Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz wurden im Jänner 2022 bei einer Lieferung medizinischer Hilfsgüter nach Mekelle in der Region Tigray fotografiert.

Foto: Reuters / International Committee of the Red Cross

Addis Abeba / Nairobi – Das äthiopische Militär hat gemeinsam mit seinem Verbündeten Eritrea eine strategisch wichtige Stadt im Norden der Region Tigray eingenommen. Beide Seiten bestätigten am Dienstag, dass die Armee die Stadt Shire, die 140 Kilometer entfernt von der Rebellen-Hauptstadt Mekelle liegt, eingenommen hat. Die Armee hat nach eigenen Angaben zwei weitere Städte im Norden Tigrays erobert. Die Rebellen erklärten zunächst nur: "Wenn wir uns nicht gegen unsere Feinde verteidigen, werden sie weiter Gräueltaten verüben."

Der Berater für nationale Sicherheit der äthiopischen Regierung in Addis Abeba, Redwan Hussien, erklärte, man warte nun darauf, dass die Afrikanische Union (AU) einen Termin für Friedensverhandlungen bekanntgebe. Die Rebellen hatten sich bereits im September zu Verhandlungen unter AU-Vermittlung bereiterklärt. Damals hatte die Regierung nicht auf das Gesprächsangebot reagiert.

Auch Eritrea an den Kämpfen beteiligt

Ursache der im November 2020 ausgebrochenen Kämpfe sind seit langem bestehende Rivalitäten regionaler Mächte, die um die Vorherrschaft in Äthiopien streiten. Die Rebellen der Volksbefreiungsfront von Tigray TPLF werfen Ministerpräsident Abiy Ahmed vor, die Macht auf Kosten der Regionen Äthiopiens zu zentralisieren. Abiy bestreitet dies und wirft der TPLF im Gegenzug vor, die Macht im Land zurückerobern zu wollen. An dem Kämpfen ist auch das Nachbarland Eritrea beteiligt, das die Rebellen bekämpft. Die TPLF war bis zur Wahl von Abiy zum Regierungschef 2018 die dominierende Kraft im Staat.

Die Kämpfe in Afrikas zweitbevölkerungsreichstem Land haben Millionen Menschen vertrieben, tausende Zivilisten wurden getötet, in Teilen von Tigray herrscht Hungersnot. Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass es auf beiden Seiten zu schwerwiegenden Kriegsverbrechen und ethnischen Säuberungen gekommen sei. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge sind von den gut sieben Millionen Menschen in Tigray etwa 5,2 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen. (Reuters, APA, red, 18.10.2022)