Früher als Angestellte hatte ich einen Chef, mit dem ich mich sehr gut verstanden habe. Aber eines Tages ist er zu mir gekommen und sagte: "In meiner Firma kann es nicht zwei Chefs geben." Eigentlich war das nur nett gemeint, und er hatte mit der Feststellung recht. Es war damals die Initialzündung dafür, dass ich mich selbstständig gemacht habe – irgendwie auch kein Wunder bei meinem Hintergrund. Ich komme aus einer Familie von Kleinunternehmern. Es scheint also in meiner DNA zu liegen, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Oder zumindest bin ich dem nicht entkommen.

Begonnen hat es alles schon davor mit meinem Interesse für Kunst. Ich bin von meinen Eltern aber ebenso wirtschaftlich denkend erzogen worden. Also habe ich in Oberwart die Modeschule besucht und anschließend BWL studiert. Schon zu dieser Zeit besuchte ich gerne und häufig Museen und hatte später unglaubliches Glück, dass ich dort meine ersten beruflichen Schritte als Selbständige gehen konnte. Für die Ausstellung "100 Jahre Wiener Werkstätten" im MAK, dem Museum für angewandte Kunst, habe ich die Gesamtkonzeption gemacht. Das war mein erstes großes Projekt. Ein Teil davon war Produktdesign, ich gestaltete viele schöne Dinge für den Museumsshop.

Einen leistbaren Standort für den Souvenirshop "The world to go" zu finden war für Eva-Maria Hofstätter eine Herausforderung.
Foto: Sascha Aumüller

Damals im MAK ist ein Fenster aufgegangen für mich, denn das, was ich heute mache, habe ich dort begonnen. Viele Jahre lange habe ich Produkte für sehr viele Museen im deutschsprachigen Raum designt, von der Fondation Beyeler in Basel bis hin zum Deutschen Historischem Museum in Berlin oder dem Belvedere in Wien. Ich konnte alles tun, was ich gerne tue, mit vielen Materialen arbeiten, mit Textilien genauso wie mit Papier oder Keramik. 80 Prozent der Produkte, die ich in meinem Souvenirshop verkaufe, habe ich selbst gestaltet. Die Arbeitslast teile ich mit einem Kompagnon, was in jeder Hinsicht eine gute Entscheidung war. Erst recht, als sich bei mir die Frage der Familienplanung stellte.

Brötchen zum Selbertragen

Den Standort für unseren Souvenirshop "The world to go" zu finden war zunächst eine Herausforderung. Wir haben uns unter anderem ein Geschäftslokal in der Kärntner Straße angeschaut. Die Ablöse betrug eine Million Euro. Ich hatte zwar immer eine gute Bonität bei der Bank, aber das war einfach nichts, womit ich mich wohlgefühlt hätte. Ich backe die Brötchen gerne in einer Größe, die ich noch selber tragen kann. Hier am Josefsplatz sind wir seit der Eröffnung des Geschäfts gute Mieter. Unser Unternehmen hat sich seit 2015 kontinuierlich nur positiv entwickelt – bis Corona kam und alles verändert hat. Eine Zeitlang waren kaum Touristen in der Stadt zu sehen. Jetzt sind teilweise andere da als vorher. Man braucht sich nur die Flugpläne anschauen, um auf einen Blick zu erkennen, welche und wie viele Flieger überhaupt noch in Wien landen.

Viele Jahre lang hat Eva-Maria Hofstätter Produkte für Museen im deutschsprachigen Raum designt, von der Fondation Beyeler in Basel bis hin zum Deutschen Historischen Museum in Berlin oder zum Belvedere in Wien.
Foto: Sascha Aumüller

Es heißt, wir liegen in Wien aktuell wieder bei einer Hotelbettenauslastung von 80 Prozent. Ich denke aber, man kann die Zahlen von 2019 nicht mit den aktuellen vergleichen, weil in der Pandemie ja doch einige Hotels zusperren mussten. Die angeblich guten Zahlen decken sich auch nicht mit unseren Erfahrungen und den Beobachtungen im Shop. Manches hat sich zudem schon vor 2019 verändert. Russische Touristen etwa bleiben nicht erst jetzt aus, sondern schon seit dem Krim-Krieg, aber das war, bevor wir das Geschäft eröffnet haben.

Die Abnahme der Kongresstouristen haben wir auch eine lange Zeit gespürt. Stattdessen kamen mehr Touristen mit billigen Flugtickets. Im April und Mai dieses Jahres war es so, dass die Touristen einfach kein Budget mehr zum Einkaufen hatten, also auch nicht für Souvenirs. Da sind die Leute in billige Airbnbs gegangen und haben rundherum nicht viel ausgegeben. Das ändert sich jetzt aber langsam wieder.

Mehr Dankbarkeit unter Reisenden

Oft wird über die Kreuzfahrttouristen geschimpft. Aber aus meiner Sicht muss ich sagen, da sind viele Amerikaner dabei, und das sind freundliche Kunden, die immer gutgelaunt sind. Was sich durch die Pandemie verändert hat: Jetzt sind nicht nur gutgelaunt, sondern auch noch dankbar. Weil sie wieder die Möglichkeit haben, nach Europa zu reisen. Wir reden im Shop viel mit den Leuten und spüren auch hier unter den Europäern mehr Dankbarkeit.

Jeder Mensch, der bei uns reinkommt, wird begrüßt, und wir kommen eigentlich mit allen ins Gespräch. Bei uns kaufen die Leute Geschenke für ihre Lieben oder für sich selbst als Erinnerung. Bei uns geht es um die Emotion, denn woran erinnerst du dich nach einer Reise? An das Souvenir, das du mitgenommen hast, und in Verbindung damit hoffentlich an ein nettes Gespräch bei uns. Wir haben fast immer einen guten Tipp parat für die Leute. Wir werden sehr oft nach Empfehlungen für die Stadt gefragt.

Eva-Maria Hofstätter ist zufrieden, wenn sie mit ihren Produkten oder einem Gespräch Kunden ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Foto: Sascha Aumüller

Ich glaube nicht, dass alles wieder so wird wie vor 2020. Vor der Pandemie hatte ich mehr als doppelt so viele Mitarbeiter wie jetzt. Wir machen nun sehr viel mehr selber, was leichter geht bei dem geringeren Besucheraufkommen. Und meine Tochter ist auch schon älter und braucht nicht mehr so viel Betreuung. Aber natürlich ist da auch die Frage: Wird das Weihnachtsgeschäft heuer endlich wieder besser sein? Was ich auch schwierig finde, sind etwa diese andauernden Demos am Samstag. Ich halte ganz viel von Demokratie und dem Recht auf freie Meinungsäußerung, auch oder gerade in so schwierigen Zeiten. Aber als Unternehmerin ist es für mich schwierig, dass die Innenstadt dauernd abgesperrt wird. Und es gibt Touristen, die von so vielen Polizisten auf der Straße abgeschreckt werden.

Bekanntes mit einem Twist

Die meisten Produkte bei mir im Geschäft sehen aus wie aus einem Museumsshop, aber natürlich habe ich auch eine Mozart-Büste. Die ist halt nicht weiß, sondern es gibt sie bei mir in Gold oder Pink. Ich sage immer, man kann bekannte Sachen mit einem leichten Twist versehen. Ich habe gern Produkte um mich, die Spaß machen und den Leuten ein Schmunzeln entlocken. Wenn ich in der Lage bin, mit unseren Produkten oder einem Gespräch Kunden ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, bin ich zufrieden. Denn ich glaube, wir müssen einfach alle wieder mehr miteinander lachen und die vielen kleinen guten Momente im Leben im Fokus halten – auf Reisen und daheim. (16.10.2022)