Hört man Aruba, wirft das Kopfkino den Projektor an: Vor dem inneren Auge tauchen all die bekannten Karibikklischees auf: Palmen, ausgedehnte weiße Sandstrände, türkisblaues Meer, ganzjährig angenehme Temperaturen ... Gewissermaßen ein Sehnsuchtsort, an dem man sich gerne träumt. Vor allem wenn der Himmel über Wien wieder wolkenverhangen ist, es nieselt und sich der mitteleuropäische Herbst von seiner nass-kalten Seite zeigt.

Anruf bei Ewald Biemans, der seit 53 Jahren auf der Insel vor der Nordküste Venezuelas, die zu den Kleinen Antillen gehört, lebt. "Wie ist das Wetter bei Ihnen?" "Super, wie immer", meint er gutgelaunt. Man könnte neidisch werden.

"Ein Weckruf für mich war nicht zuletzt die Klimakonferenz in Rio, 1992. Da wurde mir klar, dass wir handeln müssen und auch als Tourismusunternehmer in der Pflicht sind", sagt Ewald Biemans.
Foto: Bucuti & Tara Beach Resort

Wir haben uns aber nicht verabredet, um über das Wetter zu plaudern. Wir wollen über Nachhaltigkeit, Luxus und Tourismus sprechen. Denn der gebürtige Österreicher ist unbestritten ein Pionier auf diesem Gebiet, einer, dem es gelungen ist, das alles unter einen Hut zu bringen. Mit dem von ihm 1987 gegründeten Bucuti & Tara Beach Resort betreibt er das wohl nachhaltigste und klimafreundlichste Hotel der Welt. Und das ganz amtlich: Denn das Luxusresort, ein Adults-Only-Hotel, wurde 2020 von den Vereinten Nationen mit dem renommierten Global Climate Action Award, der einschlägige Projekte vor den Vorhang holt, ausgezeichnet. Als weltweit erstes und einziges Hotel.

STANDARD: Gab es ein prägendes Erlebnis, das Ihnen verdeutlicht hat: So kann es nicht weitergehen im Tourismus?

Biemans: Ich erinnere mich an eine Begebenheit, die dazu führte, dass wir seit nun schon zwanzig Jahren plastikfrei sind. Damals hat sich ein deutscher Gast darüber empört, dass wir Getränke in Einwegbechern ausschenken. Heute bekommt jeder Gast eine persönliche, wiederverwendbare Wasserflasche. Wir haben das einmal ausgerechnet: Damit werden jährlich rund 290.000 Einwegflaschen eingespart. Aber darüber hinaus haben wir vergleichsweise früh angefangen, uns mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Ein Weckruf für mich war nicht zuletzt die Klimakonferenz in Rio 1992. Da wurde mir klar, dass wir handeln müssen und auch als Tourismusunternehmer in der Pflicht sind. Damals wurde Green Globe gegründet, das die Green Globe Environmental Certificates vergibt. Es war das erste Zertifikat, das wir erhalten haben.

STANDARD: Warum sind diese Zertifikate so wichtig?

Biemans: Zum einen zeigen sie, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Zum anderen tragen sie dazu bei, dass der Begriff Nachhaltigkeit nicht zu einer leeren Worthülse wird, zu einem Marketinggag. Oder zu "Greenwashing" führen. Um zum Beispiel eine ISO-14001- oder eine Leed-Zertifizierung zu bekommen, werden die Maßnahmen, die man setzt, ganz genau geprüft. Seit 2018 sind wir zum Beispiel ganz offiziell klimaneutral. 2020 erhielten wir für unser jahrzehntelanges Engagement die Auszeichnung von den Vereinten Nationen.

1987 gegründet, verfügt das Resort heute über 104 Gästezimmer, Suiten und Penthäuser.
Foto: Bucuti & Tara Beach Resort

Biemans erzählt von all den Zertifizierungen, Preisen und Auszeichnungen, die das Bucuti & Tara Beach Resort erhalten hat. Er berichtet von Solaranlagen, einem recycelnden Abwassersystem, von vegetarischen und veganen Menüs, die man anbietet. Dinge, die heutzutage quasi schon State of the Art sind und die man sich, zumindest als europäischer Reisender, beinahe schon erwartet, die aber früher noch keineswegs selbstverständlich waren. "Viele Dinge wie beispielsweise Recycling kannten die Menschen hier nicht. Die Insel war schmutzig, was auch mit ein Grund war, weshalb ich mir vermehrt Gedanken über den Umweltschutz gemacht habe", sagte er einmal.

Massiv vom Tourismus abhängig

Der "Welt" gegenüber schilderte Biemans, dass er dafür auf der Insel anfangs belächelt und teils kritisiert wurde. Aber nach und nach scheint es auch dem Letzten gedämmert zu sein, dass sein Weg der zukunftsweisende sei. Wenn man pragmatisch denkt, kann es nicht schaden, einen international bekannten Umweltpionier im Land zu haben. Zumal die rund 110.000 Einwohnerinnen und Einwohner Arubas massiv vom Tourismus abhängig sind, ein Prozess, der vor Jahrzehnten in Gang gesetzt wurde.

Denn als Ewald Biemans, bereits im Hotelbusiness erfahren, in den 1980ern über Stationen in Südamerika auf die kleine Karibikinsel kam, sie ist maximal 30 Kilometer lang und neun Kilometer breit, war Exxon der größte Arbeitgeber. Das Unternehmen beschäftigte ungefähr 15.000 Angestellte. Als der Ölkonzern tausende Menschen in die Arbeitslosigkeit entließ, beschloss die niederländische Regierung (damals war Aruba noch Teil der Niederländischen Antillen), voll auf den Tourismus zu setzen. Biemanns holte sich eine Förderung und legte 1987 los.

STANDARD: Gab es jemals Unverständnis vonseiten der Gäste?

Biemans: Nein, niemals. Man muss nur erklären, was man macht. Die meisten verstehen sehr schnell, worum es geht und dass sie dafür nicht auf Luxus und Komfort verzichten müssen. Immerhin sind wir nicht billig. Nach dem Ritz Carlton sind wir das zweitteuerste Hotel auf der Insel.

Solarzellen, weißer Traumstrand, Palmen und das Meer: Dass sich Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Luxusurlaub nicht ausschließen, hat Ewald Biemans mit dem Bucuti & Tara Beach Resort auf Aruba bewiesen.
Foto: Bucuti & Tara Beach Resort

Wenn der 76-Jährige dann schildert, dass beispielsweise die 104 Gästezimmer, Suiten und Penthäuser des Resorts mit speziellen Klimaanlagen mit Bewegungssensoren ausgestattet seien, die die Kühlleistung der Klimaanlage herunterfahren, sobald der Gast das Zimmer verlässt, wodurch pro Jahr zwischen 32 Prozent und 38 Prozent weniger Energie verbraucht würden, sind das schon überzeugende Argumente. Selbst für US-amerikanische Touristinnen und Touristen, die die Klimaanlage gerne bis zum Anschlag herunterdrehen, wie er amüsiert festhält.

STANDARD: Nachhaltigkeit in Luxus einzubetten, in der Art, dass es der Gast gar nicht mitbekommt. Ist das ein Erfolgsgeheimnis?

Biemans: Tatsächlich fällt es den meisten gar nicht auf. Es zeigt, dass Luxus und Nachhaltigkeit in keiner Weise ein Widerspruch sein müssen. Gerade in den letzten Jahren haben Themen wie die Klimaerwärmung und -krise dominiert. Die Menschen haben daraus auch etwas gelernt. Sie achten von sich aus mehr auf den ökologischen Fußabdruck.

Wer möchte, kann im Resort daher auch aktiv beim Energiesparen mitmachen. Ganz niederschwellig: Wer auf ein Cardiogerät im Fitnessstudio steigt, beteiligt sich aktiv an der Energiegewinnung. Wem der Umweltschutz am Herzen liegt, kann gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hotels sowie dem Gründer aber auch während eines morgendlichen Spaziergangs bei einer Strandsäuberung mitwirken. Die wird alle zwei Wochen abgehalten.

"Gerade in den letzten Jahren haben Themen wie die Klimaerwärmung und -krise dominiert. Die Menschen haben daraus auch etwas gelernt. Sie achten von sich aus mehr auf den ökologischen Fußabdruck", meint Biemans.
Foto: Bucuti & Tara Beach Resort

STANDARD: Aruba liegt aus österreichischer Sicht nicht unbedingt um die Ecke. Wie schafft man es, nachhaltig auf die Insel zu kommen?

Biemans: Kreuzfahrtschiffe lehne ich aus tiefster Überzeugung ab. Es bleibt eigentlich nur das Flugzeug. Nicht die beste Lösung, aber es gibt immerhin Kompensationsprogramme, die viele Fluglinien bereits anbieten. Ich muss zugeben, wenn Sie mich nach meinen persönlichen Klimasünden fragen: Ohne das Fliegen geht’s nicht. Hier im Hotel haben wir einen eigenen Carbon-Offset-Concierge, der die Gäste dabei unterstützt, die An- und Abreise möglichst klimaneutral und umweltfreundlich zu gestalten. Das gilt auch für Ausflüge. Wir bieten zum Beispiel E-Autos an.

STANDARD: Welche Projekte haben Sie noch geplant?

Biemans: Wir wollen CO2-negativ werden.

STANDARD: Wie soll das gehen?

Biemans: Mithilfe von Aufforstung: Die Insel ist quasi kahl, es gibt kaum Bäume. Deshalb haben wir beschlossen, welche zu pflanzen. Die Pflanzen werden dann CO2 aufnehmen und unsere Bilanz weiter verbessern. Wir wollen auch noch mehr auf erneuerbare Energien setzen und investieren bereits in Windenergie. Das papierlose Büro haben wir auch schon umgesetzt.

STANDARD: Unser Gespräch findet zu einem Zeitpunkt statt, als gerade heftige Hurrikans über die Karibik fegen, Florida wurde verwüstet. Sehen Sie Aruba auch in Gefahr?

Biemans: Zum Glück liegt die Insel außerhalb dieser Zone. Sie ist kaum je von einem Hurrikan betroffen. Viel mehr Sorgen macht mir der Anstieg des Meeresspiegels aufgrund des Klimawandels. Wenn es so weitergeht, werden die Strände bald verschwunden sein. Ich werde das wohl nicht mehr erleben, aber schon für meine Urenkel ist das eine reale Gefahr. (Markus Böhm, 28.10.2022)