Mario mit Waffen in den Händen? Bereits zum zweiten Mal sieht man das Nintendo-Urgestein in ungewohnter Rolle.

Foto: Nintendo

Ich kann mich erinnern, als wäre es gestern gewesen. 2017 urlaubte ich im fernen Singapur, doch statt den Urlaub einfach zu genießen und einmal alle technischen Geräte beiseitezulegen, zog ich immer wieder die Switch aus der Tasche. Mein damaliges Spiel der Wahl war die verrückte Kooperation zwischen Nintendo und Ubisoft, die Mario erstmals auf einem Spielecover mit einer Schusswaffe zeigte und überraschend gut funktionierte. Der Name des Spiels: "Mario + Rabbids: Kingdom Battle".

Der Mix aus witziger Inszenierung und beinharten rundenbasierten Kämpfen begeisterte nicht nur den kleinen Spieletester aus Österreich, sondern Spieler auf der ganzen Welt. Mit 7,5 Millionen verkauften Einheiten wurde das Game zum damals erfolgreichsten Third-Party-Spiel auf der tragbaren Konsole von Nintendo. Am 20. Oktober erscheint die lang erwartete Fortsetzung.

Zwischen den Kämpfen kann man die fünf Welten nach Schätzen absuchen.
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The Story so far

Während sich die Menschheit in der realen Welt ganz ohne Bedrohung von Außerirdischen die Köpfe einschlägt, braucht es in Videospielen oft einen Antagonisten aus dem All. In diesem Fall wird die Galaxie durch das Wesen Misera bedroht, das die Energie aus ganzen Welten saugen kann und dies auch tut. Ganz nebenbei stiehlt das überdimensionierte Wesen die sogenannten Sparks. Diese kleinen Sterne haben spezielle Fähigkeiten, die man als Spieler dringend benötigt, um der drohenden Gefahr Herr werden zu können. Diese Sparks zu befreien und Misera am Ende in die Knie zu zwingen sind die Aufgaben, denen sich die Spielerinnen und Spieler von "Sparks of Hope" stellen müssen.

Dies geschieht in Form einer kleinen Gruppe von bekannten Mario-Charakteren wie Luigi oder Prinzessin Peach und diversen Rabbids, die sich als Mario-Charaktere verkleidet haben. Jede Figur verfügt über spezielle Eigenschaften und Stärken. Es gibt Heldinnen mit heilenden Kräften, Scharfschützenfähigkeiten oder besonders starken Nahkampfangriffen. So gilt es, vor jedem der rundenbasierten Kämpfe abzuwägen, welche Fertigkeit besonders hilfreich sein könnte. Ein kurzer Flug über die in ihrer Größe und Komplexität stetig wachsenden Kampfschauplätze zeigt, welche Feinde und Terrains auf die Helden warten.

Es gibt aggressive, mit Beinen ausgestattete Bomben, Gegner mit Brandsätzen oder auch dicke Brocken, die auf jene Spielfigur zulaufen, die sie zuletzt angeschossen hat. Hat man sich für ein Team entschieden – am Anfang steuert man nur zwei Figuren, im Lauf des Spiels wächst die gleichzeitig steuerbare Gruppe jedoch an –, bewegt man die einzelnen Figuren in einem bestimmten Radius frei herum, bevor man sich für den nächsten Schritt entscheiden muss. Im ersten Teil waren die Bewegungen, vergleichbar mit den "X-Com"-Spielen, einmalig zu bestimmen und konnten auch nicht mehr rückgängig gemacht werden.

In diesem Teil der Angriffsphase kann man etwa eine neuartige Rutschattacke gegen Feinde ausführen, etwa um Bomben aus dem Gleichgewicht zu bringen, um sie dann als Wurfgeschoß zu missbrauchen, oder aber man aktiviert zusammen mit einer anderen Spielfigur einen Teamsprung und überwindet so zunächst unüberwindbar scheinende Abgründe oder Anhöhen. Im Angriff wählt man aus der Standardattacke, meist gebunden an die jeweils ausgerüstete Schusswaffe, nutzt die spezielle Fähigkeit der Figur, beispielsweise Heilung, oder man nutzt den ausgerüsteten Spark, der etwa dem ganzen Team einen Schutzschild gegen Angriffe gewährt. Zuletzt gibt es noch die Möglichkeit, seinen Charakter in Lauerstellung zu versetzen, um im Zug des Gegners auf diese schießen zu können, sofern sie sich aus der Deckung wagen. Die Kämpfe wachsen auf diese Weise, mit all den verfügbaren Fähigkeiten, den erspielbaren Zusatzfiguren und den abwechslungsreichen Gegnertypen, tatsächlich langsam, aber sicher zu ernstzunehmenden Herausforderungen an.

Nintendo of America

Kindliche Inszenierung

Aber es wird nicht nur gekämpft. In den verschiedenen Welten, die man nach und nach freischaltet, gilt es mit seinem Team auch auf Entdeckungsreise zu gehen. So läuft man mit durch Eiskristallwelten, verwunschene Wälder oder elektrische Stürme, um dort Ausschau nach Münzen oder Sternenteilchen zu halten. Mit dem gefundenen Gold kann man sich neue Ausrüstung kaufen, etwa Heilschwammerln; die Sternenteilchen dienen dazu, die mitgeführten Sparks aufzuwerten.

Auch die Helden selbst können neue Fertigkeiten erlernen oder bestehende können verbessert werden. Mit jedem Levelaufstieg darf man dazu in kleine Talentbäume investieren, die Helden beispielsweise widerstandsfähiger oder auch schlagkräftiger machen. Sehr hilfreich dabei ist, dass nicht nur Helden mitleveln, die aktiv gespielt werden, sondern auch jene, die auf der Ersatzbank sitzen. Somit kann man auch in späteren Abschnitten gut durchwechseln und neue Heldenkombinationen ausprobieren.

Beim Erkunden der fünf Welten stößt man gelegentlich auf kleinere Rätsel, etwa das notwendige Verschieben von Kisten aber man muss bestimmte Dinge finden, um einen zuvor verschlossenen Weg freizuschalten. Läuft man in die in der Welt verstreuten Gegner, startet einer der zahlreichen Kämpfe. Eine Zahl am Kopf dieser Widersacher zeigt an, auf welchem Level sich diese befinden. Je höher die Zahl, desto schwieriger der Kampf. Während man auf dem leichtesten der drei Schwierigkeitsgrade diese Zahlen meist ignorieren kann, wartet spätestens ab "Mittel" in so mancher Konfrontation kein spielerischer Spaziergang mehr, sondern eine ausgewachsene Bergwanderung. Von der kindlichen Inszenierung darf man sich deshalb nicht täuschen lassen. Wer die spielerische Herausforderung sucht, kann diese in "Sparks of Hope" durchaus finden.

Apropos Inszenierung: So fordernd das Spielkonzept sein mag, der Stil des Spiels ist schon aufgrund seiner Charaktere vor allem für jüngere Spieler geeignet. Mario und Co sprechen wie gewohnt kein Wort – erzählt wird die Story in Form von Robotern oder künstlichen Intelligenzen, die die Heldentruppe auf ihrer Reise begleiten. Auch die Rabbids tun ihr Übriges, um Ernsthaftigkeit nie wirklich eine Chance zu geben. Das mag vielen Spielerinnen und Spielern gefallen, für manche Fans des normalerweise eher trockenen Genres könnte dies jedoch ein spaßbremsender Faktor sein.

Bis zu vier Figuren steuert man in den taktischen Kämpfen. Die Umgebung sollte sinnvoll mitgedacht werden.
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Ausreichend Abwechslung

Fünf erkundbare Welten, sechs fordernde Bosse, neun Helden, 30 Sparks und über eine halbe Stunde sehr hübsch inszenierte Zwischensequenzen halten Gamer je nach Schwierigkeitsgrad bis zu zwanzig Stunden beschäftigt. Wer jeden versteckten epischen Gegner sucht, jeden Waffenskin freischalten und die zahlreichen Plantenschlüssel finden will, der ist noch ein paar Stunden mehr beschäftigt. Später erscheinende DLCs sollen Welten und neue Helden nachliefern, um das Spiel längerfristig interessant zu machen.

Freigegeben ist das Spiel ab sechs Jahren, was grundsätzlich aufgrund der abstrakten Gegner und des fehlenden Bluts in Ordnung geht.

"Mario + Rabbids: Sparks of Hope" erscheint am 20. Oktober 2022 zu einem Preis von rund 60 Euro exklusiv für die Nintendo Switch. Das Testmuster wurde dem STANDARD von Nintendo Österreich zur Verfügung gestellt.

Fazit

"Mario + Rabbids: Sparks of Hope" ist eine konsequente Fortsetzung geworden, ohne groß Überraschungen bieten zu wollen. Die neuen Charaktere fügen sich gut in die Gruppe ein, die Kämpfe wirken durch neue Elemente dynamischer und bieten dadurch noch mehr taktischen Freiraum. Die Möglichkeit, auch zwischen den Kämpfen unterhaltsamen Tätigkeiten nachzugehen, fördert die Abwechslung und lässt am Ende wenig Raum für konstruktive Kritik. Einzig der Umfang könnte manch euphorischem Spieler zu gering sein, und die weiterhin sehr kindliche Inszenierung ist sicher nicht für jedermann geeignet.

Wer sich allerdings auf diese Reise begeben will, sich gern ein wenig in die bunte Welt fallen lässt und dem Taktikgenre Liebe entgegenbringen kann, der wird mit dem Kauf dieses Titels nichts falsch machen – auch weil das Spiel sowohl im Handheld-Modus als auf dem TV-Schirm sehr gut funktioniert. (Alexander Amon, 18.10.2022)