Heinz Faßmann, mittlerweile Chef der Akademie der Wissenschaften (ÖAW)

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Das bei der Statistik Austria angesiedelte Austrian Micro Data Center (AMDC) ermöglicht seit kurzem Forschern unter strengen Datenschutzauflagen erstmals Zugang zu Mikrodaten aus Österreich. Für den Chef der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Heinz Faßmann, bringt das neben einem "Push" für die Wissenschaft auch die Chance auf mehr "evidenzbasierte Politik" und keineswegs den "gläsernen Mensch" mit sich. Über die ÖAW fließen ab 2023 neun Mio. Euro in einschlägige Forschung.

Abwarten

Auf die neuen Möglichkeiten hätten viele in der Forschungsgemeinde "seit Jahren gewartet", sagte Faßmann anlässlich der Kick-Off-Veranstaltung zum AMDC am Freitag in Wien im Gespräch mit der APA. Zugang haben nur ausgewiesene Forschungseinrichtungen nach einem Akkreditierungsverfahren. Jedes einzelne Projekt wird begutachtet, die Wissenschafter erhalten bei Erfolg einen Zugang zu einem eng umschriebenen Forschungsdatenkörper, der eine Art virtuelles Arbeitszimmer bei der Statistik Austria nicht verlässt.

Dass es diese Möglichkeit nun gibt, sei "erfreulich", so Faßmann, der das Projekt auch als Wissenschaftsminister mit auf den Weg gebracht hat. Vom Fonds Zukunft Österreich erhält die ÖAW nun insgesamt neun Mio. Euro für die Durchführung eines Förderprogrammes zur Registerforschung im AMDC. Dieses werde man im Rahmen einer noch heuer beginnenden Roadshow den Unis und Forschungseinrichtungen in den Landeshauptstädten vorstellen. "Wir müssen die Informationen an die Forschenden bringen."

Ausschreibung

Dann startet die erste von drei bis zum Jahr 2025 geplanten zweistufigen Ausschreibungen. Wenn Projekte in etwa mit Summen zwischen 150.000 bis 300.000 Euro gefördert werden, "wird man hier schon eine relativ große Anzahl fördern können", so der ÖAW-Präsident.

Österreich ziehe bei dieser Form des Datenzugangs jetzt lediglich nach, in nordeuropäischen Staaten gibt es dies schon länger. Das Projekt AMDC soll nicht nur die empirisch arbeitenden Sozial- und Wirtschaftswissenschaften beflügeln, sondern auch die auf wissenschaftlicher Evidenz basierende Politik befördern, sagte Faßmann. Österreich sammle ohnehin jede Menge Verwaltungsdaten, "die, wenn sie vernünftig kombiniert sind, auch viele Rückschlüsse erlauben". Hier liege ein Potenzial, das bisher ungenützt geblieben ist. "Es entsteht hier aber nicht der 'gläserne Mensch'", denn der Wissenschaft gehe es immer um das Kollektiv und nicht etwa um das Extrahieren von Informationen über einzelne Menschen oder Unternehmen. Das gebe der Datenzugang auch gar nicht her, so Faßmann.

Einfluss

Beispielsweise könne man in seinem Gebiet, der Integrationsforschung, anhand der Informationen nachverfolgen, welchen Einfluss die Dauer des Aufenthalts in Österreich auf die Integrationsprozesse, etwa am Arbeitsmarkt, hat. Unter anderem in den Bereichen öffentliche Gesundheit, in der Bildungsforschung oder der Ökonomie gebe es viel Potenzial. Letztlich könnten die neuen Möglichkeiten durch das AMDC auch einen gewissen "Lerneffekt für das Land" bringen, wenn klar wird, dass gesellschaftlich relevante Erkenntnisse "unter Wahrung des individuellen Rechts" auf Datenschutz erzielt werden können.

Was alles möglich ist, zeigt u.a. am Montagabend (17. Oktober) die deutsche Ökonomin Regina Riphahn in einem von der ÖAW und Statistik Austria organisierten Vortrag mit dem Titel "Geringfügige Beschäftigung und der Arbeitsmarkterfolg junger Mütter – empirische Evidenz" am Beispiel Deutschlands. (APA, 15.10.2022)