzicht auf Wireless Charging. Beim weiteren Kameraequipment gibt Xiaomis Vorgangsweise allerdings Rätsel auf. Die Ultraweitwinkelkamera zeigt sehr deutliche Schwächen, und das Makro-Modul ist bei allem Verständnis für den Sparstift in dieser Form ein sinnloses Spielzeug.

Im Preisbereich des Xiaomi 12T Pro gibt es durchaus Konkurrenz, teilweise bestehend aus günstiger gewordenen Frühjahrs-Flagships wie dem hauseigenen Xiaomi 12, teilweise auch durch neu erschienene Modelle. Darunter auch von unerwarteter Seite wie Motorolas Edge 30 Ultra, das für 100 Euro mehr auf dem Papier eine konsequentere Kamerabestückung, 125-Watt-Schnellladen und auch Wireless Charging mitbringt. Ein schlechtes Handy ist das 12T Pro keinesfalls, und wer der Marke treu bleiben möchte, sollte das Für und Wider dieses Smartphones im Vergleich zur wohl recht leicht importierbaren Non-Pro-Ausgabe sowie den Geräten aus der ersten Jahreshälfte sorgfältig abwägen. Man muss aber auch sagen, dass Xiaomi auch schon deutlich überzeugendere Smartphones geliefert hat. (Georg Pichler, 9.10.2022)

Testfotos

Zur Ansicht der originalen Fotodatei bitte die Bildbeschreibung anklicken. Bilder, bei denen die verwendete Kamera nicht explizit erwähnt wird, wurden mit der 200-MP-Weitwinkelkamera aufgenommen.

Tageslicht
Foto: DER STANDARD/Pichler
Tageslicht
Foto: DER STANDARD/Pichler
Dämmerung, Ultraweit
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Weitwinkel
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2x-Zoom
Foto: DER STANDARD/Pichler
Tageslicht, Ultraweit
Foto: DER STANDARD/Pichler
Weitwinkel
Foto: DER STANDARD/Pichler
2x-Zoom
Foto: DER STANDARD/Pichler
Frontkamera, Tageslicht
Foto: DER STANDARD/Pichler
Frontkamera, Kunstlicht
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Gemischte Lichtsituation
Foto: DER STANDARD/Pichler
Gemischte Lichtsituation
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Tageslicht, Makro
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Kunstlicht
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Kunstlicht
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Nachtmodus
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