An den Händen der politischen Führung klebe das Blut der Jungen war auf einer Einblendung im Staats-TV zu sehen – für einige Sekunden.

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Teheran – Auch drei Wochen nach ihrem Beginn lassen die Proteste gegen das Regime im Iran kein Nachlassen erkennen. Trotz des immer brutaleren Versuchs des Regimes, die Demonstrationen niederzuschlagen, gab es auch Sonntag in dutzenden Städten Kundgebungen. Getragen wurden sie – trotz der zunehmenden Gewalt der Sicherheitskräfte – erneut von Schülerinnen und Studentinnen.

Mindestens drei Menschen wurden allein am Samstag dabei getötet, für Sonntag lagen vorerst keine belastbaren Zahlen vor. Laut der norwegischen Menschenrechtsgruppe Iran Human Rights sollen insgesamt bereits 185 Menschen bei den Protesten getötet worden sein, darunter 19 Minderjährige.

Am Samstagabend fanden die Proteste auch auf ungewöhnliche Art Niederschlag im iranischen Staatsfernsehen – dessen Hauptnachrichten offenbar gehackt wurden. Während eines Meldungsblocks wurde eine Grafik eingeblendet, die den religiösen Führer Ali Khamenei in Flammen und im Fadenkreuz zeigt und die der Regierung vorwirft, an ihren Händen klebe das Blut der Jugend.

Berichte über Vorerkrankung zurückgewiesen

Zu sehen waren auch Bilder getöteter Frauen. Darunter war auch das von Mahsa Amini, jener 22-Jährigen, die nach ihrer Verhaftung durch die Sittenpolizei wegen eines "unislamischen Outfits" Mitte September vermutlich nach Misshandlungen gestorben war. Angebliche Ergebnisse der Gerichtsmedizin über eine Vorerkrankung wiesen ihre Eltern zurück.

Am Sonntag trat die ist die politische Führung des Landes zu einem Krisentreffen zusammengekommen. Nach Angaben des Präsidialamts nahmen daran neben Präsident Ebrahim Raisi auch der Parlamentspräsident sowie der Justizchef teil. In einer gemeinsamen Presseerklärung des Präsidialamtes am Sonntag riefen sie das Volk auf, die nationale Einheit zu bewahren und sich gegen die "feindseligen Verschwörungen" der Feinde des islamischen Systems zu stellen.

Vize-Innenminister Majid Mirahmadi erklärte die Proteste unterdessen für beendet und kündigte zugleich ein noch härteres Vorgehen gegen Demonstranten an. Ruhe und Sicherheit seien abgesehen von "einigen kleinen Unruhen" wieder hergestellt, sagte er.

Proteste gehen weiter

Laut Augenzeugen gingen die Proteste in der Nacht auf Sonntag aber unvermindert weiter. Demnach stieg die Gewaltbereitschaft auf beiden Seiten deutlich. Videos in den sozialen Medien zeigten Demonstrationen und Kundgebungen in Dutzenden Städten, darunter auch in der Hauptstadt Teheran. Hunderte Oberschülerinnen und Studierende beteiligten sich Menschenrechtsgruppen zufolge, obwohl Sicherheitskräfte Tränengas und Schlagstöcke eingesetzt hätten. In vielen Fällen hätten die Einsatzkräfte auch scharf geschossen. Bei den Protesten seien auch zwei iranische Sicherheitskräfte getötet worden, wie staatliche Medien am Sonntag meldeten.

Nach Angaben der in Oslo ansässigen Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) wurden beim gewaltsamen Vorgehen der iranischen Behörden gegen die Demonstranten bisher insgesamt mindestens 95 Menschen getötet.

Die Demonstranten warfen den Berichten zufolge mit Molotowcocktails nach den Beamten und setzten mobile Polizeiwachen in Brand. Ein junger Autofahrer wurde den Angaben zufolge in der westiranischen Stadt Sanandaj während einer Demonstration durch einen Kopfschuss getötet. Die Polizei gab an, dass Demonstranten ihn erschossen hätten, die wiederum machten die Polizei für den Tod verantwortlich. (red, APA, 9.10.2022)