
Haben Sie schon einmal versucht zu sprechen, während Sie gekitzelt werden? Probandinnen und Probanden einer Studie der Universität Freiburg in der Schweiz wurden genau darum gebeten. Sie lagen dabei in einem Magnetresonanztomografen, der ihre Hirnaktivität aufzeichnete. Auf diesem Weg konnte ein Forschungsteam um die Medizinerin Elise Wattendorf nun einen Schritt in Richtung eines genaueren Verständnisses von unkontrolliertem Lachen machen.
Lachen nimmt unter den menschlichen Gefühlsäußerungen eine Sonderstellung ein. Kinder lernen es lange vor dem Sprechen, auch bei Menschenaffen und Ratten sind ähnliche Phänomene bekannt. Wie unkontrolliert Lachen tatsächlich ist, darüber gibt es in der Wissenschaft keinen Konsens. Manche Forschenden ordnen spontanes Lachen den "subkortikalen" Reflexen zu, die nicht vom Hirn gesteuert werden, sondern über Verbindungen im Rückenmark funktionieren.

Das Team setzte es sich zum Ziel, Licht in die neuronalen Prozesse zu bringen, die Lachen steuern. Dabei betrat man wissenschaftliches Neuland: Bisherige Darstellungen zeigten beim Lachen Hirnaktivitäten nicht nur in den Regionen für die sensorische Reizanalyse und für die Steuerung der Lachmuskeln, sondern auch in Regionen, die für die emotionale Verarbeitung der jeweiligen Situation verantwortlich sind. Die aktuelle Forschung sollte nun ergründen, wie die emotionalen Zentren ins Lachen eingreifen. Es galt herauszufinden, ob die emotionalen Zentren einen Beitrag zur Unterdrückung oder Verstärkung des Lachens leisten, indem sie es an den sozialen Kontext anpassen, oder ob sie das Lachen gar auslösen.
Neuronale Aktivität gemessen
Ein Team unter Elise Wattendorf vom Departement für Medizin der Uni Freiburg begab sich in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule für Gesundheit in Freiburg sowie den Universitäten Basel und Greifswald (Deutschland) auf Spurensuche. In der Versuchsanordnung mussten die 30 Probandinnen und Probanden versuchen, sprachliche Laute zu äußern, während sie durch Kitzeln am Fuß zum Lachen gebracht wurden. Dabei konnten die Forschenden erstmals eine Aktivität des Nucleus ambiguus bildlich erfassen, der die beim Sprechen und Schlucken aktiven Muskeln steuert.
So gelang es zu zeigen, dass dieser für die Motorik zuständige Teil im Hirnstamm bei spontanem Lachen die Kontrolle übernimmt. In einer Studie im Fachjournal "Philosophical Transactions of The Royal Society B" beschrieb das Team, dass in diesem Kerngebiet im Hirnstamm eine Aktivität der Motoneuronen stattfand, die direkt die Atmung und die Kehlkopfaktivitäten während des Lachens koordinieren. Während dieses Netzwerk aktiv war, blieben die für emotionale Verarbeitung und Kontrolle zuständigen Hirnregionen weit weniger involviert.
Die Forschungsarbeit relativiert damit die Rolle emotionaler Schaltkreise beim Lachen, die offenbar weniger relevant sind als bisher vermutet. Das könne "so manchen unkontrollierten Lachanfall erklären", betonen die Forschenden. (red, APA, 14.10.2022)