Ein internationales Forscherteam untersucht an der Universität Göttingen über 1.000 menschliche Überreste auf ihre koloniale Vergangenheit. Bei den Gebeinen handelt es sich hauptsächlich um Schädel aus Asien und Ozeanien, die meist illegal in der Kolonialzeit nach Europa gelangten. Ziel des Forschungsprojekts "Sensible Provenienzen" sei es, die Gebeine wieder in ihre Herkunftsländer zu bringen, sagte Projektmitarbeiter Jonatan Kurzwelly.

Geplante Rückgaben

Die Universität Göttingen sei bereit, sämtliche Gebeine aus ihren Sammlungen zurückzugeben, sagte Projektmitarbeiter Holger Stoecker. Die Forschung und Lehre mit menschlichen Überresten aus kolonialen Zusammenhängen sei an der Uni Göttingen ohnehin verboten.

In den 1950er-Jahren kamen Schädel und Gebeine aus dem damaligen Museum für Völkerkunde Hamburg in die Anthropologische Sammlung der Universität Göttingen.
Foto: Universität Göttingen/Birgit Großkopf

Seit Beginn des Forschungsprojekts im Sommer 2020 wurden bereits menschliche Überreste an Hawaii übergeben. Weitere Rückgaben an Australien und Neuseeland seien geplant. Die meisten Gebeine stammten aus dem späten 18. Jahrhundert oder aus der Zeit davor.

"Blumenbachsche Schädelsammlung"

Im Fokus des Projekts steht unter anderem die "Blumenbachsche Schädelsammlung", die auf den Naturforscher Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) zurückgeht. Nach dessen Tod wurde die Sammlung aus etwa 245 Gebeinen von seinen Nachfolgern bis in die 1940er-Jahre weitergeführt. Heute befinden sich rund 800 Gebeine in der Sammlung, etwa 200 davon sind außereuropäischen Ursprungs.

Außerdem beschäftigen sich die Forschenden mit der biologisch-anthropologischen Sammlung, die am Hamburger Museum für Völkerkunde zwischen 1890 und den 1920er- Jahren entstanden und 1953 an die Göttinger Anthropologie abgegeben worden war.

Vatikanischen Museen geben Mumien zurück

Unterdessen haben auch die Vatikanischen Museen Funde aus der Kolonialzeit restituiert: Drei antike Mumien, die zuvor Teil der Sammlung des Völkerkundemuseums "Anima Mundi" waren, wurden an Peru zurückgegeben. Mit einem 2010 gestarteten Projekt zur Rückführung von menschlichen Überresten wolle das Museum zeigen, dass diese nicht als Kunstwerke oder Sammlerstücke betrachtet werden sollten. In Peru soll das genaue Alter der Mumien bestimmt werden, berichtete die Kathpress.

Kardinal Fernando Vergez Alzaga, Regierungschef der Vatikanstadt, übergab die Mumien am Montag in den Vatikanischen Museen an den peruanischen Außenminister Cesar Rodrigo Landa Arroyo. Die ethnologische Abteilung der Vatikanischen Museen wurde 1925 gegründet, mehr als hunderttausend Werke aus aller Welt, darunter die Mumien, wurden damals laut Kathpress als Geschenke an den Papst geschickt. (red, APA, 18.10.2022)