Mit fast 40 km/h rüttelte am 4. Oktober der Wind an den Blättern der Bäume. Und während sich das erste Laub des Herbstes in den Ecken der Gärten sammelte, rotierten auch die Windräder. Fast 1200 Megawatt, gibt Netz Burgenland an, wurden zu Spitzenzeiten an dem Tag an Strom erzeugt. Gleichzeitig lagen die Verbrauchsspitzen bei 200 Megawatt.

Land der Windräder: An windigen Tagen erzeugt das Burgenland ein Vielfaches des Stroms, der verbraucht wird.
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Gerade an windigen Tagen, zeigt die Statistik, erzeugt das Burgenland ein Vielfaches des Stroms, der verbraucht wird. Und im Burgenland ist es gerne windig. Doch was auf den ersten Blick nach einem Überschuss von Energie aussieht, ist am Ende aber komplizierter. Denn der überschüssige Strom kann nicht gespeichert werden, um ihn dann zu verwenden, wenn eben kein Wind weht, keine Sonne scheint, die Burgenländerinnen und Burgenländer ihn aber brauchen. Oder besser gesagt: Er kann noch nicht gespeichert werden.

Bilanzziel autark

Bis 2030 will das Burgenland energieautark und klimaneutral sein. "Das Burgenland hat bereits Anfang der 2000er-Jahre auf das Thema erneuerbare Energie gesetzt und nimmt seit 2013 durch seine damit erreichte bilanzielle Stromautarkie eine Vorreiterrolle unter den europäischen Regionen ein", heißt es aus dem Land Burgenland. Und es wird versucht, Privatpersonen das Einleiten von Solarstrom zu erleichtern – 2022 werden das rund 12.000 Haushalte sein, was manchmal heißt, dass in den Netzausbau investiert werden muss.

"Wir produzieren jährlich etwas weniger als eine Terawattstunde Energie und vertreiben die doppelte Menge", erklärt Jürgen Schwarz von der Burgenland Energie. Woher der Rest kommt? Rund eine Terawattstunde der vertriebenen Energie ist Erdgas. Insgesamt wurden im Burgenland 2020 rund neun TWh Energie verbraucht, gibt die Statistik Austria an. "Sieben TWh werden im Burgenland selbst erzeugt", rechnet Schwarz vor. Bis 2030 müssen also noch weitere sieben Terawattstunden substituiert werden. Und das wird sich ausgehen, dessen ist sich nicht nur Schwarz, sondern auch das Land Burgenland sicher.

Der Photovoltaikpark in Eisenstadt hat seine Anlagen im Grünen.
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"Sieben Terawattstunden entsprechen 5000 Megawatt installierter Leistung. 1800 Megawatt kommen aus neuen Windrädern. 3200 Megawatt aus Photovoltaik", heißt es von der Burgenland Energie. Was die Photovoltaik angeht, können laut der Österreichischen Energieagentur 0,4 TWh auf bereits versiegelten Flächen wie Dächern und Carports installiert werden. Um die Ziele zu erreichen, müssen folglich auch 3000 Hektar Land mit Photovoltaikanlagen verbaut werden.

In vielen Gemeinden gilt die Prämisse "Dächer vor Flächen" – was heißt, man versucht, Photovoltaikanlagen auf Grünflächen zu verhindern wie zuletzt in Wimpassing und Hornstein. Gegner der Anlagen sprechen von versiegelten Flächen und ignorieren die Vorteile, die solche Anlagen auch für Fauna und Flora haben können.

Geplante Solarparks

Andernorts hat man die Problematik besser verstanden. "In Nickelsdorf hat der Ausbau der Photovoltaik bereits begonnen, Schattendorf soll noch im Oktober starten, und in Güssing wird im Frühjahr 2023 mit dem Bau begonnen", erklärt Jürgen Schwarz. Bis in Güssing die Arbeiten beginnen, könnte in Nickelsdorf der erste Teil des Sonnenparks mit einer installierten Leistung von 40 Megawatt bereits in Betrieb gehen.

Weitere Photopholtaikparks seien in Planung, erklärt die Burgenland Energie, auch werde die Errichtung neuer Windräder angegangen. Bereits "weitgehend abgeschlossen" ist das Repowering der laufenden Windräder, und auch an der Speicherung der anfallenden Energie wird intensiv gearbeitet.

Energiespeicherung

Dabei setzt man im Burgenland auf zwei Arten. Die eine ist die Erzeugung von Wasserstoff aus überschüssig anfallender regenerativer Energie. Die erste Anlage mit 60 Megawatt Leistung wird 2024 in Nickelsdorf errichtet. Bis 2030 ist der Ausbau von 300 Megawatt geplant, wofür rund 400 Millionen Euro investiert werden.

Die zweite Möglichkeit, Energie zu speichern, wird mit Großspeichern umgesetzt. Dabei handelt es sich um eine neue Technologie: Sogenannte Organic-Solid-Flow-Großspeicher speichern die elektrische Energie in flüssigen Elektrolyten. Projekte in der Größenordnung, wie sie im Burgenland umgesetzt werden, gibt es weltweit noch nicht. Aktuell sind zwei Standorte im Burgenland in einer finalen Auswahl. Genaues wird erst nach der Entscheidung kommuniziert – allzu lange wird das allerdings nicht mehr dauern. Zum einen arbeitet das Land Burgenland gerade an der neuen Energiestrategie, zum anderen soll mit dem Bau der ersten Anlagen schon Anfang 2023 begonnen werden.

Schon im Probebetrieb ist die Energiegemeinschaft in Eisenstadt. Dabei geht es darum, dass Private ihre erzeugte Energie, etwa durch eine PV-Anlage, mit anderen Abnehmern in der direkten Umgebung teilen. (Guido Gluschitsch, 11.10.2022)