So stellt sich Meta die Zukunft der Arbeit vor.

Foto: Meta

Jede Keynote eines Tech-Konzerns ist zugleich ein erweitertes Verkaufsgespräch: Apple will uns regelmäßig die neuesten Versionen des iPhones schmackhaft machen, Google wirbt für Android- und Pixel-Handys, Amazon für Kindles, Echo-Geräte und gruselige Haushaltsroboter. Was aber Mark Zuckerberg mit seinem vormals als Facebook bekannten Unternehmen zum Start der Meta Connect aufführte, das geht noch einen Schritt weiter: Denn Meta wirbt nicht für einzelne Produkte, sondern für eine Vision.

Diese Vision heißt Metaverse – also jene virtuelle Welt, an die Zuckerberg so sehr zu glauben scheint, dass er vor einem Jahr sein Unternehmen danach benannt hat. Was das Metaversum sein soll, ist dabei äußerst schwammig definiert: Für die einen ist es ausschließlich jene dreidimensionale Digitalwelt, die man durch das Aufsetzen einer Virtual-Reality-Brille betritt, für die anderen können auch Spiele wie "Minecraft" oder "Fortnite" Metaversen sein. Wieder andere binden die Definition an virtuelle Identitäten und digitalen Besitz – Stichwort: Non-Fungible-Token (NFT).

1,5 Milliarden Dollar Umsatz

Man muss Zuckerberg zugutehalten, dass der Ausdruck "NFT" während der Keynote kein einziges Mal fiel. Dieser Hype ist vorbei. Stattdessen wurden Statistiken, Features und Partnerschaften am laufenden Band aus dem Hut gezaubert, um die Welt zu überzeugen, dass dieses ominöse Metaverse tatsächlich ein großes Ding ist.

So hieß es gleich zu Beginn, dass Virtual Reality (Anm. ausgehend von einem äußerst niedrigen Niveau) "mehr Nutzer als je zuvor" habe, bevor man die zu erwartenden Rückblicke startete: Games funktionieren laut Meta im Metaversum supertoll, vor allem sei dies aber ein Raum zum sozialen Interagieren. Man bemüht sich auch, dies mit Zahlen zu untermauern: Bis heute wurden mehr als 1,5 Milliarden Dollar für Spiele und Apps im Meta Quest Store ausgegeben, heißt es. Das klingt zunächst beeindruckend – bis man sich vor Augen führt, dass Apples App Store allein im Jahr 2021 über 85 Milliarden Dollar Umsatz gemacht hat und Metas Konzernumsatz allein im zweiten Quartal 2022 bei 28,8 Milliarden Dollar lag.

Partnerschaften sollen es richten

Allein diese Vergleiche zeigen, wie sehr das Metaversum noch in den Kinderschuhen steckt. Zuckerberg muss also ordentlich aufs Gas drücken, wenn seine Metaverse-Wette an Fahrt gewinnen soll. Und dazu hat er sich neue Partner an Bord geholt, der bedeutendste von ihnen ist wohl Microsoft.

Gemeinsam mit dem Konzern aus Redmond, USA, skizzierte man, was man sich unter der Zukunft der Arbeit im Metaversum vorstellt. Denn unter anderem soll das von Büromenschen in aller Welt genutzte (und nicht unbedingt geliebte) Microsoft Teams auf Metas Quest-Brillen wandern, sodass man Meetings künftig auch mit VR-Brillen auf dem Kopf durchführen kann. Allen Ernstes preiste man anschließend auch noch das Bearbeiten von Word- und Excel-Dateien in VR an.

Die Begeisterung blieb aus. Während Microsofts Präsentation über Metas Plattform Facebook schossen die wütenden und traurigen Emojis in die Höhe, Ähnliches konnte man bei der Präsentation eines B2B-Konzepts in Kooperation mit dem Beraterhaus Accenture beobachten. Und auch im Forum des STANDARD dominierten die negativen Töne: Dem Kollegen Excel-Funktionen via VR erklären? Willkommen in der Hölle.

Nichts zu tun

Excel und Microsoft Teams werden die Idee des Metaversums also nicht retten, wenn man nach den aktuellen Reaktionen urteilt. Die Frage ist: Was dann? Denn es ist ja nicht so, als seien wir beim STANDARD radikale Innovationsverweigerer: Das halbe Web-Team besitzt eine Quest 2, darunter auch ich. Und zu Beginn habe ich gleich mehrere Abende am Stück mit dem Gerät verbracht, war begeistert von der Technologie und der einfachen Handhabbarkeit. Dennoch bereue ich den Kauf manchmal.

Denn während ich mein Smartphone mindestens zwei Stunden täglich verwende, verstaubt die Quest 2 seit einigen Wochen im Schrank. Warum? Die Antwort ist einfach: Es gibt keinen Grund, sie aufzusetzen, im Metaverse gibt es nicht viel zu tun. Irgendwann hat man die interessanten Spiele alle angespielt, Nachschub ist im Vergleich zu anderen Plattformen eher rar. Und was das soziale Interagieren angeht: Ich gehe ehrlich gesagt lieber mit einem echten Freund auf ein reales Bier, als einem fremden Typen aus Brooklyn meinen Avatar zu präsentieren.

Ein Rohrkrepierer?

Ist das Metaversum also ein Rohrkrepierer? Ein kurzlebiger Hype, den schon in naher Zukunft das gleiche Schicksal wie Tamagotchis und 3D-Fernsehen ereilen wird? Das wird sich weisen. Denn immerhin setzt Meta alles daran, diese Vision Realität werden zu lassen – und es lässt sich nicht abstreiten, dass viele der vor allem für die Zukunft angedeuteten Ideen zumindest auf technischer Ebene äußerst beeindruckend sind. Aber bis es so weit ist, muss Zuckerberg noch einen weiten Weg gehen. Und es ist nach dem aktuellen Stand der Dinge nicht sehr wahrscheinlich, dass ihm viele Menschen folgen werden. (Stefan Mey, 13.10.2022)