Im Gastblog erzählt József Wieszt die Geschichte von Weihnachten, an denen selbst die ärmsten Leute dank der Tat eines slowakischen Wanderarbeiters feiern konnten.

Als wir noch Kinder waren, erzählte unser Großvater zu Weihnachten einmal eine Geschichte, die er von einem slowakischen Wanderarbeiter gehört hatte. Diese Arbeiter zogen zur Erntezeit und während der Weinlese in die deutschen Dörfer um Budapest und verdingten sich dort als billige Arbeitskräfte. Manch einer von ihnen, der nicht mehr an seine Familie gebunden war, blieb gelegentlich auch über den Winter im Dorf und suchte sein Auskommen durch Aushilfen in Haus und Hof. Wenn er Glück hatte, konnte er in einem Stallbett schlafen und durfte mit am Tisch des Bauern essen. Ein solcher war es auch, der meinem Großvater die Geschichte erzählt hatte.

Sie ereignete sich zu Weihnachten 1903, als mein Großvater selbst noch ein junger Mann war, in dem slowakischen Städtchen Banská Bistrica, das damals noch zum Königreich Ungarn gehörte. Es liegt an einer Biegung des Flusses Hron, auf Deutsch Gran, zwischen der Niederen Tatra und dem Slowakischen Erzgebirge. In den Prospekten für Touristen wird diese Gegend heute als Slowakisches Paradies gepriesen. Ob der Name aber etwas mit dieser Geschichte zu tun hat, lässt sich heute nicht mehr genau feststellen.

Bier, über die Ortsgrenzen bekannt

Damals war Banská Bistrica ein verschlafenes Städtchen, das sich kaum von tausenden ähnlichen Provinznestern in der österreichisch-ungarischen Monarchie unterschied. Die Oberschicht lebte in mäßigem Wohlstand und versuchte krampfhaft, sich durch penibles Nachäffen der vorletzten Moden aus Pressburg und Wien von den vielen ärmeren, bitterarmen Leuten des Ortes zu unterscheiden. Aber etwas gab es in Banská Bistrica, womit nur wenige vergleichbare Orte aufwarten konnten: Eine größere Brauerei, deren Bier wegen seiner guten Qualität weithin bekannt war. Neben der Kunst des Braumeisters Franková, der sein Gewerbe auf einer Prager Bierbrauerschule gelernt hatte, verdankte es seine besondere Güte vor allem der kernigen Gerste von den Hängen der Tatra und dem klaren Wasser der Gebirgsbäche.

Zu einer richtigen Feier gehörten mehrere Krüge Bier, die man damals noch von den Gastwirtschaften nach Hause holte, um sie im Kreise der Verwandten und Nachbarn zu trinken.
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Aber, wie alles im Leben zwei Seiten hat, so war es auch mit dieser Brauerei. Ihr Besitzer, Herr Havliček, war ein äußerst geiziger und unangenehmer Mensch, der sein Bier so teuer verkaufte, dass sich die armen Leute nur selten einmal einen Krug leisten konnten. Und das war schlimm in dieser bitterarmen Gegend, in der die wenigen Freuden des Lebens in einem engen Zusammenhang mit Bier und Branntwein standen. Zu einer richtigen Feier gehörten mehrere Krüge Bier, die man damals noch von den Gastwirtschaften nach Hause holte, um sie im Kreise der Verwandten und Nachbarn zu trinken.

Heiligabend mit Hunger und Not

Der besagte Winter war besonders kalt und schneereich und entsprechend groß war die Not in den Katen der Häuslerbauern, Wander- und Waldarbeiter und all jener Elenden und Gescheiterten, die unten im Tal am äußersten Rand der Stadt ihre Siedlung hatten, von der Brauerei des Herrn Havliček nur getrennt durch das steil abfallende Hochufer der Gran. Genau betrachtet war diese Uferböschung gar nicht so hoch und dennoch trennte sie zwei Welten, die so gut wie nichts miteinander zu tun hatten. Von unten hinauf kam nur, wer oben in der Stadt eine Arbeit hatte. Besonders begehrt waren aber die Arbeitsplätze in der Brauerei, weil die miserablen Löhne der Arbeiter dort durch ein Bier-Deputat von einigen Litern Bier zu den Festtagen aufgebessert wurden.

Es war Heiligabend geworden. Die Geschäfte der Brauerei waren gut gewesen in diesem Jahr. Wer es sich leisten konnte, hatte sich mit Bier eingedeckt. Für den Nachschub nach den Feiertagen waren die Fässer auf schwere Wagen verladen und kräftige Belgier Pferde standen wohlversorgt in den Ställen, um die Kundschaft wieder zu beliefern. Die Bescherung im Hause Havliček hatte schon stattgefunden, die Kinder des Besitzers, des Buchhalters und der Meister vergnügten sich mit ihren neuen Spielzeugen. Es roch nach frischem Brot, Gebäck und warmem Bier, das Gesinde trug Speisen und Getränke auf, man aß und trank und verspürte ein warmes weihnachtliches Wohlbehagen.

Die Lichter in den Wohnhäusern der Brauerei waren hell erleuchtet. Sie beleuchteten auch ein wenig den Innenhof, wo etwa dreißig Arbeiter mit ihren Krügen, wegen der Kälte eng aneinandergedrängt, standen und mit den Mützen in der Hand auf die Ausgabe des Bier-Deputats warteten.

In ihren Hütten unten am Fluss herrschten Hunger und Not. Die Kinder hier konnten sich kaum auf ein noch so bescheidenes Geschenk freuen. Wenige in Silberpapier gewickelte Nüsse schmückten ein paar Tannenzweige, müde flackerte eine rußende Kerze und erleuchtete spärlich den einzigen engen Raum. Nur der liebliche Geruch der Bratäpfel im glühenden Ofen erzeugte ein schwacher Abglanz weihnachtlicher Stimmung. Eng um den Ofen gedrängt warteten die Kinder mit der Mutter und den Großeltern auf die Rückkehr der Väter. Von vorne wurden sie gebraten, und von hinten zwickte sie der beißende Frost. Wenn doch die Väter endlich zurückkämen. Aber die schienen sich heute viel Zeit zu lassen, mehr als sonst.

Ansprache an die Belegschaft

Nachdem sie gespeist und getrunken hatten, trat Herr Havliček auf die Treppe vor das Haus und hörte sich die guten Wünsche der Arbeiter für ihn und seine Familie an, die sie in einem dumpfen Chor vortrugen. Es war ein dort übliches Ritual, das sich jedes Jahr am Heiligen Abend wiederholte.

Der Besitzer dankte den Arbeitern, die immer noch mit gezogenen Mützen dastanden, erklärte ihnen, was für ein wohltätiger Mensch er sei, wenn er ihnen sein gutes und teures Bier gleich mit nach Hause geben werde. Sie sollten Gott auf Knien danken, dass sie Arbeit bei ihm gefunden hätten und nicht wie die anderen auf den Straßen herumlungern müssten. Dann ermahnte er sie noch, sich am Heiligen Abend nicht zu besaufen und zu randalieren, denn dafür sei sein gutes Bier zu schade. Sie sollten um zwölf auch zur Mitternachtsmette gehen oder wenigstens zu Hause ein Gebet sprechen. Vor allem aber sollten sie ihm seine Großzügigkeit dadurch danken, dass sie auch in Zukunft pünktlich zur Arbeit kamen und fleißig arbeiteten.

Die Männer hatten sich das schweigend angehört. Sie froren und warteten darauf, endlich ihr Bier zu bekommen. Es war in ein besonderes Fass von etwa zweihundert Litern gefüllt und stand abseits von den riesigen Fässern, in denen das frische Bier bis zu seiner Reife lagerte. Das Gerücht, dass das Bier-Deputat für die Arbeiter von minderer Qualität oder gar mit Wasser verdünnt war, ließ sich in der Stadt nie ganz unterdrücken, wenngleich der Herr Havliček energisch dagegen vorging.

Das löchrige Fass

Gerade als ein Vorarbeiter mit dem Ausschank begonnen hatte, und die ersten Männer sich mit einem gemurmelten Dank davonmachen wollten, geschah etwas Seltsames: Ohne erkennbaren Grund begann aus einem der riesigen Fässer, in dem das Bier schon fast ausgereift war und das als nächstes für die Auslieferung umgefüllt werden sollte, ein dünner Strahl aus den Fugen zwischen den Dauben auszutreten. Zuerst an einer Stelle, dann aus mehreren. Auch wurde die auslaufende Menge immer größer. Es schien, als sei das riesige Fass in den unteren Bereichen auf einmal richtig löchrig geworden.

Gebannt starrten alle zunächst auf das merkwürdige Schauspiel. Dann löste ein Schrei die Spannung: "Das Bier läuft aus, ein Fass ist kaputt". Ein Getöse entstand. In heller Aufregung rannten die Männer hin und her suchten Eimer und Schaffe zusammen und versuchten, soviel wie möglich von dem bräunlichen Saft in den Gefäßen aufzufangen.

Von dem Geschrei alarmiert, stürzt der Besitzer mit den Meistern herbei. Sie brachten vor Verblüffung kein Wort hervor. Mit stierem Blick starrte Herr Havliček auf das große Fass und begriff zunächst nicht, was da vorging. Dann besann er sich und trieb die Arbeiter zur Eile an. "Schneller, ihr faulen Säcke, bewegt euch, seht ihr denn nicht, was mir da für ein Verlust entsteht." Aber es waren kaum noch Gefäße aufzutreiben.

An die vierzig Eimer und fünf größere Bottiche hatten die Männer schon herbeigeschleppt. Das Bier fingen sie mit den Eimern auf und schütteten es in die Bottiche um, die inzwischen bis zum Rand gefüllt waren. Als auch die Eimer noch vollgelaufen waren, gab es keine Gefäße mehr, in die man noch etwas hätte schütten können. So begannen die Männer, ihre Krüge unter die jetzt schon merklich dünner werdenden Bierstrahlen zu halten und genossen es dann in vollen Zügen. Es war zwar noch nicht ganz ausgereift, schmeckte aber schon vorzüglich.

"Was erlaubt Ihr euch, mein schönes Bier zu saufen", schrie der Besitzer, hysterisch vor Aufregung, aber die Arbeiter beachteten ihren tobenden Herren kaum noch. Schließlich hatten sie sich doch gerade erst wieder für ihn krumm gemacht. Dafür sollte er ihnen die paar Schlucke doch gönnen, der alte Geizkragen, oder? Dann war zunächst alles zu Ende. Das letzte Bier war vollständig ausgelaufen.

Mitgegangen, mitgehangen

Stille trat ein, man hätte eine Nadel fallen hören. Auch die Leute, die, informiert durch den Lärm, herbeigeeilt waren, waren mucksmäuschenstill. Alle starrten den Besitzer an, und der starrte zurück. "Das werdet ihr mir bezahlen", schrie er die Leute an. "Wenn ich den erwische, der das Fass undicht gemacht hat, bringe ich ihn für zehn Jahre in die Festung." Er schnaubte vor Wut und schnappte nach Luft. Sein Kopf war hochrot und sein Atem ging stoßweise. Als er sich ein wenig erholt hatte, schrie er weiter: "Mir ist ein riesiger Schaden entstanden, das Bier-Deputat wird daher für dieses Jahr gestrichen. Das habt ihr nun davon, dass Verbrecher und Saboteure unter euch sind. Jetzt müsst ihr alle dafür bezahlen. Mitgegangen, mitgehangen! Das ist doch der Wahlspruch eurer sozialistischen Aufrührer. 'Einer für alle, alle für einen'. Nun sollt ihr mal von mir erfahren, was das bedeutet."

Das war ein harter Schlag für die Arbeiter, sie waren doch nicht schuld an dem Unglück, warum sollten gerade sie dafür bestraft werden? Es wurde wieder ganz ruhig auf dem Brauereihof. Ein Kind begann leise zu weinen. Dann aber wurde es sehr lebendig. Die Arbeiter begannen zu murren, einige wurden laut. Sie hätten schließlich keine Schuld, hätten das ganze Jahr über hart gearbeitet und damit ein Recht auf das Bier-Deputat, der Herr Besitzer solle ihnen geben, was ihnen zustehe, so sei es guter alter Brauch. Aber der Herr Havliček schrie zurück, er denke nicht daran, das Bier auszugeben, das müsse er morgen verkaufen, um seinen Schaden zum Teil wieder gut zu machen. Und so ging das noch eine Weile hin und her mit gegenseitigen Vorwürfen und Beschimpfungen.


Die Stimmung wurde immer feindseliger, und die hitzigsten unter den jüngeren Arbeitern nahmen bereits eine drohende Haltung an, von der sich Herr Havliček jedoch noch nicht beeindrucken ließ. In seiner übergroßen Wut fuchtelte er mit den Armen herum und drohte seinerseits den Arbeitern: Gleich werde er die Gendarmen rufen, und wenn es sein müsse, auch die Garnison aus Pressburg anfordern, um sie alle verhaften zu lassen.

Der beruhigende Braumeister

Vergeblich hatte Braumeister Franková versucht, seinen wütenden Patron zu beruhigen und ihm einige Worte zuzuflüstern. Der wollte sich einfach nicht beruhigen lassen. Aber schließlich, als er lange genug herumgetobt hatte, wurde er doch zunehmend entkräftet und kurzatmig. So gelang es dem Braumeister, ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Alles konnten die ihm zunächst Stehenden nicht verstehen, aber es hörte sich etwa so an:

"Wozu die Situation noch weiter zuspitzen, die verhauen uns schließlich noch das Fell. Schreiben Sie das Bier ab, Herr Havliček. Morgen früh ist es ohnehin schal und verdorben. Wir können so etwas nicht mehr verkaufen, das schadet dem Ruf der Brauerei, und außerdem haben Sie doch eine vorteilhafte Versicherung abgeschlossen. Den Schaden kriegen Sie mit Zins und Zinseszins wieder ersetzt. Da war doch Vorsatz im Spiel oder grobe Fahrlässigkeit."

Der Patron schaute seinen Braumeister an, als hätte ihm dieser gerade erzählt, man könne aus Hopfen und Malz besten ungarischen Rotwein machen. Nur langsam formten sich in seinem Kopf die Gedanken, und er begann zu begreifen, was Herr Franková ihm eigentlich hatte sagen wollen. Am Zustand seines Patrons merkte der Meister aber, dass er noch etwas nachlegen musste, um die glimmenden Funken des Verstehens im Hirn seines Herren zu einem helleren Flämmchen zu entfachen, und so flüsterte er dem Patron weiter zu:

"Zeigen Sie sich doch großzügig, Herr Havliček, beweisen Sie ihre soziale Einstellung gegenüber den Arbeitern und all den armen Leuten hier im Ort. Das wird ihrem Ruf guttun und das Ansehen ihrer Familie beim einfachen Volk aufpolieren. Sehr gut ist es nicht, wie sie selbst wissen."

Und so redete er noch eine Weile auf den Besitzer ein, bis dieser endlich begriff, dass sein Unglück auch eine große Chance für ihn bereithielt: Er konnte beweisen, dass auch er ein guter Mensch sein konnte, wenn die Umstände es erforderten, dass er sich ändern konnte, wenn er wollte, und dass er sich nichts dabei vergab, das auch öffentlich einzugestehen.

Ein Sinneswandel?

Herr Havliček straffte also schließlich seine Figur, hob sein Kinn und sah den Menschen um ihn herum entschlossen in die Augen. Auf dem Hof hatten sich inzwischen etwa dreihundert Männer, Frauen und Kinder eingefunden. Sie alle hatten dem Geflüster zugehört und warteten gespannt, was der Besitzer jetzt sagen würde. Mit gekünstelt feierlicher Stimme hielt er ihnen folgende kleine Rede:

"Eigentlich gehört ihr alle bestraft, wegen so einer Schweinerei. Das hat doch einer mit Absicht gemacht, und der steht sicher hier unter euch. Aber den krieg ich schon noch. Weil heute der Heilige Abend ist und uns das Jesuskind geboren wurde, will ich Gnade vor Recht ergehen lassen und nachsichtig sein mit euch. Ich werde das ausgelaufene Bier unter euch und den anderen aus der Siedlung da unten aufteilen. Lauft also schnell nach Hause und holt alle Eure Krüge. Aber beeilt euch, dass es nicht so lange dauert. Wir wollen schließlich noch den Weihnachtsabend in der Familie zu Ende feiern. Und sagt den Leuten in der Stadt morgen, was ihr für einen guten Herrn habt, der für euch sorgt wie ein Vater für seine Kinder und nicht duldet, dass ihr nicht wenigstens zu Weihnachten fröhlich feiern könnt wie alle anderen Menschen auch."

Kaum hatte er das gesagt, da brach ein Riesenjubel los. "Vivat, hoch lebe unser Patron", riefen die Leute. Die Frauen wedelten hektisch mit ihren Schürzen und die Männer warfen begeistert die Mützen in die Luft. Wer seinen Krug schon dabei hatte, füllte ihn mit Bier, und die anderen rannten schnell nach Hause, um ihre Krüge zu holen und sie bis zum Rand zu füllen. Wieder und wieder ließen die Leute den Herrn Havliček hochleben und wünschten ihm und seiner Familie Glück und Wohlergehen. Das schmeichelte ihm sehr, und er hatte einen überaus zufriedenen Gesichtsausdruck. Die Meister und inzwischen ihre Familien standen neben dem Herrn Havliček und seiner Familie, sie alle nahmen die Huldigungen freundlich entgegen und lächelten zufrieden. Und wenn man genau hinsah, konnte man vermuten, dass einer der Meister noch zufriedener lächelte als die übrigen.

Schließlich trennten sich die zwei Welten wieder. Die von der Brauerei gingen selbstgefällig hinein in ihre vornehmen Häuser, und die von der Siedlung kehrten glücklich und zufrieden in ihre Katen unten am Fluss zurück. Sie waren laut und geschwätzig und die Männer, die schon etwas getrunken hatten, wollten gar nicht aufhören, ihren Herren zu rühmen. Alle waren beschwingt und feierten zunächst in den Hütten, und es schien ihnen, dass sie noch nie einen schönen Weihnachtsabend erlebt hatten. Auch den Kindern, die sich über die seltene gute Laune ihrer Eltern sehr freuten, erschienen ihre kärglichen Geschenke auf einmal wunderschön und sie hatten alle das Gefühl, einen ganz besonderen Weihnachtsabend zu erleben, den sie nie in ihrem Leben wieder vergessen würden.

Ein Ort in Feierstimmung

Bald verlegten sie das Feiern auf die Straße, trafen sich mit ihren Nachbarn und den Bewohnern der umliegenden Straßen, und es dauert nicht lange, da konnte man, vereinzelt zuerst, und dann immer lauter, die schwermütigen slowakischen Volks- und Weihnachtslieder vom Fluss herauf klingen hören, die das Leben priesen und Gott lobten. Und ein großer Zug setzte sich um Mitternacht in Bewegung und strebte unter lautem Singen der Kirche zu, in dem herrlichen Gefühl von Menschen, die gerade eine große Genugtuung erfahren hatten. Aus den Häusern der Straßen, durch die die Prozession zur Kirche zog, traten die Bewohner hervor und staunten. Sie trauten kaum ihren Augen, als sie diese glücklich singenden, armen Menschen vorbeiziehen sahen, sonntäglich herausgeputzt, mit strahlenden Gesichtern, und sie glaubten, es sei ein Wunder geschehen.

Einer aber hatte während der ganzen Zeit, nachdem die Leute gegangen waren, oben am Tor der Brauerei gestanden und das Geschehen dort unten beobachtet. Er hatte auf die Siedlung heruntergeblickt, den Gesang der Leute gehört, die Lieder leise mitgesummt und die Lichter im Dunkeln den Berg heraufkommen sehen, und er hatte den Eindruck, dass die Leute noch nie so schön gesungen hatten wie heute und dass ihre Lichter heller leuchteten als an anderen Tagen.

So endete die Geschichte des slowakischen Wanderarbeiters. Als wir Kinder sie zum ersten Mal hörten, fragten wir den Großvater, warum denn einer von den Meistern zufriedener gelächelt hätte als die anderen. Er wisse es nicht genau, sagte der Großvater, aber er habe den Eindruck, dass der Mann, der ihm die Geschichte erzählt habe, etwas mit dem kaputten Fass zu tun haben müsse. Dieser habe ihm nämlich in einer guten Laune einmal erzählt, dass er früher, in glücklicheren Tagen, als Braumeister gearbeitet, dann aber eines Tages plötzlich seinen Arbeitsplatz verloren habe. Danach hätte er nirgendwo mehr eine Anstellung in seinem Beruf gefunden, weil es da ein gewisses Ereignis gegeben habe. "Und während er mir das erzählte", sagte mein Großvater, "hat er so seltsam zufrieden gelächelt".

Dann sah uns mein Großvater verschmitzt an, kniff sein rechtes Auge zusammen, wie immer, wenn er uns etwas Wichtiges mitteilen wollte, und sagte: "Mir erscheint die ganze Geschichte sowieso ein wenig übertrieben. Wie soll denn so ein bisschen geschenktes Bier so viele Menschen so glücklich machen? Ja, wenn da ein Fass von unserem guten ungarischen Rotwein ausgelaufen wäre, das wäre etwas anderes gewesen, aber Bier, gewöhnliches Bier?!" Dabei schüttelte er gespielt ungläubig seinen Kopf und lächelte so merkwürdig zufrieden. (József Wieszt, 2.12.2022)