"The sky is the limit": Nicht nur das Einkaufen wird durch die Inflation teurer – auch das Wohnen.

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Dreimal ist Mario T. heuer bereits ein Brief seines Vermieters ins Haus geflattert. Der Inhalt war wenig erfreulich; seine Miete wurde erhöht. Im April stieg sie von den ursprünglich vereinbarten 1320 Euro pro Monat auf 1362, im August auf 1431 Euro. Und ab November wird Mario T. 1482 Euro pro Monat für seine Wohnung im ersten Bezirk berappen müssen.

Rechtlich sind diese "Mietanpassungen", wie der Vermieter sie bezeichnet, okay. Im Mietvertrag, den Mario T. und seine Freundin im Sommer 2020 unterzeichnet hatten, findet sich eine Wertsicherungsklausel. Zur Berechnung wird der Verbraucherpreisindex (VPI) der Statistik Austria herangezogen.

Als Bezugsgröße dient die Indexzahl für den Monat September 2020, Schwankungen nach oben oder unten bleiben bis einschließlich drei Prozent unberücksichtigt, so lautet die Vereinbarung. Ist die Veränderung stärker, steigt die Miete.

Eine Wertsicherungsklausel steht in so gut wie allen Mietverträgen und hat in der Vergangenheit bei moderater Inflation nur wenig Beachtung gefunden. Doch nun galoppiert die Inflation, im September lag sie mit 10,5 Prozent auf einem Rekordhoch. Für Mario T. und viele andere bedeutet das, dass ihre Miete steigt. T. wohnt in einem vor Jahrzehnten ausgebauten Dachgeschoß. Einen Mietendeckel gibt es ganz oben unterm Dach nicht.

Mieten steigen

Aber auch die gedeckelten Mieten sind heuer schon gestiegen: In Wohnungen, die vor 1945 errichtet wurden, gilt der Richtwert. Er wurde im April erhöht und liegt in Wien nun bei 6,15 Euro. Eigentlich steigen die Richtwerte alle zwei Jahre. 2021 wurde sie aber ausgesetzt bzw. auf heuer verschoben. Deshalb steht wohl kommendes Jahr wieder eine Erhöhung ins Haus.

Und dann gibt es im Dschungel des Mietrechts auch noch Kategoriemieten, die für Mietverträge, die zwischen 1982 und 1994 abgeschlossen wurden, gelten. Diese werden per Gesetz immer dann an die Inflation angepasst, wenn diese eine Schwelle von fünf Prozent überschreitet.

Zweimal wurden die Kategoriebeträge heuer bereits erhöht – und im Dezember werden sich die Kategoriemieten nun auch noch ein drittes Mal erhöhen.

Welcher Index?

Ob Neubau oder Altbau: Wen die Mieterhöhung finanziell ins Schwitzen bringt, der oder die sollte frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter oder der Vermieterin suchen.

Und wer einen neuen Mietvertrag unterzeichnet, sollte diesen genau unter die Lupe nehmen: Eine dort vereinbarte Schwelle von drei oder fünf Prozent Veränderung des VPI, ab der der Mietzins angehoben werden darf, ist keineswegs in Stein gemeißelt. "Zehn Prozent reinschreiben", rät Walter Rosifka von der Arbeiterkammer (AK) zum Beispiel, oder – je nach Verhandlungsposition – nur die Hälfte der Inflation als Anpassungsfaktor oder einige Jahre ohne Anpassung vereinbaren.

Wichtig ist auch, zu überprüfen, welcher Index zur Wertsicherung herangezogen wird: Bei der AK läuft gerade ein Musterverfahren wegen der Koppelung der Mietensteigerung an den (zuletzt viel stärker gestiegenen) Baukostenindex, die Rosifka für nicht zulässig hält.

Kontaktiert hat die Arbeiterkammer jüngst auch ein Mieter, der seinen Mietvertrag erst mit dem jetzigen Oktober abgeschlossen hat – und der nun bereits eine Ankündigung für eine Mieterhöhung um mehr als zehn Prozent per ersten Jänner bekommen hat. Der Vermieter hat für die Berechnung die Preissteigerung vom September 2021 bis zum September 2022 herangezogen – einen Zeitraum also, in dem der Mieter noch gar nicht in der Wohnung gelebt hat.

Schmerzgrenze erreicht

Auch das hält man bei der Arbeiterkammer für nicht zulässig. Insgesamt sei die Indexierung der gesamten Mieten mit dem VPI "im Grunde ungerecht", sagt Rosifka: "Die Kreditrate, die der Vermieter zurückzahlt, ist ja auch nicht indexiert."

Und auch bei den 4500 Euro, die sein Vermieter als Kaution verlangte, gibt es keine Wertsicherungsklausel, kritisiert Mario T. Seine Freundin und er haben keine schlechten Jobs, sie verdienen gut. Aber langsam beginnen die beiden darüber nachzudenken, wann ihre Schmerzgrenze bei den Wohnkosten erreicht ist. (Franziska Zoidl, 23.10.2022)