Holland hat Österreich bei Erneuerbaren Energien überholt.

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Eigentlich könnten die topografischen Voraussetzungen für die Erzeugung erneuerbarer Energie kaum besser sein: Österreich verfügt über viele Flüsse und Berge, sodass reichlich Wasserkraft zur Gewinnung von Elektrizität zur Verfügung steht. Dementsprechend erfolgen im Schnitt 75 Prozent der monatlichen Stromproduktion mithilfe von Wasserkraft.

Eine dem STANDARD vorliegende Datenauswertung des Neos Lab, der Parteiakademie der Neos, zeigt aber: Das Land ruht sich ein Stück weit auf seinen guten Voraussetzungen aus. Zuletzt gab es im Jahr 2016 einen signifikanten Anstieg bei der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien. In den darauffolgenden Jahren war zwar ein leichter Anstieg im Bereich der Windkraft zu beobachten. Doch im großen Stil ist wenig weitergegangen.

Wenig weitergegangen

Die Folge: Länder wie die Niederlande – ein flacher Staat, in dem die topografischen Voraussetzungen eigentlich schlechter sind als hierzulande – haben Österreich mittlerweile in der Erneuerbaren-Produktion überholt. Noch im Jahr 2019 produzierten die Niederlande lediglich 18 Terawattstunden (TWh) aus Erneuerbaren, nicht einmal halb so viel wie damals Österreich. Heute sind es in den Niederlanden 42 TWh, so die Neos-Auswertung; die Erzeugung aus Erneuerbaren hat sich damit mehr als verdoppelt. Österreich hingegen ist mit 40 TWh hinter den Niederlanden zurückgefallen.

Dass die niederländische Energiewende gut läuft, hat vor allem zwei Gründe: Einerseits gibt es hohe Förderungen, insbesondere bei Solarenergie. Andererseits hat die Regierung Flächen auf dem Land wie auch im Meer für den Ausbau von Windparks zur Verfügung gestellt und mittels Ausschreibungen Energieanbieter eingeladen, auf ihnen Kraftwerke zu errichten. Derartige Initiativen scheitern in Österreich bislang weitgehend am Widerstand der Bundesländer.

Widerstand der Bundesländer

Die Folge: In den Niederlanden hat sich die Windenergie im Zwölf-Monats-Durchschnitt auf 19,92 TWh annähernd verdoppelt – in Österreich hingegen stagniert die Aufbringung ungefähr seit dem Jahr 2016 bei rund fünf TWh. Auch Staaten wie Schweden haben im Vergleich zu Österreich gehörig aufgeholt. "Uns rinnt die Zeit davon", sagt Neos-Energiesprecherin Karin Doppelbauer. Sie fordert "beschleunigte Genehmigungsverfahren" für erneuerbare Projekte.

Die türkis-grüne Bundesregierung hat sich vorgenommen, bis zum Jahr 2030 100 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken und die Erzeugung um 27 TWh zu erhöhen. Das Potenzial dazu wäre vorhanden, mehr als in vielen anderen Ländern. Aber nicht, wenn es in diesem Tempo weitergeht. (Joseph Gepp, 6.10.2022)