Möglich, dass der eine oder andere gescheiterte Kandidat 2024 wieder auf einem Wahlzettel steht.

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Am Wahlabend lag Dominik Wlazny noch knapp hinter Tassilo Wallentin. Wer am Ende vorne liegen wird, entscheiden die rund 820.000 Briefwählerinnen und Briefwähler.

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Der Amtsinhaber hat es auch diesmal geschafft: Alexander Van der Bellen darf weitere sechs Jahre als Bundespräsident in der Hofburg residieren. Er wurde im ersten Wahlgang von einer absoluten Mehrheit für die zweite Amtsperiode bestätigt – so wie die fünf Präsidenten (Adolf Schärf, Franz Jonas, Rudolf Kirchschläger, Thomas Klestil und Heinz Fischer) vor ihm, die sich für eine zweite Runde beworben haben. Seit 1963 wurde das amtierende Staatsoberhaupt immer verlängert.

Die Hofburg-Wahl 2022 war aber doch in einigen Punkt besonders. Das vor allem, "weil es die traditionellen Muster nicht mehr gibt", erklärt Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik. Die Wahl 2016, als SPÖ und ÖVP gegen Van der Bellen mit ihren Kandidaten peinliche Elf-Prozent-Ergebnisse eingefahren haben, sei eine "Zäsur" gewesen. "Bis dahin galt: SPÖ und ÖVP stellen einen Kandidaten auf, und einer wird’s. Das gilt jetzt nicht mehr. Die Spielregeln haben sich verändert."

Abnehmende Parteibindung, die massive Unzufriedenheit mit der Politik und den klassischen Parteien – und das alles im Teuerungskontext – waren ein Umfeld, das die sechs anderen Bewerber genutzt haben. Dass keine Frau zur Wahl stand, ist für die Projektleiterin des Austrian Democracy Lab an der Uni Graz "aus demokratiepolitischer Sicht sehr bedauerlich, weil es um eine faire Verteilung von politischer Macht geht".

Einmal ist keinmal?

Für Politikberater Thomas Hofer war der aktuelle Präsidentschaftswahlgang mit einem doch etwas speziellen Bewerberfeld von einer "Überdehnung der Rolle bzw. der Kompetenzen des Bundespräsidenten durch Kandidaten an den politischen Rändern geprägt. Das macht eine Wiederwahl natürlich schwieriger." Einige Kandidaten, erklärt Hofer im STANDARD-Gespräch, hätten diesen Urnengang wohl auch als eine Art "Testballonwahl" verstanden, "mit der sie abklären, wo sie Stärkenfelder haben oder inhaltlich reüssieren könnten bei der nächsten Nationalratswahl".

Darum würden vor allem die Ergebnisse des dem linken Spektrum zuzuordnenden Bierpartei-Gründers und Mediziners Dominik Wlazny, der seit 2020 Bezirksrat in Wien-Simmering ist, oder von Rechtsanwalt Tassilo Wallentin, der eine "Populismusalternative" zur FPÖ sei und "bedingt, aber doch auch in eine gewisse ÖVP-Wählerschicht hineinstrahlen kann", von den etablierten Parteien "sicher penibel analysiert werden, um zu sehen, wo diese Kandidaten im eigenen Wählerlager fischen konnten".

Gut möglich, dass der eine oder andere Kandidat, der jetzt als Präsident gescheitert ist, 2024 wieder auf einem Wahlzettel steht. (Lisa Nimmervoll, 10.10.2022)