Auch bei Eustacchio selbst gab es eine Hausdurchsuchung.

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Bei sechs Wohnadressen sowie mehreren Burschenschaften und Vereinshäusern in Graz und der Steiermark gab es am Samstag Hausdurchsuchungen. Dabei geht es um Vorwürfe rund um den ehemaligen Landesparteiobmann und Ex-Parteichef Mario Eustacchio (FPÖ) – das bestätigt der Sprecher der Klagenfurter Anklagebehörde Markus Kitz dem STANDARD.

Eustacchio und anderen Personen aus dem Umfeld der damaligen Spitze der Grazer Freiheitlichen wird vorgeworfen, größere Summen illegalerweise aus den Partei- und Klubfördergeldern der Stadt Graz veruntreut zu haben. Diese sollen an nahestehende Vereine und Burschenschaften übermittelt worden sein. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Weitere Unterlagen

Im Frühjahr haben die Klagenfurter Juristen den Fall rund um die Finanzflüsse bei den Freiheitlichen in Graz übernommen, weil es bei der Staatsanwaltschaft Graz "den Anschein der Befangenheit gab", wie Kitz erklärt. Die Hausdurchsuchungen erfolgten nachdem die Partei selbst vor einigen Monaten Unterlagen "mit Hinweisen, wo das Geld hingekommen sein könnte" an die Staatsanwaltschaft herausgegeben hatte. Ob man glaube, da nach so langer Zeit noch heiße Spuren finden zu können? "Das Problem hat man bei solchen Verfahren oft, dass man mit den Hausdurchsuchungen zeitlich immer hinterher ist."

Durchsuchungen

Dem Vernehmen nach fanden die Durchsuchungen bei Eustacchio statt, der bis zu Wahlschlappe im September 2021 als Vizebürgermeister an der Seite des damaligen ÖVP-Bürgermeisters Siegfried Nagl fungierte; außerdem bei einem Verwandten Eustacchios, beim ehemaligen Klubobmann Armin Sippel, sowie bei dem ehemaligen Klubdirektor Matthias Eder. Letzterer zeigte sich vor einem Jahr selbst an, trat aus der Partei aus und überwies 700.000 Euro auf ein Konto der Staatsanwaltschaft Graz. Dass er ein Bauernopfer gewesen sei, streitet man in der FPÖ ab.

Weiters wurden bei vier Burschenschaften durchsucht, darunter nach Informationen, die dem STANDARD vorliegen, die drei Grazer Verbindungen Germania, Allemannia und Stiria und drei weitere FPÖ-nahe Vereine. Die Identitäre Bewegung, deren Vermieter ihrer Headquarters in Graz ja lange der ehemaligen FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl war, soll aber nicht dabei sein.

Zwei Millionen

Auch im Gemeinderat in Graz, wo nur mehr ein Bruchteil der insgesamt 48 Mandatarinnen und Mandatare blau sind, geht es weiter turbulent zu. FPÖ-Gemeinderat Roland Lohr wurde im Zuge des Finanzskandals vom Gemeinderatsklub, dessen Chef nun Alexis Pascuttini ist, ausgeschlossen. Doch in der Stadtparteileitung, wo um Axel Kassegger noch immer Eustacchio-treue Parteileute das Sagen haben, soll man gegen den Ausschluss gestimmt haben. Auf der offiziellen Homepage der Stadt Graz hat der zwischenzeitlich "wilde Abgeordnete" Lohr aktuell jedenfalls immer noch einen von fünf blauen Sitzen inne.

Für alle genannten gilt die Unschuldsvermutung. Sollte es zur Anklage kommen, könnte auch das Verfahren in Klagenfurt stattfinden, so Kitz, nämlich dann, wenn auch das Straflandesgericht Graz sich als "strukturell befangen" erklärt.

Informationen, wonach es in dem Fall mittlerweile schon um rund zwei Millionen nicht zuordenbare Euro gehe, konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft nicht bestätigen. Der Rechnungsprüfer Karlheinz Morré hatte im März der Parteispitze vorgeworfen, dass weitere 1,1 Millionen Euro aus den Jahren 2014 bis 2021 ohne Zuordnung verschollen seien.

Als schwer durch den Skandal gebeutelt gilt auch die Landespartei von Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek, die sich als Geschädigte als Privatbeteiligte an das Verfahren anhing. Ein Sprecher der Landespartei kommentiert die Hausdurchsuchungen im Gespräch mit dem STANDARD so: "Alle Schritte, die zur Aufklärung führen, sind zu begrüßen." (Colette M. Schmidt, Muzayen Al-Youssef, 15.10.2022)