Freunde und Familie zeigen sich besorgt. Seit Sonntag habe man keinen Kontakt zu der Profisportlerin.

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Seoul – Zwei Tage nachdem Irans Klettermeisterin Elnas Rekabi ohne Hidschab am Finale der Asienmeisterschaft in Seoul teilgenommen hat, wird sie in Seoul vermisst. Freunde seien seit Sonntag nicht in der Lage gewesen, die Athletin zu kontaktieren – das berichtet "The Guardian", unter anderem unter Berufung auf den persischen Dienst der BBC. Die iranische Botschaft behaupte indes, sie sei mit dem Rest des Teams nach Hause zurückgekehrt.

Der Dienst der BBC zitierte auch "gut informierte Quellen", wonach Rekabis Pass und Mobiltelefon beschlagnahmt worden seien. Die BBC-World-Service-Moderatorin Rana Rahimpour twitterte am Dienstagmorgen, dass Rekabi bereits in einem Flugzeug nach Teheran saß. "Es gibt Bedenken bezüglich ihrer Sicherheit", sagte Rahimpour.

Auf dem Instagram-Kanal von Rekabi wurde am Dienstag ein Statement veröffentlicht, in dem sich die Sportlerin für ihr Handeln entschuldigt. Sie hätte schlicht vergessen, den Hidschab zu tragen. "Das Kopftuch nicht getragen zu haben ist unabsichtlich gewesen. Die Ansetzung war schlecht koordiniert, ich wurde unvorbereitet aufgerufen", schrieb die Kletterin in ihrem Beitrag. Beobachter vermuten eine erzwungene Stellungnahme. Die iranischen Behörden üben regelmäßig Druck auf Aktivisten im In- und Ausland aus. Der Internationale Kletterverband gab indes bekannt, die Situation nach ihrer Rückkehr in den Iran weiter unter Beobachtung zu haben.

Die regimekritische Online-Nachrichtenseite "Iran Wire" berichtete, Rekabi sei in die iranische Botschaft in Seoul gebracht worden, um ihre Ausreise sicherzustellen. Zitiert wurde weiters eine Quelle mit der Aussage, dass Rekabi am Dienstag – einen Tag früher als geplant – nach Teheran zurückgeflogen würde, um mögliche Proteste am internationalen Flughafen Imam Khomeini zu verhindern. Diese Berichte konnten allerdings noch nicht bestätigt werden.

In einem Tweet vom Dienstag teilte die iranische Botschaft in Seoul mit, dass Rekabi "am frühen Morgen des 18. Oktober 2022 von Seoul in den Iran abgereist ist, zusammen mit den anderen Mitgliedern des Teams". Weiters hieß es: "Die Botschaft der Islamischen Republik Iran in Südkorea weist alle gefälschten, falschen Nachrichten und Desinformationen über Frau Elnas Rekabi entschieden zurück".

Rekabi hatte am Sonntag beim Finale der Asienmeisterschaft in Seoul kein Kopftuch getragen. Damit hat sie gegen das iranische Kopftuchgesetz verstoßen, das auch für alle Sportlerinnen des islamischen Landes, insbesondere bei Wettbewerben im Ausland, gilt. Ihr droht voraussichtlich der Ausschluss aus der Nationalmannschaft.

Laut Beobachtern war ihre Aktion in Seoul auch als ein Zeichen ihrer Solidarität mit der Frauenbewegung im Zusammenhang mit den anhaltenden Frauenprotesten gegen den Kopftuchzwang im Iran zu sehen. (kir, 18.10.2022)

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