Der Polizist als Rüpel am Oktoberfest: Herbert Achternbusch und seine Lieblingsschauspielerin Annamirl Bierbichler in "Bierkampf".

Foto: Filmarchiv

Als der Vollzeitbayer und Teilzeitwaldviertler Herbert Achternbusch Anfang dieses Jahres mit 83 Jahren gestorben ist, verlor das deutsche Kino einen seiner eigenwilligsten Proponenten. Seinen letzten Film, Das Klatschen einer Hand, hat er 2002 gedreht, das Werk sei seitdem "vollendet", wie er einmal schelmisch anmerkte. Natürlich hat Achternbusch, der auch Dichter und Maler war, sein Leben lang um Förderungen gekämpft. 1982 verweigerte man ihm nach CSU-Intervention sogar den Bundesfilmpreis, da der Bundesinnenminister in Das Gespenst blasphemische Züge ortete.

Waren das Zeiten! Von wegen: In Österreich ist der Film immer noch verboten, was das Filmarchiv Austria jedoch nicht hinderte, ihn für seine aktuelle Teilretrospektive ins Programm zu nehmen. Achternbusch selbst ist als 42. Herrgott eines Klosters zu sehen, der nach einem Furz der Oberin vom Kreuz steigt.

Das Ordinäre und das Tiefgründige

Doch vom Ordinären ist es bei Achternbusch, der Eigenheiten von Karl Valentin bis Buster Keaton in sich zu vereinen wusste, nie weit zum Feinsinnigen, ja wahrhaftig Empfundenen. Sein "Jesus" ist ein Schmerzensmann, der nicht nur an seiner Dornenkrone leidet, sondern dem auch eine eigene Schwermut anhaftet – wie jedem, der seine Rolle zu hinterfragen beginnt. Er würde so gern schwimmen, muss aber immerzu auf der Oberfläche des Wassers wandeln.

Das Filmarchiv zeigt insgesamt 14 Regiearbeiten Achternbuschs sowie einen Porträtfilm von Andi Niessner, der auch nach Wien kommen wird. Schon mit seinem Debütfilm Das Andechser Gefühl – nach dem Ort und der edlen Biermarke benannt – zeugt von einem unverwechselbaren Stilwillen.

Achternbusch verkörpert einen Dorflehrer mit Schlapphut, der seinen Überdruss sowie die Sehnsucht nach einer verflossenen Liebschaft mit einer Schauspielerin mit Bier wegspült, natürlich erfolglos. Der Film balanciert wie ein Schwindliger auf einem Berggrat: Die Menschen reden grundsätzlich aneinander vorbei, das Hehre kommt neben dem Banalen zu sitzen. "Das Andechser Gefühl ist das Gefühl, nicht allein zu sein." Dieser im Film am öftesten wiederholte Satz ist auch der, der ständig widerlegt wird.

Witz und Widerspruch

Überhaupt ist es ratsam, in den Filmen auf Dialoge zu achten, die mit Gedanken konfrontieren, die nicht zweckgerichtet, sondern widersprüchlich, wendig und humorvoll bayerisch daherkommen. Die Filmkritikerin Frieda Grafe hat es wohl am schönsten formuliert: "Er würde gern den alten Tauschhandel wieder einführen, in dem Sätze wie Dinge sein könnten, statt abstrakte Wertzeichen richtige Sachen."

In Hicks Last Stand, den Achternbusch auf einer Reise durch die USA auf Super-8-Film gedreht hat, sieht man dieses Zusammenspiel von Bildern und Gedanken, die wie Wolken am großen Himmel, dem "big sky", hängen, besonders gut. Auch wenn einem von zu viel Whisky der Kopf abhandenkommt – das Kopfweh bleibt wie die Spuren der Gewalt in der Landschaft. (Dominik Kamalzadeh, 7.10.2022)