Zum dritten Mal innerhalb von wenigen Jahren rutscht die Weltwirtschaft in eine Krise, prognostizierte der Internationale Währungsfonds (IWF) am Dienstag. Eine Reihe von Ländern, darunter Europas Schwergewichte Deutschland und Italien, schlittern kommendes Jahr in die Rezession.

Im Gegensatz zu den beiden früheren Krisenepisoden, der Finanzkrise von 2009 und der Corona-Pandemie 2020, ist diesmal die Ausgangslage anders. Die Welt kämpft nicht mit einer zu niedrigen, sondern einer zu hohen Inflation. Eine Folge ist, dass Zentralbanken nicht wie bisher parat stehen, um mit ihrer Medizin, einer lockeren Geldpolitik, die Wirtschaft zu beleben. Im Gegenteil. Überall auf der Welt, von Washington über Frankfurt bis nach Seoul, heben die Zentralbanken Leitzinsen an, was die Nachfrage nach Krediten und damit die Wirtschaft schwächt. Diesmal sind die Regierungen also auf sich allein gestellt.

Österreich wird heuer 25 Milliarden Euro für Energie ausgeben, das sind um zwei bis drei Prozentpunkte mehr als vor der Krise.
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Vor diesem Hintergrund stehen bei der IWF-Jahrestagung in Washington zwei Fragen im Vordergrund. Die erste lautet: Wie sollen Staaten nun reagieren? Zwei Lager haben sich gebildet: Die einen meinen, Länder können Gas geben dabei, Haushalte wegen der Teuerung zu entschädigen. Zahlungen an alle wie in Österreich mit dem Klimabonus oder die 200-Milliarden-Euro-Ausgaben in Deutschland ("Doppelwumms") seien kein Problem. Die Inflation sei durch knappe Energie entstanden, nicht durch zu viel Nachfrage der Konsumenten.

Gezielte Hilfen

Das zweite Lager, zu dem auch der IWF zählt, warnt davor, Verluste auf breiter Front auszugleichen. Nur gezielte Hilfe mache Sinn, alles andere verschlimmere die Krise, weil der Geldregen zu mehr Nachfrage nach neuen Autos und Computern führt – was die Inflation treibt. Der IWF argumentiert, dass die Wirkung der Staatshilfen auf die Inflation schon in der Pandemie unterschätzt worden sei. Die Hilfen haben die Teuerung stärker getrieben als gedacht und waren eine der Ursachen dafür, dass viele Ökonomen von der hohen Inflation überrascht wurden. Diese Ansicht muss man nicht teilen, aber es ist erstaunlich, dass diese Debatte in Österreich kaum geführt wird. Heimische Ökonomen wischten solche Einwände bisher weg.

Die zweite strittige Frage für die Weltwirtschaft lautet, wie weit Notenbanken dabei gehen sollten, die Inflation mit höheren Zinsen zu dämpfen. Einige Experten sagen, wenn die Inflation nicht härter bekämpft würde, drohe eine schlimmere Krise, weil Preise steigen würden, weil alle mit höheren Preisen rechneten. Am anderen Ende des Spektrums stehen jene, die meinen, wir sollen aufhören, diese Inflation zu verdammen: Teure Energie mache uns effizienter, weil wir weniger Gas und Öl verbrauchten. Wir werden damit unabhängiger von Russland und entschärfen die Klimakrise. Notenbanken sollten stillhalten.

Wer in dieser Debatte recht behält, ist offen. Aber aus den Diskussionen lassen sich ein paar Leitlinien dafür aufstellen, worüber die Politik nachdenken muss. Österreich wird heuer 25 Milliarden Euro für Energie ausgeben, das sind um zwei bis drei Prozentpunkte mehr als vor der Krise. Das macht uns ärmer – diese Wahrheit muss die Politik lauter aussprechen. Auf dem gleichen Level zu konsumieren wie bisher geht sich nicht aus. Langfristig hilft Geld, mit dem die Energiekrise entspannt und das Risiko für Verwerfungen gering werden. Das sind Investitionen, vor allem in neue Energiequellen, nicht in Konsumschecks. (András Szigetvari, 11.10.2022)